Ich schäme mich gerade dafür, wie oft ich meinen Vater kritisiert habe, jetzt erst erkenne ich, es geht viel schlimmer. Dieser paternalistische Brief erzeugt schon durch seinen Duktus Übelkeit bei mir: Liebes Kind, Du bist noch so klein und verführbar, zum Glück gibt es mich, den Guten, den Erfahrenen, den Weisen, der Dir jetzt einmal die Welt erklärt. Pass fein auf, dann darfst Du später auch einmal so selbstgerecht belehren. Aber zum Inhalt der Belehrung: „Zu den Kriegsverbrechen möchte ich nicht Stellung nehmen ….“ Warum nicht, der Begriff ist doch recht eindeutig definiert, da lässt sich doch überprüfen, ob eine bestimmte Handlung als solche einzuordnen ist oder nicht. Aber nehmen wir an, die Tochter hätte eine kriegerische Handlung, die nach der zugehörigen Konvention als im Krieg zulässig ist, als Kriegsverbrechen bezeichnet. Das soll ein Beispiel dafür sein, „wie sehr die Ressentiments von heute denen von früher ähneln“? Nicht sehr schlüssig. Im nächsten Absatz wird unterstellt, man würde sich auf die Seite der islamischen Fanatiker stellen, wenn man die israelische Kriegsführung kritisiert. Was soll der Unsinn? Die Aussagen über üblen die Zustände in islamischen Ländern treffen sicherlich zu, meiner Ansicht nach ist der Islam eine inhumane, totalitäre Religion bzw. Herrschaftsform, aber was hat das damit zu tun, das ich nicht möchte, dass Menschen, die das Pech hatten, in diesen Gesellschaften geboren worden zu sein, bombardiert werden? Dann wünscht der Autor sich die Möglichkeit, Ungerechtigkeiten fernab seiner Heimat ignorieren zu dürfen. Sie sei ihm gegönnt, sich um alles auf der Welt zu kümmern ist tatsächlich eine Überforderung für die Menschen. Aber ein wenig Engagement darf doch wohl erlaubt sein. Und da haben wir hier nun einmal mehr Beziehungen zu Israel als zu Syrien, auch wenn das geografisch etwas näher liegt. Nun unterstellt er der Tochter (und natürlich all denen, die da demonstrieren) „Hass gegen Israel und die Juden“. Solche Demonstranten gab es tatsächlich, aber die Verallgemeinerung ist durch nichts zu begründen. Mit der selben Logik könnte man behaupten, alle, die dem Islam kritisch gegenüberstehen, seien Nazis. Dann wird es auf einmal esoterisch, „eine wirkungsmächtige Matrix (ist) am Werk“, der wir alle unterliegen. Ein weiteres Mal wir der Tochter (dem Leser) unterstellt, sie hasse die Juden oder das Judentum. Rezept dagegen: Immer dann, wenn Du meinst, dass der israelische Staat, eine jüdische Organisation oder ein jüdisch glaubender Mensch etwas Falsches tut, so interpretiere Deine Wahrnehmung als Vorurteil, ignoriere sie und mach weiter mit Deiner Arbeit. „Dann sind wir einen Schritt weiter auf dem Weg zum selbstbestimmten und emanzipierten Menschen. Das ist doch ein großartiges Projekt.“ Soso. Tochter, stimm doch einfach Deinem Vater zu, man kann sich nicht für die ganze Welt engagieren, jeder von Euch beide darf sich einen Brennpunkt in der Welt aussuchen, dann schaut ihr Euch gemeinsam an, was da passiert und für wie wichtig ihr das haltet. Und dann geht ihr beide zu einer Demonstration dafür oder dagegen. Lass Dir nicht einreden, nur weil etwas in den Massenmedien häufig vorkommt, ist es besonders wichtig oder unwichtig, das ist genauso in den neuerdings überall aufpoppenden Blogs, wo vermeintlich endlich einmal die Wahrheit ausgesprochen werden kann.
Da versteckt sich ein schlechtes Gewissen, es schreibt ein ehemaliger “Alkoholiker” über den “Alkohol” und über frühe eigene Exzesse - aber immerhin, der Geist, der Verstand ist stärker und obsiegt über einen Rückfall in die Sucht. Und ehrlich ist er auch: die Vierführbarkeit ist nach wie vor da, stets präsent. Das einzige, was mich an diesen Worten stört, das sind die Begriffe “wir” und “unsere”, denn ich liebte schon als Kind “alles jüdische” und bin ebenso Teil Deutschlands und Europas, so wie es das Jüdische auch war und ist. “Wir” Monotheisten sind nicht anfällig für Judenhass, auch das Christentum ist es als solches nicht, sogar der Islam ist mehr als islamistische Extreme. Es gab immer beides, den Judenhass aber auch den Respekt. Manchmal existierte es nebeneinander, ein anderes Mal lösten Epochen unterschiedlichen Empfindens einander ab. Wir als Menschheit sind verführbar, das stimmt, immerzu anfällig für das Böse. Das gilt für alle, aber in dem Text stecken mir einfach zu viele versteckte Entschuldigungen oder Rechtfertigungen drin, denn in den Genen eines jeden neugeborenen Babys steht nichts von Judenhass geschrieben.
Glückwunsch, Herr Vahlefeld, zu diesem Artikel. Eigentlich müßte er Pflichtlektüre in allen Schulen in Deutschland werden. Was wir in den letzten Wochen in der Bundesrepublik auf den Straßen sehen mußten, erinnerte mich an schlimmste Zeiten des Faschismus. Aber wo blieb da der Aufschrei der Bevölkerung? Wo war die Gewerkschaft Verdi, die sonst immer so sorgfältig ihren Antifaschismus pflegt? Wo war die politische Klasse mit ihren salbungsvollen Reden? Wo waren die Lehrer mit ihren Schulklassen, die immer so eifrig die Stolpersteine putzen? Man sah sie nicht , man hörte sie nicht, was sie als Heuchler entlarvt! Sie pflegen den Kult um vergangenes jüdisches Leben, warum nicht um das aktuelle? Hier hätten sie beweisen können, das sie die Aussage “Nie wieder” verstanden haben und auch bereit sind, sich dafür einzusetzen. Leider wurde die Chance vergeben.
Wie gut, dass ich nicht diese Tochter bin, dass ich nicht so einen Vater habe. Denn wer will schon in aller Öffentlichkeit gemaßregelt werden. Und wenn ich daran denke, wieviel Altlinke hier rumlaufen, ist das Töchterchen doch auf dem rechtem Weg. Es ist ihre antibürgerliche Phase, die schon alsbald in gediegenes Etablishment übergehen wird. Der Familienfriede könnte folgendermaßen wieder hergestellt werden. Väterchen geht auf eine Gazademo und Töchterlein auf Solidaritätskundgebung für Israel.
Hallo! Wollte nur auf ein Fundstück hinweisen: “ZEIT ONLINE: Frau Schwarz-Friesel, Sie untersuchen an der TU Berlin seit Jahren die deutsche Berichterstattung über den Nahost-Konflikt. Oft lautet der Vorwurf: Deutsche Medien berichten zu einseitig, Kritik an Israel sei tabu. Stimmt das? Schwarz-Friesel: Im Gegenteil, die deutschen Medien kritisieren kaum ein Land so oft wie Israel. Wir haben die Berichterstattung über den Nahen Osten mit Artikeln über die Lage der Menschenrechte und Konflikte in anderen Ländern verglichen, wie Russland, China, Saudi-Arabien und Nordkorea. Kaum eines der Länder schnitt so schlecht ab. In den Artikeln finden sich ungewöhnlich viele NS-Vergleiche, es gibt ein sehr negatives Bild des Landes. ZEIT ONLINE: Sie haben 2012 während des Gaza-Konflikts 400 Schlagzeilen aus Onlinemedien analysiert. Ergebnis: In drei Viertel der Überschriften wurde Israel als der aggressive Part dargestellt. War das nicht zu erwarten, weil Israel den Palästinensern militärisch weit überlegen ist? Schwarz-Friesel: Oft liegt hier eine Realitätsverdrehung vor. In der Schlagzeile ist Israel fast immer Aggressor, im Text selbst steht dann, dass Israel nur reagiert hat. Ein Beispiel: Vor einer Woche einigten sich die Parteien im Gaza-Krieg auf eine Feuerpause, die Hamas schoss nach einigen Stunden trotzdem Raketen ab. 80 Prozent der Schlagzeilen auf Nachrichtenseiten lauteten aber: Israel bricht Waffenruhe (...)” Quelle: ZEIT ONLINE - ““Die Medien kritisieren kaum ein Land so oft wie Israel” von Philipp Woldin
„Und im 20. Jahrhundert ist mit dem islamischen Antisemitismus eine Spielart ins Bewusstsein gerückt, die nicht mehr allein christlich konnotiert ist.“ Es gilt zunächst zu erkennen, dass der Islam neben rituell-religiösen Bestandteilen, die man mit den so genannten „Fünf Säulen des Islams“ in Verbindung bringen kann, auch einen unabdingbaren politischen und einen ebenso wichtigen eschatologischen Aspekt wesenhaft mit einschließt. So wie Marx von einem paradiesischen Urzustand ausgeht, der atheistisch, klassenlos und konfliktlos gedacht wird, und der sich nach immanenten dialektischen Entwicklungsgesetzen entfaltet, bis er sich am Ende, nach langem Kampf zwischen den neu entstandenen Klassen und Religionen, zu einer erdumspannenden klassenlosen Brudergemeinschaft entwickelt, so liegt auch dem Islam die Idee und der Impuls einer zielstrebigen Menschheitsentwicklung mit einem Endzustand zu Grunde. Wir stehen nach islamischer, vor allem schiitischer Auffassung, in einer letzten Entwicklungsphase, die mit der Vorstellung der Judenvernichtung, gemäß eines Ausspruches Mohammeds, eng verbunden ist: „Eines Tages wird zwischen den Muslimen und den Juden ein großer Krieg ausbrechen. Der Jüngste Tag wird erst dann anbrechen, wenn auch der letzte Jude von der Bildfläche verschwunden ist“. Es ist also Mohammed, der Judenschlächter von Medina, auf den sich sowohl die Sunniten, als auch die Schiiten bei ihrem Vernichtungswahn berufen können. Die Situation von heute ist nicht unähnlich derjenigen von damals, als sich der Nationalsozialismus etablierte. In der Judenfrage bestand bekanntlich eine konspirative und kooperative Übereinkunft zwischen den Muslimen mit ihrem originären islamischen Judenhass und den Hitleranhängern, wie das in den folgenden Worten des „Mufti von Jerusalem“ Amin el-Husseini (1897 – 1974) zum Ausdruck kommt: „Allah hat uns das einzigartige Vorrecht verliehen, das zu beenden, was Hitler nur beginnen konnte. Fangen wir mit dem Djihad an. Tötet die Juden, tötet sie alle“. „Schon 1974 sprach die UNO vom Führer der PLO (Arafat) als „Oberhaupt der palästinensischen Nation“, und Papst Johannes Paul II. empfing ihn (Yassir Arafat, 1929 – 2004: „Für uns bedeutet Frieden die Zerstörung Israels“) öfter als jedes andere weltliche „Oberhaupt“. Seit der UN-Konferenz in Durban redet man vom „Terrorstaat Israel“ und rückt dessen Existenzkampf in die Nähe des Holocaust. Unter dem Eindruck des in Frankreich besonders ausgeprägten Antisemitismus sah der frühere Ministerpräsident Rocard die Gründung des Judenstaats als ‚historischen Fehler’ “ (zitiert nach Dr. Hans-Peter Raddatz).
@Caroline Neufert “Ich wünsche mir von Dir zum Geburtstag, dass Du nicht zu allem und jedem Dich äußerst und wenn es doch sein muss, ein/zwei Tage drüber schläfst … Gern helfe ich Dir auch auf meine alten Tage.” Riecht gewaltig nach Projektion. Kann es sein, dass es in Wirklichkeit ihre Mutter war, die ihnen diese Zeilen widmete? Wikipedia - Projektion (Psychoanalyse)
Als Mutter würde ich Ihnen schreiben: Ach Markus, wenn ich nicht wüsste, Dich geboren zu haben, würde ich glauben, Du wärest nicht mein Sohn. Mein Sohn, dem ich meine Intelligenz gab, mein Denken, mein Handeln, mein Fühlen vermittelte ... Nichts von alldem hast Du, ungeratener Sohn ;-) ? Es ist der alte Konflikt zwischen uns. Du wirfst mir vor, ich würde Dich nicht ernst nehmen und ich empfinde Dich als “Hans Dampf in allen Gassen”. Diesen Konflikt können wir jetzt nicht lösen. Ich möchte versuchen, von einer anderen Richtung zu kommen. Ich wünsche mir von Dir zum Geburtstag, dass Du nicht zu allem und jedem Dich äußerst und wenn es doch sein muss, ein/zwei Tage drüber schläfst … Gern helfe ich Dir auch auf meine alten Tage. Im vorauseilenden Dank, M.
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