Rainer Bonhorst / 01.02.2016 / 10:30 / 7 / Seite ausdrucken

Im Land der selektiven Anarchie

Ein bisschen Anarchie ist ja niedlich. In Bayern gehört dieses bisschen sogar zur Staatsraison. Als etwas deftiger Bestandteil der liberalitas Bavariae. Aber wenn die Preußen sich der Anarchie annehmen, geht es natürlich daneben. Gründlich daneben. Dass an den deutschen Grenzen Recht und Gesetz fast gar nichts mehr gelten, ist alles andere als niedlich. Inzwischen weiß man sogar, dass zigtausende unbegleitete Kinder unsere wilden und weit offenen Grenzen passiert haben. Wie viele und wo sind sie? Keine Ahnung. Wer weiß, was mit ihnen geschehen ist.
 
Was soll's, wir haben andere Aufreger. Frauke Petry und Beatrix von Storch haben für große Aufregung gesorgt, als sie sagten, man sollte an den Grenzen notfalls auf Flüchtlinge schießen. Eine Art Schießbefehl also. Ich finde das auch etwas übertrieben. Obwohl unsere schräg daneben schießenden Gewehre ja nur eine symbolische Gefahr darstellen. Hier allerdings ein kleiner Hinweis an die empörten Linken: Der Schießbefehl der alternativen Damen zielt auf Leute, die unbedingt zu uns herein kommen wollen. Die Schüsse sollen sie raushalten. Auf den Schießbefehl gegen Leute, die aus Deutschland weg wollen, haben die Kommunisten immer noch das alleinige Patent. Ich finde, das ist ein kleiner Unterschied, auch wenn er etwas unfein ist.
 
Was treibt die Frauen der AfD dazu, Schusswaffen ins Gespräch zu bringen und Angela Merkel nach Chile flüchten zu lassen? Woher kennen wir solche rabiaten Sprüche? Solche Lust am provozieren? Könnte Donald Trump das große Vorbild sein? Der amerikanische Gottseibeiuns, der allen Moslems die Einreise in die USA verweigern wollte und dafür den Jubel einer beachtlichen Mehrheit der Republikaner einheimste? Inzwischen hat er auch die Unterstützung von Sarah Palin, der Tea-Party-Ikone aus Alaska.
 
Will Frauke Petry womöglich Deutschlands Donald Trump und Sara Palin in Personalunion werden? Wahrscheinlich will sie mehr. Denn ihre Chancen stehen besser als die von Trump und Palin zusammen. Die beiden werden nach den Vorwahlen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder in der politischen Versenkung verschwinden. Frauke Petry aber wird den etablierten Parteien als Pfahl im Fleische erhalten bleiben.
 
Ich bin überzeugt, dass die AfD bei den drei Landtagswahlen im März noch besser abschneiden wird als es die Umfragen vorhersagen. Die Leute lügen bekanntlich, wenn ihnen heikle Fragen gestellt werden. Und die AfD ist heikel, weshalb viele Wähler, die mit ihr sympathisieren, dies nicht jedem Fragesteller auf die Nase binden werden.
 
Die einzigen, die der AfD noch ein Bein stellen können, sind die eigenen Spitzenleute. Dieser zerstrittene Haufen muss sich nur weiter als die Laienspiel-Schar präsentieren, die er bisher ja auch ist, und schon schmelzen ihnen die Wählerstimmen wieder dahin.
 
Sigmar Gabriels Drohung, man solle die AfD vom Verfassungsschutz überwachen lassen, ist dagegen Pipifax. Pures Angstbeißen eines Parteichefs, der kaum noch Felle übrig hat, die ihm davonschwimmen können. Im Übrigen dürften die Verfassungsschützer schon längst ein Auge auf die „Alternative“ geworfen haben. Sie haben ja Kapazitäten frei, weil sie bei den illegalen Einwanderern kaum etwas ausrichten können. Ohne Papiere oder mit gefälschten Papieren oder mit getürkten Herkunftsangaben flutschen tausende durch das Netz der Staatsdiener. Wer will die überwachen?
 
Auch das gehört zur Anarchie von heute. Man kann es auch Verarschung des Rechtsstaates nennen, was man den deutschen Ureinwohnern ziemlich übel nehmen würde. Genau genommen müsste man von selektiver Anarchie sprechen. Fröhliche Gesetzlosigkeit für Einwanderer, treudoofe Gesetzlichkeit für die Autochthonen.
 
Zur Abrundung des Bildes sei noch kurz erwähnt, dass die Mehrheit der politischen Eliten zur Zeit mit wachsender Verzweiflung dabei ist, die Mehrheit der eigenen (Wahl-)Bevölkerung als verkappte Nazis zu beschreiben. Das ist eine Unverschämtheit und obendrein dämlich.
 
Tja, so ungefähr sieht Deutschland 2016 aus. Unsere Nachbarn halten uns für verrückt und bekanntlich hält der Verrückte immer den Rest der Welt für verrückt. Wer hat recht? Es ist alles eine Frage der Perspektive.
 
Ich habe gerade über einen Herzchirurgen gelesen, der sich spät im Leben einen lange gehegten Wunschtraum erfüllt hat: Er wurde Lastwagenfahrer. Das ist auch mein heimlicher Traum. King of the Road. Heute hat dieser Traum etwas geradezu Erlösendes. Einfach einsteigen, losfahren, wegfahren. Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn, wie es die Rockgruppe Kraftwerk seinerzeit sang. Da oben im Cockpit kann ich dann – wie Graf Danilo im Maxim - leicht vergessen das teure Vaterland. Ach, wie wär das schön.
 
 

 

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Hans Meier / 01.02.2016

Es ist für die Altparteien sehr riskant, die AfD und ihre Veranstaltungen vom Verfassungs-Schutzt beobachten zu lassen. Wenn die AfD-Politiker, die AfD-Wähler und sogar die Wahl-Helfer von den Autonomen und linken Schlägergruppen laufend angegriffen werden, dann schneiden sich doch die Linken und die Grünen ins eigene Fleisch, falls der Verfassungs-Schutz diese Kriminellen als Banden observiert, die übergriffig werden und Gewalt ausüben, während die AfD observiert wird. Dann fällt doch dem Letzten ganz klar auf, die kommen in organisierten Bus-Reisen, als Demonstranten und reisen oder „fahrn fahrn auf der Autobahn“ deutschlandweit zu Terminen mit Tumulten an, sind schwarz vermummt, mehrheitlich keine salafistischen Frauen, sondern Raufbolde und haben Sorge erkennungsdienstlich erfasst, oder für Straftaten angeklagt zu werden. Denn sie sind ganz offensichtlich „Schwarzarbeiter“, die aus millionenschweren Parteikassen, Haushaltsmitteln oder von Finanz-Investoren bezahlt werden, und ganz klar Sozialversicherungs- und Lohn-Steuer-Betrug begehen, weil sie nachweisbar Handgeld für ihre Tätigkeiten erhalten, sogar kostenlos verpflegt und zum Einsatzort gefahren werden, wo sie als „Schrei-Kinder“ brüllen. Es findet sogar Beihilfe zum Steuer- und Sozial-Versicherungs-Betrug auf verschiedenen Partei-Ebenen statt, wo Parteimitglieder in ihren Funktionen Gelder verantworten, und eine Rechenschafts-Pflicht zur Verwendung von Millionen-Beträgen besteht. Was, wenn der Verfassungs-Schutz die Verfassung wirklich schützt? Oder noch schlimmer, wenn etwa die Finanz-Fahndung endlich mal die Mittelzuwendungen für diese „schreienden Schwarzarbeiter“ ermittelt und gegen alle Beteiligten Strafverfahren wegen tatsächlichem Betrug einleitet. Bei anderen Steuerbetrügern geht das doch auch, wieso also in diesem Fall Ausnehmen machen, es sind doch Einheimische. Es ist dieses Antifa-Demo-Personal, was unter dem Motto „Deutschland du mieses Stück Sch…“ nicht nur Hass auf die Straße bringt, sondern sogar Brandanschläge gegen die AfD feiert.

Thomas Schlosser / 01.02.2016

Wenn ich mir das Spitzenpersonal der AfD so anschaue, so stelle ich fest: Akademikern wie Meuthen, Petry und Gauland stehen auf der anderen Seite Nichtskönner wie Claudia Roth (abgebrochenes Studium der Theaterwissenschaften), Katrin Göring-Eckhardt (abgebrochenes Studium der Theologie) und Sigmar Gabriel (Berufsschullehrer, der aber nie unterrichtet hat, außer, ganz kurz, in einer Volkshochschule(!) ) entgegen. Dann lieber eine ‘Laienspielschar’, bestehend aus Personen, die beruflich etwas vorzuweisen haben, als das von Narren und Nullen bevölkerte Regierungsschiff in Berlin….

Wolfgang Richter / 01.02.2016

Was die Wählerumfragen angeht, ist es schon merkwürdig, daß zuletzt weniger als 50 % der Befragten (Forsa ?)  bekundet haben sollen, noch an das merkelinisch- gabrielsche “Wir schaffen das” zu glauben, dies aber gleichzeitig auf das Wählerverhalten hinsichtlich Größenordnung der Zustimmung zu den sog. etablierten Parteien keinen Einfluß haben soll. Zur “Anarchie des Bundesdeutschen Rechtsstaates” hat sich der tschechische Präsident Zeman in etwa so geäußert: “Wenn Sie in einem Land leben, in dem Sie sich strafbar machen, wenn Sie ohne Papiere an einem öffentlichen Gewäs-ser angeln, gleichzeitig aber Völkermassen ohne Papiere bei Ihnen einwandern u. sich aufhalten dürfen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen, dann können Sie zu Recht behaupten, daß Sie von Idioten regiert werden.” Und wenn Sie, Herr Bonhorst, demnächst als Kapitän der Landstraße in Europa unterwegs sein sollten, immer schön drauf achten, daß Sie um den “Dschungel” von Calais oder die Fährterminals in GR einen größeren Bogen machen, damit kein übereifriger Kontrolleur, von denen es noch ein paar wenige geben soll, auf Ihrer Ladefläche keinen “Illegalen” findet, weil dann sicher sie mit Ihrem Ersparten für dessen nicht erfragte Mitreise großzügig werden zahlen dürfen.

Andreas Rochow / 01.02.2016

Verehrter Rainer Bonhorst! Ihr klarer Blick auf die Dinge und Ihr Vermögen zur kritischen Analyse, selbst in den verworrensten Situationen, hat bisher Sie und Ihre Leser vor der Verzweiflung bewahrt. Ich möchte Sie dershalb inständig darum bitten, nicht aus- und in den Truck zu steigen. Bleiben Sie der Achse und Ihren Lesern treu, die Sie dieser Tage meh denn je als Geistessorger (in Analogie zum Seelsorger) brauchen.

Michael Lorenz / 01.02.2016

Was für ein verkommenes Land muss das sein, dem in einem (für mich absolut nachvollziehbaren) Tagtraum die Rolle zukommt, unbedingt verlassen werden zu wollen. Nie, niemals nicht hätte ich es in den Siebziger-Achtziger Jahren auch nur im Entferntesten für möglich gehalten, dass es sich dabei einmal um mein Geburtsland handeln wird. Wir sollten, ungeachtet allem, was die Zukunft bringen mag - egal ob gut oder schlecht - nicht vergessen, wem wir das zu verdanken haben! Und nein, diesmal ist der Wähler nicht schuld, denn DAS war bei der letzten BTW für den Normalbürger nicht erwartbar. Dokumentieren wir (beweiskräftig! Zeitungen im Original aufheben - Textdateien bringen nichts!) so viel, wie wir können! Es könnte noch sehr wichtig werden!

Rainer Hoenig / 01.02.2016

Dass die alternativen Damen lediglich die bestehende Gesetzeslage wiedergeben, ist Ihnen aber klar, lieber Herr Bonhorst ? (http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/zum_schusswaffengebrauch_an_der_deutschen_grenze) Also so laienhaft kommt mir das nun nicht vor. Es sei denn, man gewöhnt sich zusätzlich zur selektiven Anarchie auch die selektive Rechtstreue an: Gefällt mir das Gesetz, wende ich es an, wenn nicht, dann eben nicht.

Frank Mora / 01.02.2016

Fast richtig Auch Herr Bonhorst ist auf den Shitstorm hereingefallen. Jurist Steinhöfel hat hier die Rechtslage erklärt. Für den Schußwaffengebrauch an der Deutschen Grenze gibt es eine gesetzliche Grundlage. Er ist geltendes Recht. Von dem (schweizer) Herzchirurgen habe ich auch gehört. Kam mal auf arte oder 3sat. Er hat zwischenzeitlich den LKW verkauft. Die Lohndumpingkonkurrenz aus Osteuropa hat ein wirtschaftliches Auskommen als Fernfahrer unmöglich gemacht. Mit freundlichen Grüßen

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