Vera Lengsfeld / 18.03.2016 / 13:52 / 4 / Seite ausdrucken

Idomeni ist nur die Spitze des Eisbergs

Beinahe hätte es geklappt. Am Morgen nach der Landtagswahl sollten tausende „Flüchtlinge“ die Grenze zu Mazedonien überschreiten und Europa unter Druck setzen. Die Sache ging schief, weil am Vorabend des für den Marsch angesetzten Termins drei Menschen bei dem Versuch, den Grenzfluss an der von den „Aktivisten“ bezeichneten  Stelle zu überqueren, ertrunken waren. Das hielt die Organisatoren aber nicht auf. Sie ließen zu, dass selbst Kinder auf den lebensgefährlichen Weg mitgenommen wurden.

Die Aktion war sorgfältig geplant - nicht von den Flüchtlingen selbst, sondern anscheinend von deutschen, steuergeldfinanzierten  Linksextremisten, verniedlichend „Aktivisten“ genannt. Was die gesamte Presse, die vor Ort und in den heimischen Redaktionen die Inszenierung verfolgte, nicht hinterfragte, hat ein Einzelkämpfer, Don Alphonso von faz online, sauber recherchiert. Sein Bericht „Wie man in Idomeni eine humanitäre Katastrophe inszeniert“ liest sich wie ein Krimi. Er verdient weite Verbreitung.

So schreibt der FAZ-Blogger: „Als Losung für den Durchbruch wurde erneut der aus dem September letzten Jahres bekannte Hashtag „marchofhope“ ausgegeben - und zwar auf deutscher Seite. Die erste Meldung kommt vom Twitteraccount des Münchner Vereins Bordermonitoring e.V. des Migrationsaktivisten Bernd Kasparek.“

Beteiligt am Marsch ist „Moving Europe“, eine Kooperation von Bordermonitoring, der Berliner „Forschungsgesellschaft Flucht und Migration“ und Medico International. „Welcome Europe“ hat für seine Aktionen (Flugblätter über den Zustand von Fluchtrouten unter anderem auf Arabisch und Farsi) 2013 den taz-Panterpreis gewonnen. Dafür ist die taz in ihrem Bericht über die „konzertierte Aktion“ an der Grenze erstaunlich schmallippig. Über die Organisatoren wird kein Wort verloren. Das „Kommando Norbert Blüm“ nicht erwähnt. Die mit den oben genannten „Aktivisten“ bestens vernetze taz weiß von nichts. Immerhin erwähnt sie, dass die wirklichen Flüchtlingshelfer in Idomeni sich von der Aktion distanzieren.

Wo bleibt der Staatsanwalt? Wo bleibt der Presserat? Wo bleibt Herr Lammert?

Da bringen „Aktivisten“, Menschen für ihre politischen Ziele in Lebensgefahr. Da finden vermutlich schwerer Landfriedensbruch und Schleuserkriminalität mit Todesfolge im EU-Land Griechenland statt. Wie reagiert die Politik? Gar nicht. Die Staatsanwaltschaft müsste zumindest gegen die in Deutschland angesiedelten mutmaßlichen Organisatoren wegen dieser  Delikte ermitteln. Tut sie aber nicht.
Das Mitwirken bei und Ausschlachten von dem Ereignis durch die dort mitwirkenden Journalisten/Fotografen müsste den deutschen Presserat auf den Plan rufen. Geschieht aber nicht. Mitglieder des Bundestages, die diesen offensichtlichen  Rechtsbruch öffentlich befürwortet haben, wie Frau Göring-Eckardt, müssten zumindest vom Parlamentspräsidenten gerügt werden. Werden sie aber nicht. Diese Untätigkeit ist entlarvend.

Immer wieder wird von Politikern betont, man müsse die Fluchtursachen bekämpfen. Da sollte man im eigenen Land damit anfangen. Mindestens sollte man den „Aktivisten“, die mittelbar oder unmittelbar Menschenleben gefährden, die staatliche finanzielle Unterstützung entziehen. Und noch eine  andere Fluchtursache könnte problemlos in Deutschland bekämpft werden. In den „Stuttgarter Nachrichten“ hat der Journalist Rainer Wehaus in einem Kommentar die häufigste Fluchtursache benannt: Die großzügige Ausstattung der „Flüchtlinge“ mit Bargeld:

„Der Zustrom begann 2012 nach der Erhöhung der Bargeldzahlungen, die vom Bundesverfassungsgericht verfügt worden war. Zunächst kamen mehrheitlich Armutszuwanderer vom Balkan, vor allem Sinti und Roma. Später dann mit wachsender Zahl auch Syrer. Dank geschäftstüchtiger Schleuser hatte sich in den Flüchtlingslagern herumgesprochen, welche Summen Deutschland zahlt. Die Sogwirkung der deutschen Großzügigkeit war letztlich so groß, dass das ohnehin schon brüchige Asylsystem der Europäischen Union kollabierte. Für Flüchtlinge gab es keine Grenzen mehr und keine Regeln. Ausgerechnet in dieser Situation sorgte Kanzlerin Angela Merkel vergangenes Jahr mit ihren Willkommensgesten für eine weiteren, geradezu explosionsartigen Anstieg der Zahlen.“

Bargeld als Fluchtursache

 Die Politik reagierte, wenn auch viel zu spät. Nach Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes im November 2015, sollen die Kommunen Sachleistungen statt Bargeld ausgeben. Mehrheitlich scheuen sie aber davor zurück, hauptsächlich wohl aus Angst vor Unmutsreaktionen seitens der  Leistungsempfänger. Es sind keinerlei Bemühungen erkennbar, die Einhaltung des Gesetzes durchzusetzen.
 
Wenn die deutsche Politik so offensichtlich nicht willens ist, Fluchtursachen im eigenen Land zu bekämpfen, wie soll sie da in anderen Ländern erfolgreich sein? Statt die Probleme endlich anzugehen, wird versucht, mit immer absurderen „Lösungen“ von den hausgemachten Ursachen der „Flüchtlingskrise“ abzulenken. Das Mantra von der „europäischen Lösung“ wird von allen etablierten Parteien der Kanzlerin nachgebetet. Ob es aber auf dem dritten „Flüchtlingsgipfel“ der EU  gelingen wird, Europa auf den deutschen Sonderweg zu zwingen, damit unsere Kanzlerin ihr freundliches Gesicht wahren kann, ist zumindest zweifelhaft.
 
In inzwischen wohlbekannter Selbstherrlichkeit hatte sie im Alleingang mit dem türkischen Ministerpräsidenten einen Deal ausgehandelt, der an Absurdität kaum zu übertreffen ist. Die Türkei wolle alle illegal nach Europa eingewanderten Menschen zurücknehmen, im Gegenzug solle Europa ebenso viele Syrer legal übernehmen. Angeblich solle das den Schleusern das Handwerk legen. Wieso das so sein sollte, erschließt sich nur den Politikern, die ihre Wähler für so dumm halten, wie sie selber sind. Schließlich muss jeder illegal nach Griechenland Eingewanderte sich der  Hilfe von Schleusern bedienen. Es könnte die Schleusertätigkeit sogar fördern, denn je mehr Menschen illegal nach Europa gelangen, desto mehr Menschen kann die Türkei nach Europa abgeben. Der Zynismus dieser Vereinbarung gleicht dem Zynismus der linken „Aktivisten“. Menschen werden in beiden Fällen als Frachtgut angesehen, das man nach gusto hin- und herschieben kann. Unsere europäischen Partner haben den schäbigen Deal durchschaut. Hoffentlich bringen sie die Kraft auf, ihn auch zu stoppen.
 
 
 

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Leserpost

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Manfred Wetzel / 19.03.2016

Der Merkel Vertrag mit der Türkei erinnert fatal an den Vertrag von Laramie. Damals hatte die US Regierung den Indianern eine sichere Grenze versprochen. Der Vertrag hielt bis jemand Gold gefunden hatte. Es folgte der Goldrausch und der Rest ist Geschichte.

Jana Molsner / 18.03.2016

Liebe Frau Lengsfeld, wie wir seit heute wissen, ist Ihr Wunsch bezüglich der europäischen Partner leider nicht erhört worden. Begreifen kann ich das nicht: Die Abhängigkeit vom völlig unberechenbaren “Sultanat” Türkei ist fatal; und ich teile Ihre Mutmaßung, dass dieser so genannte “Deal” sogar ohne weiteres zu mehr illegalen Migranten führen könnte. Ich teile abgesehen von alledem aber auch Ihre Sichtweise, was die betroffenen Menschen angeht. Es ist einfach widerwärtig, wie man aus ihnen buchstäblich eine Ware macht, mit der man handelt. Mit Humanismus hat das wahrlich absolut nichts zu tun.

Ulla Bär / 18.03.2016

Vielen Dank für den treffenden Beitrag! Ich kann nirgendwo Konkretes zu den drei Ertrunkenen finden. Der vor dem Lagos Verhungerte war (auch?) eine Duck. Gibt es seriöse Links dazu? Oder vielleicht noch mal einen Beitrag auf der Achse, der dazu aufklärt? Vielen Dank!

Marek Mika / 18.03.2016

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, so sehr wie Sie Recht haben, werden die europäischen Partner dem Deal mit der Türkei zustimmen, bzw. schon zugestimmt haben. Angela Merkel hat sich schon wieder durchgesetzt, zumindest auf dem Papier, das bekanntlich sehr geduldig ist. Es reicht aber, um die deutsche Öffentlichkeit erneut hinters Licht zu führen. Auf die Reaktion oder auch das Ausbleiben der Reaktion von Horst Seehoffer bin schon gespannt. VG M.M.

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