Henryk M. Broder / 14.09.2017 / 18:23 / 10 / Seite ausdrucken

Hurra, es gibt sie noch!

Gestern nachmittag, während ich an der Urania mal wieder im Stau stand und die idiotischen Wahlplakate betrachtete ("Zeit für mehr Gerechtigkeit", SPD; "Für glaubwürdige Gerechtigkeit" Linke), fiel mir plötzlich ein, dass in diesem Jahr etwas fehlte, das sich sonst in jedem Wahlkampf zu Wort meldete - eine sozialdemokratische Wählerinitiative, angeführt und organisiert von engagierten und widerständigen Künstlern, Schriftstellern, Musikern und Querdenkern wie Klaus Staeck, Johano Strasser, Iris Berben und Friedrich Schorlemmer. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, passierte etwas Seltsames. Der Deutschlandfunk meldete, eine Wählerinitiative unter dem Namen "Aktion für mehr Demokratie" habe zur Wahl der SPD aufgerufen. Unter den Erstunterzeichnern wären Klaus Staeck, Johano Strasser, Iris Berben und Natalia Wörner. 

Es war nicht meine erste parapsychologische Erfahrung. Es passiert ab und zu, dass ich an jemand denke, den ich lange nicht mehr gesehen habe, und Minuten später ruft er oder sie an. Keine Ahnung, wie so etwas möglich ist, aber es passiert eben. 

Heute früh setzte ich mich an meinen Laptop und googelte noch vor dem ersten Wacholdertee "Wählerinitiative SPD". Die einzige Meldung, die ich fand, war ein kurzer Bericht in der Wiener "Presse": Unter den 1.100 Unterstützern der "Aktion für mehr Demokratie" aus dem Kunst- und Journalismusumfeld wäre auch die in Berlin lebende Österreicherin Eva Menasse.  

Ich googelte "Aktion für mehr Demokratie" und wurde fündig. Hier und hier. Die Aktion wurde gestern in der "Ständigen Vertretung" am Schiffbauerdamm vorgestellt. Das Presseecho war, sagen wir es höflich, dürftig. Aber die Liste der 1.100 "Persönlichkeiten" ist umso eindrucksvoller. Ich entdeckte viele Idole aus meiner Kindheit: Manfred Bissinger und Wibke Bruhns, Freimut Duve und Katja Ebstein, Monika Griefahn und Hilmar Hoffmann, Oskar Negt und Gesine Schwan, Wolfgang Völz und Günter Wallraff, Uwe Wesel und Uwe-Karsten Heye, Hans Eichel und Heidemarie Wieczorek-Zeul. Allerdings auch, als Vertreter der jungen Generation, den hyperaktiven Klaas Heuer-Umlauf, der sich seit kurzem "engagiert".

Elf Tage vor der Wahl trat die Initiative in das Gaslaternenlicht der Öffentlichkeit. Es hat wohl mehrere Wochen gedauert, 1.100 Leute zu mobilisieren. Jetzt frage ich mich, was die wohl wählen werden. Doch nicht etwa die SPD?

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B.Klingemann / 14.09.2017

Ich möchte bei dieser Gelegenheit die Aktionen und Mahnungen bzgl. “mehr Demokratie” oder “Demokratie stärken” oder “Demokratie darf nicht gefährdet werden” zerlegen: Die Demokratie lebt (s. auch Achgut-Aktion) und ist nicht gefährdet! Aber alle diejenigen, die gerade so laut schreien (vornehmlich CDU und SPD, auch Grüne) sehen ihr Regierungs- und somit Meinungsmonopol in Gefahr. Es ist lächerlich, in Zeiten von zunehmender Parteienvielfalt, Demonstrationen und Wahlkampfprotesten nach “mehr Demokratie” zu schreien. Gemeint ist wohl: WIR sind die Demokratie, bleibt gefälligst bei uns! (Übrigens: der inhaltsleere alte Junge heißt Heufer-Umlauf)

Peter Zentner / 14.09.2017

Lieber Herr Broder! Mit “Wacholdertee” meinen Sie doch nicht etwa Gin? Mit Verlaub: Ich kenne keine andere Art, aus diesen widerborstigen Beeren etwas anderes zu machen. Herzliche Grüße!

Gertraude Wenz / 14.09.2017

Lieber Herr Broder, nur eine kleine Randbemerkung: Damit sich neben dem schon herrschenden politischen Irrsinn nicht auch noch die Esoterik ausbreitet, Ihre “parapsychologischen Erfahrungen” lassen sich auf natürliche Weise erklären. Allen Interessierten empfehle ich die Bücher “Paranormalität / Warum wir Dinge sehen, die es nicht gibt”, von Richard Wiseman und “Magisches Denken” von Thomas Grüter. Wenn man erkennt, wie leicht (und gern) sich Menschen täuschen lassen, wundert einen gar nichts mehr. So gesehen hat meine kleine Randbemerkung doch wieder einen Bezug zum großen Thema. Nichts für ungut.

Georg Dobler / 14.09.2017

Verehrter Herr Broder, die Aktion ist berechtigt. Diese Vertreter der Kunst- und Gesangsszene haben richtig erkannt, dass in langen Jahren Groko die Demokratie immer mehr im Schwinden begriffen ist. Fehlende Opposition, Netzdurchsetzungsgesetz, Unterdrückung von anderen Meinungen seien nur als Stichworte genannt. Es ist also mehr als berechtigt wenn die Künstler die Groko-SPD zu mehr Demokratie anmahnen.

Frank Stricker / 14.09.2017

Wie wärs eigentlich gewesen, wenn man statt des sterbenslangweiligen “Kanzlerduells” zwischen Merkel und Schulz, die jeweiligen “Groupies” an die Front geschickt hätte? Das wäre doch ein Spaß geworden, Uschi Glas und Sophia Thomalla für “Angie”  und Katja Ebstein sowie “Ministergattin in spe” Natalia Wörner für Maaatin.  Okay , keine der 4 Protagonistinnen war je die hellste Kerze auf der Torte, aber der Unterhaltungswert wäre enorm gewesen. Und Angela Merkel hätte in der freien Zeit ihre Kernkompetenz ausspielen können :” Ein freundliches Gesicht zeigen, in einem Land, in dem wir gut und gerne alles unter den Teppich kehren”.

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