Diese Artikelserie ist auch unter dem Gesichtspunkt interessant, wenn man sich Gedanken macht über einen oder mehrere schöne “Zufluchtsorte”, wenn es einem in Deutschland mal zu heiß wird (womit ich nicht das Wetter meine). Die genannte Stadt (in deutscher Schreibweise übrigens Hongkong und auf Englisch Hong Kong) ist in der Tat eines der empfehlenswertesten Ziele, eine echte Weltmetropole und ein hochzivilisiertes “Asien für Einsteiger”. Neben dem Artikel selbst haben auch die bisherigen Leserbriefe eine hohe Informationsqualität, da bleibt eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ganz anders als das verklemmte und in letzter Zeit extrem “verkopftuchte” Singapur hat Hongkong eine sehr angenehme und liberale Atmosphäre, was sich nicht zuletzt in einer intakten Schwulenszene zeigt. Zudem hat Hongkong mehr Wolkenkratzer als Manhattan, die bunt erleuchtete Skyline selbst ist eine attraktive Sehenswürdigkeit, deren angenommener Stromverbrauch Klimaschützern wohl Schweißperlen auf die Stirn treiben dürfte, aber gerade deshalb bei allen anderen eine eher befreiende Wirkung entfaltet. Aber das Staatsgebiet ist groß genug, um neben dem Weltstadt-Dschungel auch viel echte Natur und Strände zu bieten.
In welchem Wolkenkuckucksheim bewegt sich der Autor eigentlich? Er gehört sicherlich zu denen, die auf halbem Wege zum Peak ihr Häuschen besitzen und von den Nöten derer ganz unten nicht die geringste Ahnung haben. Auch ich habe eine Weile sehr privilegiert in der ehemaligen Kronkolonie gelebt. Sehr angenehm mit Dachgarten im 6. und Swimmimgpool im 11. Stock eines Wohnhauses innerhalb einer “gated community.” Unsere Freunde, durchaus honorige Leute der chinesischen Mittelschicht - Lehrer und Journalisten - mussten sich da mit an Kaninchenställe erinnernde Behausungen begnügen. Alles sehr sauber und gepflegt, aber so eng, dass sie uns nie zu sich, sondern stets ins Restaurant einluden. Die von @Bernd Ackermann erwähnten Cage Homes sind mir ebenso bekannt wie die sogenannten Sozialwohnungen, in denen auf einem 20 qm großen Wohnraum nicht selten zehn und mehr Personen ihr Leben fristen. Von den Gemeinschaftsklos und -duschen will ich gar nicht erst sprechen. Und jene, die eine solche Behausung ergattert haben, sind noch nicht einmal die Ärmsten. Die Ausbeutung der Arbeiter und die rücksichtslose Umweltzerstörung sind ebenfalls Faktoren, die Hong Kong - den “duftenden Hafen” - nicht unbedingt zu einem Stadtstaat machen, von dem andere nur träumen können. Und dies noch zur VRC: Dass im Riesenland China keiner der etwa 1,4 Mrd. Bewohner heute mehr hungern muss, sollte man wohl auch ins Land der wohlmeinenden Phantasie mancher Naivlinge im Westen verweisen. Dass die kommunistische Regierung dies behauptet, sollte keinen verwundern.
Vorbild für die chinesischen Reformer waren auf jeden Fall Hong Kong und Singapur, wahrscheinlich aber auch Bayern. Bayern war unter FJS (Franz-Joseph-Strauß) ein wirtschaftlich erfolgreiches und politisch stabiles Quasi-Einparteiensystem. Wahrscheinlich deshalb konnte FJS gut mit Honecker(1983) und Mao(1975). Mit Mao gab es sogar ein mehrstündiges Gespräch. An den Vorbildern Hong Kong, Singapur und Bayern konnte China lernen, dass ein Einparteien-Regime nicht zwangsweise verelendete Massen bedeuten muss. Eine politische Instabilität wie in Italien und die ungehobelte Art eines Boris Johnson und eines Donald Trump dürften in China und seinen asiatischen Vorbildern eher abschreckend wirken, erst Recht aber die Krawalle in Berlin und Frankreich.
Ein gewisser Bernd Ackermann hat hier geschrieben, dass Hong Kong und Shenzen funktionieren, weil dort Arbeiter ausgebeutet werden, und 3% der Bevölkerung in Wohnkäfigen leben, und dies nicht wünschenswert sein soll. Diese Aussage klingt für mich wie die Argumentation eines verbeamteten Wohlfühlkommunisten. Erstens scheinen Hong Kong und Shenzen für die chinesische Bevölkerung ein wünschenswertes Umfeld zu bieten, in das mehr Menschen einwandern als auswandern. Diese Menschen werden nicht erheblichen Aufwand und weite Reisen auf sich nehmen, wenn sie sich davon keinen Vorteil im Vergleich zu ihren Alternativen versprechen. Ich denke, diese Menschen sind intelligent genug, um selbst zu entscheiden, was besser für sie ist, und brauchen keine Bevormundung durch Wohlfühlkommunisten. Wohnkäfige sind ein soziales Auffangnetz, das immer noch vorteilhafter ist, als die Alternativen dieser Menschen im weniger kapitalistischen Festland. Weiterhin beklagt besagter Herr Ackermann die Umweltzerstörung, die durch die chinesische Wirtschaft verursacht wird. Diese ist tatsächlich ein Problem. Jedoch übersieht Herr Ackermann, dass Umweltschutz ein Luxus ist, den sich nicht jeder leisten kann, und absolute Armut in China vor nicht langer Zeit nicht unüblich war. Herr Ackermann stellt auch hier seine Wohlfühlinteressen über die Interessen der Chinesen, und scheint sogar bereit zu sein, diesen absolute Armut ohne Ausweg zuzumuten, damit Herr Ackermann, mit seinen ästethische Gefühlchen, kein Unbehagen empfindet.
Herr Ackermann, ich habe den Eindruck, Sie waren selbst noch nicht in Shenzhen. Sie sollten sich das erst mal selbst anschauen… Arbeiter (ohne Ausbildung) verdienen in Shenzhen ca. 6-700 USD im Monat, was für China deutlich über dem Durchschnitt liegt. Die Luft ist recht sauber, auch deshalb, weil man entsprechend die schmutzigen Industrien aus der Stadt verbannt hat. Es fahren sogar zahlreiche elektrische Motorräder. Die Einwohnerzahl ist durch Zuzug enorm gewachsen, und wächst weiterhin - das spricht eindeutig gegen die von Ihnen proklamierte These der Ausbeutung. Shenzhen ist agil und innovativ, und für Chinesen attraktiv. Das ist ganz klar auf den Status als Sonderwirtschaftszone zurückzuführen.
Wie gewährleistet man aber ein liberales Wirtschaftssystem auf Dauer? Wenn nur eine kleine, diktatorische Elite die Freiheiten gewährleistet, sind diese Freiheiten allenfalls auflösend bedingte. Solange die Freiheiten bestehen und nicht durch demokratische Machtwechsel bedroht sind, abgeschafft oder über die Maßen eingeschränkt zu werden, existiert in der Tat kein Problem für eine funktionierende Wirtschaftsordnung. Wenn sich aber die Meinungen der Eliten ändern, liegt dasselbe Problem vor wie bei einem Machtwechsel in einer Demokratie oder auch nur den Bestrebungen des Machterhaltes durch “Interventionismus”. Das Ergebnis ist dasselbe, so dass - nur aus dieser Sicht - beide Systeme dieselben Vor- wie Nachteile zu bieten scheinen. Man könnte wirtschaftliche Freiheiten der Ewigkeitsgarantie unterwerfen und damit unter den Schutz der (verfassungsrichterlichen) Gewalt. Fragt sich nur, ob Juristen besondere Freunde der wirtschaftlichen Freiheiten sind, zumal Verfassungsrechtler. Aber, in der Tat, aus rein liberaler Sicht ergibt sich keine Notwendigkeit, die Masse der Bevölkerung an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, da genügt es vollends, Freiheiten zu garantieren und Rechtstaatlichkeit. Allenfalls der “offene” Charakter spricht für eine Demokratie, da Eliten, die sich ihrer Macht sicher sind, dazu neigen, diese Macht hemmungslos zu missbrauchen und sich Privilegien anzueignen. Wäre damit aber nicht die Grundlage für die Ordnung selbst zerstört, ist damit nicht der Gesellschaftsvertrag außer Kraft gesetzt? Denn für die “besonderen” Freiheiten der Eliten gibt es keine Rechtfertigung als die Macht, die sie innehalten. Das dürfte auf die Dauer nicht gutgehen, jedenfalls nicht im Abendland.
@Herr Ackermann Ob die Bewohner das so positiv sehen, erkennen Sie daran, daß nicht Hong Kong Polizisten aufstellen muss, um zu verhindern, daß Menschen aus Hong Kong nach China fliehen - sondern China musste seine Bürger mit Polizisten daran hindern, von China nach Hong Kong zu gehen. Daß die Menschen trotz der von Ihnen benannten Zustände, Hong Kong vorziehen, zeigt, daß sie die Möglichkeiten dort mehr schätzen als die Zustände in ihrer Heimat. Der satte Europäer sollte sich also immer fragen, wie die Menschen mit den Füßen abstimmen, bevor er sich ein abfälliges Urteil erlaubt. Daß unsere Verhältnisse besser sind, als die von Neuankömmlingen oder Landflüchtigen in Hong Kong hat damit zu tun, daß wir ähnliche Stadien bereits durchlaufen sind. Wir stehen auf den Schultern unserer Vorfahren. Auch die Kinder der Neuankömmlinge werden ein sehr viel besseres Leben haben , als ihre Eltern. Diese Möglichkeit bietet (ode bot) Hong Kong - im Gegensatz zur Agrarwirtschaft in China.
Dieser hervorragende Report gehört in Deutschland an alle Litfaßsäulen und sämtlichen Politikern an die behämmerten Stirnen geklebt. Allerdings völlig hoffnungslos in einem Land, in welchem 62% die “Gleichheit” wichtiger ist als die Freiheit, wie gerade wieder stolz verkündet wurde, - Sklaven empfinden halt so…
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