Gerade scheint sich die westliche Schuldenkrise zu beruhigen, da greift die amerikanische Notenbank im Überschwang des Aufschwunghelfers zur ganz großen Geldspritze. Das Billionenmonopoly birgt aber enorme Risiken
Ben Bernanke wird in die Geschichte eingehen als der Mann, der das meiste Geld in der Geschichte der Menschheit schuf. In dieser Woche war der Chef der amerikanischen Notenbank wieder am Werk. Er hatte Geburtstag und zur Feier des Tages spendierte er den USA eine neue Billion Dollar. Seine Federal Reserve hat ihr ohnedies gewaltiges Geldschöpfungsprogramm noch einmal ausgeweitet. Zu den monatlich 40 Milliarden Dollar an Hypotheken-Papieren sollen jetzt auch noch 45 Milliaden Dollar an amerikanischen Staatsanleihen angekauft werden. Bernanke pumpt Geld ins Finanzsystem, um den zähen Aufschwung endlich in Fahrt zu bringen.
Dabei hat die Fed schon zwei Billionen künstlich herbei geschafft für das überschuldete Amerika. Ihre gewaltigen Geldspritzen sind als “QE” (Quantitative Easing) in die Finanzgeschichte eingegangen und haben die Bilanzsumme der Notenbank sprunghaft steigen lassen.
Die jetzigen Beschlüsse bedeuten, dass das Buch der Fed um monatlich weitere 85 Milliarden Dollar wächst. Macht eine knappe Billion bis zum nächsten Geburstag von Bernanke. Amerikas Zentralbanker interessieren sich immer weniger für die Geldwertstabilität, aber immer mehr für den Aufschwung – sie sind eifrige Wachstumsmechaniker geworden.
Bernanke läßt sogar verkünden, dass seine Geldflutpolitik so lange weiter laufen wird, bis die Arbeitslosigkeit unter 6,5 Prozent angelangt ist. Solche Planvorgaben kannte man bislang nur aus sozialistischen Ordnungen.
Ab Neujahr werden also jedem neuen Tag knapp 3 frische Milliarden Dollar in den Markt gepumpt. Die Geldschöpfung eskaliert, aber protestieren tut niemand. Denn bis jetzt geht das spektakuläre Geldschöpfen gut, die Schulden werden umgebucht, die Preise für Aktien und Immobilien steigen, die Zinsen sind auf Rekordtiefs, die Konjunktur wird gestützt. Doch wie lange traut man dem großen Monopoly der Amerikaner? Aller historischen Erfahrung nach, geht eine solche Strategie des wilden Gelddruckens nicht gut, vor allem nicht wenn man es in dieser Aggressivität betreibt.
Ben Bernanke und die USA laufen damit Gefahr, das Vertrauen in das Weltfinanzsystem zu untergraben. Die jetzige Schuldenkrise hat bereits ahnen lassen, wie gefährlich Vertrauenskrisen werden können. Darum sollten gerade die Zentralbanen eigentlich besonders darauf achten, dass sie Geldwerthüter bleiben und nicht Geldeskalierer werden. Eine Notenbank sollte keine Konjunkturpolitik betreiben, denn irgendwann wird die Rechnung für das viele Geld kommen. Vielleicht nicht – wie viele anfangs fürchteten – mit einer schleichenden Inflation. Aber das Risiko eines Vertrauensschocks steigt von Monat zu Monat, von Milliarde zu Milliarde - wenn nämlich plötzlich die Weltöffentlichkeit begreift, dass all die Dollars nicht wirklich gedeckt sind.
Ben Bernanke ist Sohn eines Apothekers. Er sieht seine Geldspritzen als Heilmittel für eine kranke Volkswirtschaft. Langsam aber läuft er in die Gefahr der Übersodierung. Und wie bei jeder Medizin gilt auch in der Geldpolitik. In zu hohen Dosen sind auch Heilmittel tödlich.
Zuerst erschienen auf Handeslblatt Online