Thomas Rietzschel / 22.03.2017 / 11:22 / 4 / Seite ausdrucken

High Noon in Berlin. Und alles ganz friedlich

Von Thomas Rietzschel. 

Wir dürfen aufatmen. Der Frontberichterstattung von Spiegel Online war es um 05.41 zu entnehmen: Heute um zwölf Uhr mittags, High Noon, wird Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident vereidigt. „Damit ist“, so die Meldung wortwörtlich, „der friedliche Machtwechsel an der Spitze des Staates dann endgültig vollzogen“. 

Potzblitz, so etwas hört man nicht alle Tage. Noch im Nachhinein möchte man aus allen Wolken fallen. In welcher Gefahr muss das Land geschwebt haben, wenn jetzt hervorgehoben wird, dass es sich bei der Amtsübergabe des Bundespräsidenten um einen „Machtwechsel“ handelte, der gottlob „friedlich“ vollzogen wurde. Mit anderen Worten, es hätte auch ganz anders kommen können. Ist uns womöglich ein Blutvergießen erspart geblieben? Hatte der Spiegel Informationen, dass sich Joachim Gauck im Schloss Bellevue verschanzen wollte, Frank-Walter Steinmeier drauf und dran war, mit der Artillerie vorzurücken? 

Keine Fake News, nur dummes Zeug

Natürlich, das alles wollte der Redakteur nicht sagen. Er hat nur schnell hingepinselt, was ihm reißerisch in den Sinn kam. Keine Fake News, nur dummes Zeug. Einen Blödsinn, der mit Wehmut an die Zeiten denken lässt, da beim Spiegel die Worte noch sorgsam gewogen wurden. Journalismus auf dem rhetorischen Niveau eines Martin Schulz, von dem wir unterdessen beinahe täglich zu hören bekommen, dass „der Kampf um die Eroberung des Kanzleramtes“ begonnen habe. 

Wer unter diesen Umständen mithalten will, muss sich anscheinend mit den Worten der Frontberichterstatter hervortun. Und sei es nur, dass er das bislang Selbstverständliche als den glücklichen Ausgang einer bedrohlichen Auseinandersetzung vermeldet, indem er von der Vereidigung des neuen Bundespräsidenten als einem unverhofft „friedlichen Machtwechsel“ spricht. Spiegel Online ist auf Zack, und wir freuen uns, dass kein Schuss abgefeuert wurde.

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Leserpost

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Sepp Kneip / 23.03.2017

Das ganze politische Treiben in Deutschland ist ein riesiges Theater. Kein Lustspiel, sondern ein Trauerspiel, ein Drama. Es wird heile Welt auf einen untergehenden Schiff vorge-“gauckelt”. Die dramatische Islamisierung unseres Landes, die von ganz oben sogar gefördert wird, wird schöngeredet und heruntergespielt, während das “Impulspapier” und weitere Aktivitäten der Integrationsbeauftragten eine andere Sprache sprechen.  Der “Kampf” unseres politischen und medialen Establishments ist nicht gegen den drohenden Untergang Deutschlands gerichtet, sondern einzig und alleine auf die Versenkung der AfD. Damit hat man aber dem haverierten Schiff Deutschland schon etliche Eigentreffer zugefügt. Wenn das so weiter geht, ist das Schiff Deutschland schneller untergegangen als die verhasste AfD. Dann ist tatsächlich High Noon.

Wilfried Cremer / 23.03.2017

Eine staatstragend graue Krawatte, und fertig ist der Bundespräsident. Nicht mal dieses Detail unterscheidet ihn vom Vorgänger. Die Reden? Vorhersagbar wie Ebbe und Flut, ausgefeilte Langeweile für viel Geld, Schmerzensgeld. Da kann man nicht mal neidisch sein.

Matthias Braun / 22.03.2017

Beim Karneval wird wenigstens mit “äschte Kamelle jeschosse"und an Weiberfastnacht, übernahmen die Frauen die Macht in Bonn. Das war auf jeden Fall unterhaltsamer,als so eine “dröge” Bundespräsidentenamtseinführung

Wolfgang Richter / 22.03.2017

Das mit der Kavallerie (nicht Artillerie, aber auch flottem Militär) war der schon mal forsch daher kommende Peer, auch von den Spezialdemokraten, und nicht gen Bellevue, sondern Richtung Alpenfestung der Schweizer. Inzwischen hat er sich ja auch beruhigt und ist stattdessen gen Niederlande abgeschwenkt, um nun dort als Bankberater zu werkeln, sicher zu Steuersätzen, die seine aktuell aufstrebenen Parteigranden als für seine Einkommensklasse sozial verträglich bewerten würden. Und das wiederum interessiert beim Spiegel offenbar niemande mehr.

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