Peter Grimm / 02.09.2016 / 06:20 / Foto: Alex Grech / 8 / Seite ausdrucken

Heiko allein im Schlafzimmer

Auf der einen Seite werden ja Populismus-Vorwürfe heutzutage sehr schnell erhoben, sobald ein politischer Akteur mit einer markigen Forderung an die Öffentlichkeit tritt. Doch wer sich erfolgreich zum Sachwalter der richtigen Gesinnung erklären konnte, wie der Bundesjustizminister Heiko Maas, kann sich Dinge erlauben und sogar vom Bundeskabinett beschließen lassen, die jedem anderen nur Schimpf und Schande oder Spott eingetragen hätten.

Natürlich ist es für einen Mann seit Menschengedenken ein Ärgernis, wenn ihm als vermeintlicher Vater ein Kind untergeschoben wird. Nun ist es heutzutage immerhin leichter als jemals zuvor, schnell festzustellen, ob man nun der Vater eines Kindes ist oder nicht. Aber wenn man dann weiß, dass man es nicht ist, so wüsste man natürlich auch noch gern, wer denn nun das Kuckuckskind gezeugt hat. Doch selbstverständlich – bis heute jedenfalls – muss niemand offenbaren, mit wem, wann, wie oft und in welcher Weise er oder sie Sex hatte. Dies nun Müttern eines Kuckuckskindes zur gesetzlichen Pflicht zu machen zu wollen ist wahrlich eine populistische Forderung par excellence.

Wie hätten die Medien reagiert, wenn beispielsweise die AfD-Europaparlamentarierin Beatrix von Storch in ihrer medial feststehenden Rolle als Vertreterin einer „rückwärtsgewandten Familienpolitik“ gefordert hätte, dass fälschlicherweise zum Unterhalt herangezogene „Väter“ ein gesetzlich verbrieftes Recht bekommen müssen, von der Kindsmutter zu erfahren, mit wem sie wann zur Zeugungszeit geschlafen hat?

Was passiert, wenn man sich nicht an den Liebhaber erinnern kann?

Höchstwahrscheinlich hätten alle gegen den rechtspopulistischen Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Frauen gewettert. Wenn ein Vater zu Unrecht Unterhalt gezahlt hat, dann muss er das mit der Kindsmutter klären. Sie zur Auskunft über ihre Sexualkontakte zu verpflichten und damit quasi nur zum Objekt einer Auseinandersetzung zwischen vermeintlichem und tatsächlichen Kindsvater zu degradieren, wäre schnell als erneuter Beweis für die Anbiederung an die niederen Instinkte sich benachteiligt fühlender Männer gebrandmarkt worden.

Nur um nicht missverstanden zu werden: Sicher ist die rechtliche Situation von Männern, die Unterhalt für Kuckuckskinder gezahlt haben, durchaus verbesserungsbedürftig. Doch deshalb kann man doch nicht von dem Prinzip abweichen, dass sie sich mit der Kindsmutter auseinanderzusetzen haben, auch über etwaige Regressansprüche. Sie ist schließlich verantwortlich für die teure Fehlinformation und muss dann dieser Verantwortung auch gerecht werden.

Das was aber der Justizminister jetzt vorschlägt und vom Kabinett beschließen lässt, ist ohnehin wahrscheinlich wirkungslos. Wie sollen im konkreten Fall künftig entsprechende Angaben von den betroffenen Frauen erzwungen werden? Was passiert, wenn die Kindsmutter auch auf gerichtliches Befragen erklärt, sich nicht mehr erinnern zu können oder den Liebhaber aus der Zeugungsnacht nicht namentlich gekannt zu haben? Droht ihr dann Erzwingungshaft? Wohl kaum. Das können sicher vor Gericht zuweilen unterhaltsame Verfahren werden, nur denen, denen angeblich geholfen werden soll, bringen sie nichts.

Kleine Tabubrüche als Testballon oder: steter Tropfen höhlt den Rechtsstaat

Also alles Populismus, den man der Lächerlichkeit preisgeben sollte und das wars dann? So wie die Initiative des Justizministers, zu erotisch und zu leicht bekleidete Frauen auf Reklametafeln als „sexualisierte Werbung“ zu verbieten? Belassen wir es bei ein wenig Spott für den Genossen Sittenwächter? Schließlich muss man sich ja an Heiko Maas schon hinreichend in seiner Rolle als Möchtegern-Zensor unliebsamer und unschöner Meinungsäußerungen, die dummerweise dennoch vom Grundgesetz gedeckt sind, abarbeiten.

Aber vielleicht nehmen wir auch bei den lächerlichen Vorstößen besser das ungute Gefühl ernst, dass hier einer, der von Amts wegen eigentlich den Rechtsstaat schützen sollte, mit kleinen Tabubrüchen auf leisen Sohlen immer wieder versucht, die Bürger daran zu gewöhnen, dass der Staat auch in ihrem persönlichsten Lebensumfeld immer mehr Regulierungsansprüche geltend macht. Ob es beispielsweise darum geht, wen wir wann und wie überhaupt noch fotografieren dürfen oder eben darum, wer wem Auskunft über seine Sexualkontakte geben muss.

Ach hätte doch nur Beatrix von Storch all diese Dinge gefordert. Sie wären alle niederkommentiert worden, hätten als politisch niemals durchsetzbar gegolten und wären uns somit erspart geblieben.

Zuerst erschienen auf Peter Grimms Blog Sichtplatz.de hier.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Bettina Landmesser / 02.09.2016

Die Offenbarung des wahren Kindsvaters dient nicht nur dem finanziellen Ausgleich. Auf diese Art und Weise hat das Kind auch Gelegenheit, seinen echten Vater kennenzulernen. Vielleicht ist der bis dato kinderlos, partnerlos, vielleicht sogar arbeitslos geblieben,  und freut sich jetzt auf seine aktive Vaterschaft, wetzt schon mal die Messer im Kampf ums Wechselmodell.

Maria-José Blumen / 02.09.2016

So wenig wie ich Herrn Maas als Politiker schätze, so wenig finde ich jedoch daran auszusetzen dass derjenige für die Vaterschaft bezahlen muss, der das Kind auch gezeugt hat. Es ist doch wohl klar dass das Kind finanziell versorgt werden muss und dass gewährleistet wird dass es zufriedenstellend erzogen werden kann. Das kostet Geld und das muss irgendwer bezahlen. Man kann natürlich einfach den Staat in die Pflicht nehmen - das wäre eine Lösung. Meiner Ansicht nach könnte dies jedoch einige falsche Anreize setzen. Also muss der echte Vater gefunden werden. Um dies zu erreichen muss natürlich die Mutter so gut es geht Auskunft geben. Schliesslich muss auch ihr daran gelegen sein dass ihr Kind versorgt ist. Mein Fazit: Grundsätzlich kann jeder mit jeder schlafen so lange dass einmütig geschieht. Sollten sich daraus aber Versorgungsansprüche wegen eines gezeugten Kindes ergeben dann soll auch der bezahlen der zuständig ist. Eine der wenigen vernünftigen Ideen des Herrn Maas.

Eugen Karl / 02.09.2016

Der Autor sitzt einem Irrtum auf, wenn er glaubt, der überzeugte Feminist Heiko Maas würde sich ganz freiwillig für betrogene Männer einsetzen, denn um Betrug (und vorsätzliche Personenstandsfälschung) geht es hier allemal. Heiko Maas muß lediglich eine Forderung des Bundesverfassungsgerichts (von 2011!!) umsetzen. Da hat er keine Wahl. Er gibt sich allerdings alle Mühe, trotzdem alles de facto zu belassen wie es ist. Deswegen enthält sein Gesetzentwurf den Satz: “Die Verpflichtung besteht nicht, wenn und solange die Erteilung der Auskunft für die Mutter des Kindes unzumutbar wäre .“ Damit werden betrogene Männer auch weiterhin das Nachsehen haben.

Andreas Rochow / 02.09.2016

Diese differenzierte Kritik am amtierenden Justizminister macht sensibel für die un- und antidemokratischen Tendenzen führender Sozialdemokraten. In der “Kuckuckskind”-Gesetzesvorlage geht es allerdings auch um Geld: Niemand rechnet dem Steuerzahler vor, wie verheimlichte Väter von der Förderung der alleinerziehenden, arbeitslosen Mütter indirekt profitieren. Es sollte sich nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung nicht lohnen, die Vaterschaft geheim zu halten, weil dies bei der Mutterschaft kaum möglich ist. Entsprechende Ehrlichkeit und Auskunftsbereitschaft der Mütter kann nicht gegen das Kindswohl oder eine phantasierte Selbstbestimmung ausgespielt werden. Sozialleistungen entlasten nicht nur das Gewissen der Entscheider, sondern können u.U. auch dem Missbrauch Tür und Tor öffnen. Damit stellen sie eine erhebliche Belastung der Sozialkassen und des Steuerzahlers dar. Familien, auf die die Beschreibung alleinerziehend, arbeitslos und kinderreich zutrifft, nehmen zahlenmäßig zu. Lassen wir den Genossen Heiko Maas nicht allein mit diesem Thema! Eine ergebnisoffene Diskussion sollte in Kabinett und Parlament möglich sein.

Günter Lüdeking / 02.09.2016

Herr Grimm,in Spanien geht es z.Z.  ohne Regierung. Sollten wir hier auch mal versuchen!Kohl hatte zu seiner Zeit ein Gruselkabinett zusammengewürfelt. Die polititische Sandkastenrunde in Berlin,ist nach meiner Auffassung nicht mehr zu toppen. Unsere Jugend ,so fürchte ich,verschläft gerade ihre Zukunft. Herr Grimm schreiben sie weiter !

Reiner Fischer / 02.09.2016

wahrscheinlich werden zu dem einen Fall einer unbefleckten Empfängnis in Kürze noch tausende dazukommen.

Gerhard Heger / 02.09.2016

Sg. Hr. Grimm aus meiner Sicht Argumentein die falsche Richtung. Solange ein unberechtigt als Kindsvater gemolkener Kuckucksvater nur beim wahren Vater seine Regressansprüche gelten machen kann, muß man natürlich eine Auskunftspflicht einführen, wenn der Kuckucksvater zu seinem Recht d.h. Geld kommen soll. Viel einfacher wäre es, (ich weiß nicht ob Sie dieses eigentlich vorschlagen wollen mit der Aussage, daß sich der Kuckucksvater mit der Mutter auseinandersetzen soll) die Kindsmutter auf Rückzahlung des Unterhalts zu verpflichten und zwar ggf. bis ins Sozialamt (bei Verheirateten ein übliches Vorgehen: erst nimmt das Sozialamt meine Ehefrau aus z.B. für Pflegebedürftige und dann bin ich als Ehemann auf einmal unterhaltsverpflichtet). Was meinen Sie, wie schnell sich die an Amnesie leidenden Mütter an mögliche Väter erinnern werden. mit besten Grüßen G. Heger

Ludwig Reiners / 02.09.2016

Den Schutz vor untergeschobenen Kuckuckskindern ist ganz einfach per Gentest zu erreichen. Damit kann der zur Zahlung aufgeforderte Mann seine Nicht-Vaterschaft beweisen. Und die Frau muß nicht offenbaren, wer der wahre Kindsvater ist.  Aber diese einfache und pragmatische Methode ist ja von Rechts wegen verboten.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 23.04.2024 / 06:05 / 93

Anleitung zum vorbeugenden Machtentzug

Was tun, wenn die AfD Wahlen gewinnt? Das Votum des Wählers akzeptieren? Oder vielleicht doch schnell noch mit ein paar Gesetzen dafür sorgen, dass sie…/ mehr

Peter Grimm / 12.04.2024 / 06:15 / 136

Kein Drama beim Höcke-Duell

Dass Thüringens CDU-Chef Mario Voigt mit seinem AfD-Pendant Björn Höcke in ein TV-Duell ging, sorgte für Aufsehen und Protest. Heraus kam eine ganz normale Fernsehsendung,…/ mehr

Peter Grimm / 11.04.2024 / 12:45 / 50

Die Rundfahrt eines Polizeibekannten

Der Irrwitz deutscher Asylpolitik zeigt sich zuweilen auch in absurden Geschichten aus dem Polizeibericht. Bei zu vielen Asylbewerbern drückt sich das Verhältnis zur Gesellschaft im…/ mehr

Peter Grimm / 09.04.2024 / 06:15 / 140

Droht eine Landesregierungs-Entmachtung nach AfD-Sieg?

Fünf Jahre nach dem „Rückgängigmachen“ einer Ministerpräsidentenwahl überlegen Juristen jetzt, wie man missliebige Landesregierungen mittels „Bundeszwang“ entmachten und zeitweise durch einen Staatskommissar ersetzen könnte. Sie…/ mehr

Peter Grimm / 03.04.2024 / 13:00 / 33

Wer darf Feindsender verbieten?

Wenn Israel das Gleiche tut wie EU und deutsche Bundesregierung zwei Jahre zuvor, dann ist selbige Bundesregierung plötzlich besorgt. Bei Doppelstandards ist Deutschland immer noch…/ mehr

Peter Grimm / 30.03.2024 / 09:00 / 75

Durchsicht: Die populärste Kommunistin?

Sahra Wagenknecht verteidigte als Kommunistin die DDR und begeistert heute selbst Konservative. Klaus-Rüdiger Mai beschreibt, wie die Frau zu verstehen ist. / mehr

Peter Grimm / 24.03.2024 / 12:00 / 77

Fürchtet Putin Angriffe aus verdrängten Kriegen?

143 Todesopfer hat der Anschlag auf ein Konzert in der Moskauer Region gefordert. Der Islamische Staat hat sich dazu bekannt, doch der Kreml hätte gern andere…/ mehr

Peter Grimm / 18.03.2024 / 10:00 / 78

Durchsicht: Migrationstheater im Bundestag

Am Freitag debattierte der Bundestag wieder einmal über die Migrationskrise. Die Selbstdarstellung der Nach-Merkel-CDU war, wie auch die Reaktion aus der SPD, bemerkenswert. Politisch wenig…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com