Unlängst meldete der "Tagesspiegel"-Redakteur Mathias Meisner, der immer mal wieder im eigenen Auftrag einen Huldigungsartikel für die Amadeu Antonio Stiftung geschrieben hat, die Veröffentlichung eines „wissenschaftlichen“ Gutachtens, für das die Stiftung 2.500 Euro bezahlt hat. Warum das Gutachten alles andere als wissenschaftlich ist, muss ich hier nicht ausführen, denn es wurde ausführlich von Science Files, wenn auch leider etwas zu polemisch, analysiert.
Der Göttinger Sozialwissenschafter Samuel Salzborn sollte die angebliche "rechte Kampagne" gegen die Stiftung untersuchen. Die Ergebnisse seiner Untersuchung kann man in der 46-seitigen Philippika unter der Überschrift "Als Meinungsfreiheit getarnter Hass" begutachten. Darin kommt Salzborn zwar zu dem Schluss, dass die Kampagne gegen die Stiftung nicht „als solche inszeniert und geplant gewesen" sei. Vielmehr hätten sich „zahlreiche rechte Akteure - und das Etikett ,rechts' ist mit Bedacht gewählt, weil nicht nur Rechtsextreme, sondern auch (Rechts-)Konservative zu Akteuren in der Kampagne geworden sind - aufgrund punktueller gemeinsamer Interessen in eine ähnliche Richtung engagiert“.
Tatsächlich besteht die Tendenz des Textes darin, alle „Rechten“ in einen Topf zu werfen und den Eindruck zu vermitteln, Kritik an der Politik der Bundesregierung sei vom Grundgesetz nicht gedeckt und müsse daher nicht toleriert werden. Den Wortschwall aufzudröseln, wäre vergebliche Liebesmüh'. Salzborn zitiert am Ende, ohne ihn zu nennen, den jakobinischen Schlächter der Französischen Revolution, Louis Antoine de Saint-Just: „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“. Das soll als Schlaglicht genügen.
Die Staatsanwaltschaft wurde mit Strafanzeigen regelrecht zugeschüttet
Meisner zitiert Salzborn zustimmend, wenn der schreibt: „Faktisch ärgern sich die extreme Rechte und Teile des rechtskonservativen Spektrums darüber, dass die Amadeu Antonio Stiftung erfolgreich gegen die weitere Verbreitung rechter Propaganda arbeitet." Insbesondere Justizminister Heiko Maas sei es gelungen, so Meisner weiter, unter den Bedingungen des Web 2.0 "politische Strukturen zu generieren, die tatsächlich ein effektiveres Vorgehen gegen Rechtsextremismus ermöglichen könnten". Das sind Aussagen, mir denen wir es im postfaktischen Zeitalter zu tun haben. Leider haben sie mit der Wirklichkeit nichts zu tun.
Die von Maas angeregte und in Aktion gesetzte Internet-Spitzeltruppe, angeführt von der Amadeu Antonio Stiftung, hat - offenbar verstärkt von fleißigen Spähern im eigenen Auftrag - in diesem Jahr 3.245 Anzeigen wegen „Hassbotschaften“ im Netz generiert. Das ist ein stolzer Anstieg von 353 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Staatsanwaltschaft wurde regelrecht zugeschüttet. Allerdings erwies sich, dass 87,5 Prozent der Anzeigen keine juristische Relevanz hatten. Nur 12,5 Prozent der Anzeigen mündeten in einen Prozess. Es waren ganze 406 Verfahren bundesweit. Bei einer Misserfolgsquote von 87,5 Prozent sollte die Frage erlaubt sein, welchen Zweck diese Kampagne verfolgt. Die Staatsanwaltschaft wird mit juristisch irrelevanten Ermittlungen beschäftigt und kann ihren eigentlichen Aufgaben nicht mehr in vollem Umfang nachgehen. Und man muss schon hoffnungslos im Postfaktischen gefangen sein, um das als „Erfolg“ zu verkaufen, auf den die "Rechten" auch noch neidisch sein sollen.
Tatsache ist, dass Heiko Maas ein Verfahren außergerichtlicher Medienzensur in Gang gesetzt hat, das in der Konsequenz die Justiz schwächt und von ihren eigentlichen Aufgaben abhält. Warum der SPD-Politiker, wenn er denn ein Problem sieht, nicht darauf hinwirkt, dass die Justiz personell, organisatorisch und technisch gestärkt wird, wie es seine Aufgabe wäre, bleibt sein Geheimnis. Das Geheimnis von Qualitätsjournalisten wie Mathias Meisner bleibt, weshalb sie nicht willens oder in der Lage sind, den Realitätscheck zu machen.
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