Grüne Gentechnik: Faktenbefreit macht Politik richtig Spaß

Von Hans-Jörg Jacobsen.

Es ist immer schön, wenn ein neuer Begriff auftaucht, der den Zeitgeist widerspiegelt: Da freut sich der Zeitgenosse, weiß er/sie doch endlich, was Sache ist. Wir leben also seit Aufkommen der „rechten“ Populisten wie dem twittrigen Trump, Le Pen, Erdogan oder der AfD, in einer „postfaktischen“ Zeit: Hirnrissige Behauptungen, Lügen oder von Fakten befreite Meinungen, Beleidigungen und Drohungen sowie dämliche Twitter- und Facebook-Kommentare sind wirkmächtiger, als simple, klare Fakten.

Nur: es irritiert, wenn solche Begriffe geprägt und in den Feuilletons nur im Zusammenhang mit den oben genannten als „rechte Populisten“ titulierten Akteuren diskutiert werden. Dabei haben wir in großen Bereichen unseres Lebens schon seit Jahrzehnten eine von Fakten befreite öffentliche Diskussion und eine darauf folgende populistische Politik. Leser der Achse ahnen, was nun auf sie zukommt.

Jawohl, ich meine die Diskussion um die grüne Gentechnik, die seit Jahrzehnten im Deutschen Bundestag auf absonderlichste Weise geführt wird. Ich weiss, sie wird nicht in diesem hohen Hause geführt, sondern auch in der Presse, aber aus akutem Anlass möchte ich, auch weil gerade „Grüne Woche“ war,  mal einigen, nun ja als  „Trio Infernal“  auftretenden dingensbumspolitischen Sprechern der Fraktionen der Parteien Die Linke, Die Grünen und, leider auch das, der SPD, den Spiegel vorhalten.

Seit Jahren eine faktenbefreite Argumentation

Es geht um Kirsten Tackmann, Harald Ebner und Elvira Drobinski-Weiß, die sich seit Jahren faktenbefreit zu dem Thema grüne Gentechnik auch ungefragt äussern. Auf einer Anhörung vor dem Bundestags-Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am 16.1.2017 legten sie wieder Zeugnis dafür ab, dass sie offenbar in einer Art postfaktischen Blase leben.

Worum ging es in dieser Anhörung: Es ging um die Novellierung des Gentechnik-Gesetzes, in welches die sogenannte „opt-out“-Regelung auf Vorschlag der EU-Kommission eingefügt werden kann, übrigens: nicht muss! „Opt-out“ bedeutet, dass eine Region den Anbau einer gentechnisch verbesserten Pflanzensorte, die vorher nach allen Regeln von Wissenschaft und Technik durch fachlich ausgewiesene öffentliche Behörden und Institute wie der EFSA auf ihre möglichen Gefährdungspotentiale untersucht worden ist, dennoch verboten werden kann, selbst wenn die Behörden keine Gefährdung feststellen konnten. Es müssen aber „triftige“ Gründe genannt werden. Was „triftige Gründe“ sind, bleibt, wenn man rational an die Sache herangeht, ziemlich unklar, ebenso, wer diese Gründe vorbringen kann und gegen die Firmen und die Landwirtschaft durchsetzen muss.

Die von den genannten MdBs benannten „Sachverständigen“ Heike Moldenhauer vom BUND und Beatrix Tappeser, mittlerweile vom seligen SHB (oder war es der MSB?) über das Öko-Institut zur hessischen Staatssekretärin aufgestiegenen Aktivistin wiederholten auf die Fragen dieses linksgrünen MdB-Trios eilfertig alle längst seriös wissenschaftlich widerlegten Behauptungen (Gentechnik gefährde Biodiversität, B.t.-Mais töte alle Insekten et cetera).

Den von diesem Trio benannten Juristen Georg  Buchholz nehme ich mal aus, das ist nicht mein Gebiet. Nun kann man von diesen „Sachverständigen“ nichts Anderes erwarten, bestreiten sie doch seit Jahrzehnten ihren Lebensunterhalt aus dem „Dagegensein“. Schlimm ist aber, dass die drei genannten Abgeordneten (sowie ihre Fraktionen) offenbar auch grundsätzlich auf eine Beratung durch sachkundige Fachleute verzichten (die der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags sicherlich hat), siehe hier.  

Gewinnerzielungs-Absicht als Ablehnungsgrund

Die promovierte Tierärztin Tackmann beschrieb in der Anhörung als ihr Hauptproblem das schnöde Geldverdienen durch eine von ihr als gefährlich erachteten Technologie („die Konzerne!“). Dabei ignoriert sie zum Einen, daß von „gefährlich“ schon lange keine Rede mehr sein kann und zum Anderen, dass der Biobauer sein Zeugs auch nicht verschenkt und auf Profit angewiesen ist. Bislang war ich übrigens immer der Meinung, vielfältig durch entsprechend ausgewiesene Kollegen und Studierende aus den neuen Bundesländern belegt, dass in der DDR und den neuen Bundesländern, wo Frau Tackmann ausgebildet wurde, die naturwissenschaftliche Bildung einen höheren Stellenwert hatte, als in der alten BRD. Dies scheint bei Frau Tackmann aber eher nicht der Fall zu sein. Die Westgewäche Drobinski-Weiss (rot)  und Harald Ebner (grün)  sind da eben aber auch nicht besser.

Es geht diesen VertreterInnen des Volkes offenbar nichts über das Kultivieren von populistischen Vorurteilen. Sie glauben, Vorurteile seien gut, nur gepflegt müssen sie sein, denn gut gepflegte Vorurteile ersparen das eigene Denken und Fakten stören in einem linksgrün und postfaktisch programmierten Hirn nur. Gerade für Politiker, die ihre Karrieren ja gerne dadurch aufbauen, dass sie sich auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisieren, macht es auch karrieretechnisch mehr Sinn, auf einer Parteilinie zu bleiben und kontinuierlich einfache und dem Wahlvolk mundgerecht aufbereitete, gerne auch falsche Meinungen – huch, ist das nicht die Definition von Populismus? –  zu verabreichen, als sich in die Mühen der Ebene zu begeben und kontinuierlich die Fakten zu verfolgen und sich gelegentlich eines Besseren belehren zu lassen. Dies könnte ja dazu führen, dass man seine Meinung ändern muss, und schon ist das schöne Profil dahin: Man zeigt damit zwar moralische Integrität, ist aber in unserer Gesellschaft karrieretechnisch im Eimer.

Manchmal wünscht man sich, dass der Eid, den Abgeordnete schwören, für uns Bürger eine einklagbare Entität wird. Dabei sind die Grundannahmen der Gentechnik-Gesetzgebung aus heutigem Wissen längst widerlegt, da die diesem Gesetz zu Grunde liegende Annahme, dass der Gentransfer etwa zwischen Bakterien und Pflanzen „unnatürlich“ sei, von eben dieser Natur längst widerlegt wurde: Gerade zwischen Mikroorganismen und Pflanzen fand und findet ein reger Genaustausch statt. Fakten sollten falsche Meinungen widerlegen, passiert leider nicht in unserer Politik, jedenfalls nicht, wenn es nach diesem Hinterbank-Trio-infernal geht.

Genau wie in der Politik verhält es sich mit Institutionen, vornehmlich solchen aus dem Bereich der vermeintlich Natur- und Umwelt schützenden Schutzstaffeln und Sturmabteilungen grüner Denkungsarten, die sich im grün-lila Mainstream von Kirchentagen gerne ihre Vorurteile absegnen lassen.

Apropos Kirchentag: Als 2005 der Evangelische Kirchentag in Hannover stattfand, hatten wir auf Anregung der damaligen BioRegioN dort einen Infostand zum Thema „Grüne Gentechnik“ aufgebaut. Es gab viele gute Gespräche und Besucher, die sich informieren wollten, aber eine nicht: Eine ältere Dame im Althippie-Look kam vorbei und flötete: „I henn mei’ Meinung, I brauch kei´ Informatione“. Hätte ich damals gewusst, dass wir jetzt im postfaktischen Zeitalter leben, hätte ich sie schon damals zur Ikone dafür ausgerufen. Fazit: Postfaktisches Handeln ist nicht dem „rechten“ Populismus vorbehalten, auch das grün/linke Lager bedient sich seit Jahrzehnten – leider erfolgreich  dieser Verdummungstechnologie. Und die ist für unsere Demokratie wirklich gefährlich:

Professor Hans-Jörg Jacobsen war Leiter der Abteilung Pflanzenbiotechnologie am Institut für Pflanzengenetik der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover.

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Belo Zibé / 11.02.2017

Sehr geehrter Herr Jacobsen, die spitzbübische Schadenfreude, die der Titel Ihres Artikels weckte,wich schnell einer gewissen Verwirrung. Als naturwissenschaftlich minderbemittelter kann ich der angeblich seriös wissenschaftlich widerlegten Behauptung (Gentechnik gefährde Biodiversität, B.t.-Mais töte alle Insekten etc. ) nicht widersprechen.Hierfür gibt es gewiss Wissenschaftler auf Augenhöhe, die zu tun dies in der Lage sind. Dem dümmlichen:„I henn mei‘ Meinung, I brauch kei´ Informatione” lässt sich allerdings eine nicht minder dümmliche Phrase der “grünen Gentechnik” entgegensetzen: Die Weltbevölkerung benötige immer mehr Nahrung.Gentechnisch modifizierte Pflanzen sollen helfen, trotz Klimawandel und knapper werdender Ressourcen, die Menschheit zu ernähren” Abgesehen davon, dass “Klimawandel u. “knappe Ressourcen” Kernbegriffe der Grünen oder der ökologischen Bewegung sind, lassen sich die knapper werdenden Ressourcen allerorten im Mülleimer hinter den Supermärkten, bestenfalls in einem Tafelladen betrachten. Auch ins Meer gekippte Ladungen von Orangen,Tomaten,Schweinehälften oder Milch etc. zeugen davon.(#Preisstabilität) Den Klimawandel gibt es gar nicht! Der Unterschied zwischen einem Biobauern und der sich um die Menschheit sorgenden Genkonzerne besteht darin, dass letztere Abhängigkeiten schaffen, in dem sie ihre genmanipulierten Pflanzen patentieren lassen und dadurch totale Kontrolle über deren Nutzung haben. Wenn bspw.  ein Bauer einen Teil seiner Ernte nicht mehr als Saatgut verwenden kann, weil die Pflanze zum Wohle der Menschheit dahingehend verändert wurde,es in Zukunft aber keine Alternativen als den Wechsel zum Produkt eines anderen Konzerns mehr gibt, lässt sich Frau Tackmanns Argument nichts entgegensetzen.  Verdummungstechnologie ist leider kein Alleinstellungsmerkmal des grün/linken Lagers.

Andreas Rochow / 11.02.2017

Grossartiger und wichtiger Beitrag, der sich seiner ideologischen Unerwünschtheit in vollem Umfang bewusst ist. Wir wissen alle, dass linksgrün besetzte Angst und Realitätsverweigerung populärer ist als Wissenschaft. Dieses Faktum hat zur Gründung einer Partei wesentlich beigetragen. Das betrifft Klima, Energie, Gentechnik und funktioniert mit non-faktischen Argumentationsketten und Angstmacherei. Das Wunschdenken, das diesem fortschrittsfeindlichen Gedanken vorausgeht, sollte man besser prä-faktisch nennen. Schließlich ist die Ideologie VOR der Anerkennung von Fakten schon fertig und sie soll es auch bleiben. „I henn mei‘ Meinung, I brauch kei´ Informatione“ - prä-faktischer geht es gar nicht!

Hartmut Laun / 11.02.2017

Sehen wir es positiv. Die sog. postfaktischen Rechten sind die Reaktion, die viel zu späte bürgerliche Reaktion auf die postfaktischen Linken in der Politik und den gleich geschalteten Medien.  Die 68ziger, die erst klammheimliche und später immer dreistere Eroberung aller relevanten Institutionen, in den Schulen, in der Politik, in den Zeitungen und im Fernsehen. Wenn ich mir das Wahlprogramm und die Aussagen von AfD-Poliker ansehe, dann sehe ich dort fast ausschließlich solche Punkte die von der CDU bis Helmut Kohl vertreten wurden. Aktuell ergänzt um Widerstand gegen die Merkel-Volksfront, diese zu stoppen und zu bekämpfen. In das Deutschland zu den Zeiten von Helmut Kohl will ich wieder zurück. Auch wenn bei dem heutigen Merkel-Kurs diese Zeit von der Propaganda als Rechts, als rechtsradikal, als menschenverachtend und rassistisch gedeutet wird.

Georg Siegert / 11.02.2017

“Meine Meinung steht fest, bitte verwirren Sie mich nicht durch Tatsachen” pflegte mein Vater zu der beschriebenen Geisteshaltung zu sagen. Ich gehe davon aus, dass dieser Ansatz die Menschheit schon länger begleitet, vollkommen unabhängig von der politischen Gesinnung.

Kurt Schrader / 11.02.2017

Schöner Artikel! Aber verlängern wir Genwahn durch einen kleinen Einschub , dann sind wir direkt beim Genderwahn; und. Von da ist es nicht mehr weit zum Windmühlenwahn. Und Vorsicht: Der gesamte ““Klimaschutz” kann sich mal als Fake News entpuppen! Von “Eurorettungs”- und “Flüchtlings”-Debatte (bei der im Augenblick ein leichter Bezug zur Realität erkennbar zu werden scheint) nicht zu sprechen! Und ins Stammbuch unserer Ministerin Schwesig geschrieben: Gina Lisa Lohfink, Frau Ministerin Schwesig, ist verurteilt worden wegen Falschaussage!

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