Am 1. Januar trat in der Bundesrepublik eine neue Fernsehentgeltregelung in Kraft. Bezahlt wird nicht, wie bis jetzt, pro angemeldetes Gerät, sondern pro Haushalt, unabhängig davon, ob in dem Haushalt überhaupt ein TV-Gerät benutzt wird oder nicht. Deswegen ziehen die öffentlich-rechtlichen Anstalten keine „Gebühren“ mehr ein, sondern kassieren einen „Beitrag“. Man könnte das Verfahren mit der Mitgliedschaft in einem Sportverein vergleichen, wo man einen Beitrag zahlt, um die Anlagen benutzen zu können; tut man es nicht, ist der Beitrag trotzdem fällig.
Der Unterschied zwischen den öffentlich-rechtlichen Sendern und einem Verein liegt allerdings darin, dass man einem Verein freiwillig beitritt, während man von den öffentlich-rechtlichen Sendern zwangsrekrutiert wird. Als Ausgleich, sozusagen als Trostpflaster, sollte das Personal der „Gebühreneinzugszentrale“, deren Mitarbeiter auf Provisionsbasis nach Schwarzsehern fahnden und einen noch schlechteren Ruf als albanische Hütchenspieler genießen, abgebaut werden. Allerdings gab die GEZ schon im April 2011 bekannt, sie würde zu den 1150 bereits Beschäftigten weitere 400 einstellen müssen, um die „sehr mächtige Reform“ bewältigen zu können.
Nun ist die Reform in Kraft getreten, das Personal der GEZ wird aufgestockt und unter den „Kunden“ kommt Unmut auf, der sich in Form eines „Shitstorms“ im Netz austobt.
Mit so viel Renitenz haben die Verantwortlichen nicht gerechnet. Also muss die Reform neu verpackt werden. Die Aufgabe fällt dem Chefredakteur des WDR zu, der sich drauf spezialisiert hat, Meinungsumfragen zu interpretieren. Er erklärt den „Beitrag“ von rund 18.- Euro monatlich, der zwangsweise von jedem Haushalt erhoben wird, zu einer „Demokratie-Abgabe“, die „für die Funktionsfähigkeit unseres Staatswesens und unserer Gesellschaft“ von allergrößter Bedeutung ist, denn: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sichert das Funktionieren unserer Demokratie.“
Das ist Größenwahn pur. Bis jetzt galten freie Wahlen und das Prinzip der Gewaltenteilung als Garanten der Demokratie, jetzt wissen wir es besser: Es ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk.
Wenn das der Fall ist, dann müssten die Intendanten, Programmdirektoren und Chefredekateure von ARD und ZDF vom Volk gewählt werden. Aber dazu wird es nicht kommen.
Man muss es mit der Demokratie nicht gleich übertreiben.
Erschienen in der Weltwoche am 4.1.13