Heute Mittag um 12.30 Uhr wird offiziell bekannt gegeben, dass Gordon Brown der einzige Kandidat für die Nachfolge von Premierminister Tony Blair ist. Der einzige verbliebene parteiinterne Gegner, ein Abgeordneter des linken Flügels der Partei, konnte sich nicht die notwendige Unterstützung von mindestens 45 seiner Fraktionskollegen sichern, und die Frist läuft wie gesagt heute Mittag ab. Gordon Brown ist damit durch, braucht sich keiner Wahl stellen, sondern kann sich auf seine Krönung freuen. Aus Downing Street wird für einen Moment Coronation Street.
Man ist doch einigermaßen verwundert, wie reibungslos das nun anscheinend alles vonstatten geht. Seit es klar war, dass Tony Blairs Amtszeit zu Ende geht, gab es beinahe wöchentlich neue Spekulationen über Nachfolge-Alternativen zum Schatzkanzler. Mal galt Bildungsminister Alan Johnson als möglicher Herausforderer Browns, dann Innenminister John Reid und zuletzt Umweltminister David Miliband. Aber keiner von ihnen hat sich am Ende getraut, offiziell eine Kandidatur anzumelden, obwohl zumindest Miliband durchaus Chancen eingeräumt wurden. Aber es überwog bei den möglichen Kandidaten wohl das Sicherheitsdenken, denn ein Sieg Browns galt als zu wahrscheinlich, als dass man sich den zukünftigen Premierminister vor dessen Amtsantritt zum Gegner machen wollte.
Und doch ist es erstaunlich, dass es Gordon Brown nun so mühelos gelingt, zum Nachfolger Blairs ausgerufen zu werden, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Die vergangenen Wochen und Monate verliefen für ihn jedenfalls alles andere als günstig. Da verglich ihn ein früherer ranghoher Mitarbeiter mit Stalin; Brown sei rücksichtslos und ein “control freak”. Dummerweise fanden sich diese Bemerkungen, die eigentlich nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren, später auf der Titelseite der Financial Times. Dann präsentierte Brown einen Haushaltsplan, in dem er großspurig Steuersenkungen ankündigte. Nach kurzem Nachrechnen stellte sich diese Senkung jedoch als Taschenspielertrick heraus, der den Steuerzahlern aus der linken Tasche Geld nahm, um es ihnen sogleich wieder in die rechte Tasche zu stecken. Gleichzeitig schnellte die Inflationsrate in die Höhe, so dass sich die Bank of England zu Zinserhöhungen gezwungen sah - eine unpopuläre Maßnahme in einem Land mit hoch verschuldeten Haushalten. Für die Zinserhöhung mag Brown nicht unmittelbar verantwortlich sein, aber sie schadete dennoch seinem wirtschaftspolitischen Ansehen. Browns persönliche Umfragewerte waren ohnehin nur mittelmäßig, und nicht wenige Demoskopen sagten voraus, dass Labour unter ihm noch schlechter abschneiden würde als unter dem unpopulären Tony Blair. Um nun die Liste der für Brown ungünstigen Ereignisse abzurunden, ging seine Heimat Schottland in den Regionalwahlen nach Jahrzehnten stabiler Labour-Mehrheiten an die schottischen Nationalisten verloren.
Es hätte also Gründe genug gegeben, den Labour-Mitgliedern zumindest eine Alternative zum Schatzkanzler anzubieten, aber dazu wird es nun nicht kommen. Die Partei hat sich in ihr scheinbar unabwendbares Schicksal gefügt, weil niemand den Mut hatte, gegen einen als Favoriten wahrgenommenen Kandidaten anzutreten. Die überwältigende Zustimmung für den Kandidaten Brown in seiner Partei sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in New Labour noch eine große Zahl von Brown-Skeptikern gibt. Er wird dies noch früh genug zu spüren bekommen, wenn er in No. 10 eingezogen ist.