„Refugees welcome!“, rufe ich, öffne das Gartentor und breite die Arme aus. Willkommenskultur ist sonst nicht meine stärkste Seite. Aber wenn gute Freunde Schutz suchen, mache ich schon mal eine Ausnahme. Seit dem verheerenden Angriff der „Royal Air Force“ in der Nacht zum 28. Juli 1943 haben nicht mehr so viele Hamburger ihre Stadt überstürzt verlassen. Wie damals suchten am 4. und 5. Juli etliche auch in Jesteburg in der Nordheide Asyl, wohin ich mich vor 30 Jahren vor der nervigen Kosmopolität der Weltstadt Hamburg zurückgezogen habe. Der "Jesteburger Hof" war während des G-20-Gipfels ausgebucht.
War der Anlaß den Aufwand wert? Eher nicht, die pubertierenden Neandertaler vom schwarzen Block bemühten sich zwar redlich und unter Zuhilfenahme von viel Hasch und Bier, Hamburg in eine Chaosmetropole zu verwandeln. Das gelang jedoch nicht ganz. Hamburg hat nicht gebrannt, wie "Bild" schrieb. Gebrannt haben vielleicht zwei Dutzend Automobile. Wenn's in den Pariser Banlieus knallt, brennen zehnmal so viele. Aber den Einstieg ins Chaos haben die Krawall-Reisenden immerhin geschafft.
Macht kaputt, was euch kaputt macht!
Herostratisch gesinnte Idioten heizten die Aktivisten tüchtig an. Der "Spiegel" hatte mit einem G-20-Titel vorgeheizt. Schlagzeile: "Traut euch!". Kein versteckter Aufruf zur Gewalt? Zu friedlichem Protest braucht man sich in Deutschland nicht zu trauen, nur zu einer Sache, die verboten oder mit Risiko behaftet ist. Macht kaputt, was euch kaputt macht, stand da nicht. Aber wer es so verstand, lag nicht verkehrt.
"Spiegel“-Kolumnist Jakob Augstein legte noch eine Schippe Zündstoff drauf. Er traute sich zu twittern: "Der Preis muß so in die Höhe getrieben werden, dass niemand mehr eine solche Konferenz ausrichten will." Und wie treibt man den Preis hoch? Mit Plünderungen, abgefackelten Autos und Pflastersteinen auf Polizisten. Jakobs Nennvater, Rudolf Augstein, dem der Filius seine vielen Millionen verdankt, würde sich seinen Erbvertrag noch mal überdenken, wenn er diese rhetorische Brandstifterei mitgekriegt hätte. Überprüft jetzt der "Spiegel" seinen Autorenvertrag mit Jakob Augstein? Ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Aufforderung zur Gewalt gemäß § 240 StGB? Nicht, dass man wüßte.
Wo Trump recht hat, hat er recht
Der Sympiszene war hinterher gleich klar: Schuld an den Auswüchsen war wie immer die Polizei. Sie habe in einer Weise reagiert, „die fassungslos macht", schrieb die "taz". Was ja vollkommen unverständlich ist, hatten die Veranstalter ja schon durch die Wahl des Festmottos ihre mildtätigen Absichten kundgetan: "Welcome to hell!"
Donald Trump hatte am Tag vor dem Beginn des G-20-Gipfels in Warschau noch bemerkt, bei allem, was er so erlebe, zweifle er daran, dass die westliche Zivilisation überhaupt den Willen zum Überleben habe. Ein bisschen pathetisch vielleicht, aber wo er recht hat, hat er recht. Durch die Hamburger Chaostage wird er sich bestätigt gefühlt haben. Von seinem Quartier am Feenteich hätte er die Rauchsäule über dem Schanzenviertel sehen können, hätten ihm lauschige Parkbäume die Sicht nicht verstellt.
Statt vor dem linken Pöbel aufs Land zu flüchten, hätten die Hamburger auch die gute alte hanseatische Zivilcourage rauslassen können. "Warum müssen wir wieder die ganze Drecksarbeit allein machen?", fragte verdrossen ein Schutzmann in Kampfmontur, der am Morgen danach einer Kehrmaschine den Weg durch die Schanzenstraße freimachte. Einige beherzte Schanzenbewohner sammelten flugs die Pflastersteine wieder ein, die die Schwarzen aus dem Gehsteig gebrochen hatten. Es gab aber auch andere, die die Steine wieder zurückbrachten.
Warum nicht in Pöseldorf oder Blankenese?
Die Polizeiführung musste Prügel einstecken, nicht weil sie in der brenzligen Nacht zu spät, sondern weil sie überhaupt Knüppel frei gegeben hatte. Katja Kipping, die Co-Vorsitzende der Partei "Die Linke“, die im Herbst mit SPD-Kanzlerkandidat Martin zusammen Regierungsverantwortung übernehmen will, sagte, die Polizei sei mit schwerem Gerät durch Hamburg "marodiert". Marodiert!
Andreas Beuth, der Hausanwalt der autonomen "Roten Flora", sieht es differenzierter. Er und die Seinen hätten gewisse Sympathien für die Gewaltaktionen. "Aber warum nicht in Pöseldorf oder Blankenese?" Also da, wo die Pfeffersäcke wohnen. Zu deutsch: Gewalt ja, aber sie muß die Richtigen treffen. Beuth selbst wohnt in der Schanze. Später distanzierte sich Beuth von seinen Elogen. Aber seine scharfmacherischen Worte konnte er nicht zurückholen. Maitre Beuth ist einer der Advokaten, die den rechtsfreien Zustand im besetzten Haus Schulterblatt 71, genannt „Rote Flora“, sichern. Er hat keinen schweren Job, denn der Senat hat mit einer Veränderungssperre schon vor Jahren dafür gesorgt, daß der Besatzermob einen ständigen Rechtstitel hat.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn klagte aus aktuellem Anlaß, Linksextremismus werde in Deutschland verharmlost: "Linke und Teile von SPD und Grünen sind auf dem Auge völlig blind. Es muss aufhören, dass wir teilweise mit öffentlichen Geldern linksradikale Verbände päppeln." Auch Bürgermeister Olaf Scholz fordert harte Strafen für Landfriedensbrecher. Jetzt müßten deutsche Richter nur damit auhören, schwere Straftaten mit Sozialstunden und Gefängnis auf Bewährung zu bestrafen.