Thomas Rietzschel / 20.03.2018 / 14:45 / Foto: Pixabay / 13 / Seite ausdrucken

Gesehen, gelesen, gehört, verpasst: Die Auferstehung der Urhorde

Lieber, als dass sie sich eine eigene Meinung bilden, schwimmen die amerikanischen Studenten im Mainstream. Laut einer repräsentativen Umfrage der Gallup Organization sehnen sich 53 Prozent nach Geborgenheit in einer gleichgeschalteten Masse. Das demokratische Grundrecht der Meinungsfreiheit ist ihnen schnuppe. 37 Prozent der Befragten fanden es sogar richtig, diejenigen, die geistig ausscheren, nicht länger zu Wort kommen zu lassen, ihre Auftritte mit Tumult zu übertönen. Wer sich der Mehrheit nicht beugt, wird als Hassprediger und Rassist ausgeschlossen. Punktum!

Der moralische Hochmut der Masse macht dem Erbe der Aufklärung, dem freiheitlichen Denken eines jeden, den Garaus. Dass Europa, insbesondere Deutschland, dieser Entwicklung keineswegs nachhinkt, erleben wir tagtäglich in der feindseligen Auseinandersetzung mit den „Rechten“, aktuell in den verbalen Wutausbrüchen, die Uwe Tellkamp über sich ergehen lassen muss, seit er sich dazu verstieg, Zweifel an der staatlich verfügten „Willkommenskultur“ zu äußern.

Die FAZ konstatierte bereits den „Fall Tellkamp“. Der feinsinnige Lyriker Durs Grünbein nannte die andere Meinung „einen Scheiß“. SPIEGEL ONLINE zieh den „konservativen“ Sachsen der „Unerbittlichkeit“ und so weiter und so fort. Kübel verbalen Unflats ergossen sich über den Autor, bis er sich gezwungen sah, eine geplante Lesereise abzusagen. Zynisch folgte der Vorwurf der Zimperlichkeit. Schließlich hatte der Mann doch sagen können, was er wollte. Das konnten freilich auch andere in früheren Zeiten, bevor sie es dann nicht mehr wagten, den Mund aufzumachen.

Was die Gallup-Studie beispielhaft für Amerika aufzeigt, ist keine transatlantische, sondern die der westlichen Zivilisation drohende Gefahr des Rückfalls in vor-aufklärerische Zustände; die Auferstehung der „Urhorde“, wie sie Sigmund Freud einst analysierte: „Der Schwund der bewussten Einzelpersönlichkeit, die Orientierung von Gedanken und Gefühlen nach gleichen Richtungen … die Regression zu einer primitiven Seelentätigkeit“.

Mit anderen Worten: die Preisgabe der Individualität in einer intellektuell ermüdeten, geistig überforderten und im Konsumrausch degenerierten Gesellschaft. 

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 20.03.2018

Der Streit - Vater aller Dinge - ist pures innovatives Potenzial. Der durch ihn hervorgebrachte Fortschritt gerinnt zu gesellschaftlichem Wohlstand. Da Fortschritt und Wohlstand nunmehr als ausgemachte Ursachen für die Zerstörung des Planeten gelten, ist es nur konsequent, die freie Meinungsäußerung als Voraussetzung des Streitens absterben zu lassen.

B.Klingemann / 20.03.2018

Bravo, Herr Rietzschel, insbesondere für den letzten Absatz! Und auch Herr Cremer steht Ihnen in nichts nach.

Wolfgang Kaufmann / 20.03.2018

„[…] Preisgabe der Individualität in einer intellektuell ermüdeten, geistig überforderten und im Konsumrausch degenerierten Gesellschaft.“ — Seit den 68ern haben die Aktivisten alle paar Jahre eine neue Sau durch das Dorf getrieben. Waldsterben, Nachrüstung, Ozonloch, Lichtenhagen, AWACS, Hindukusch, Feinstaub usw. — alles wurde zu einer existenziellen Frage hochgepuscht. Der deutsche Michel und die Micheline haben vermutlich nie den Liberalismus gelernt, die Entscheidungen anderer gelassen zu sehen und sich auf die persönliche Verantwortung zu konzentrieren. Statt dessen ermüden wir uns darin, Hinz und Kunz die korrekte Gesinnung abzuverlangen, um die Welt zu retten. In unserer jugendlichen Naivität haben wir uns einfach maßlos übernommen.

Karla Kuhn / 20.03.2018

Ja Herr Anderson, Sie haben nicht mal unrecht auch wenn es vielleicht satirisch gemeint war. Endlich mal aus der Komfortzone rauskommen, sich breitgefächert informieren und wenn möglich auch zu Demos gehen. Wenn die Kurden in Deutschland auf die Straße gehen, sind es Massen, bei Pegida in Dresden, je nach Wetterlage Fünf-bis Zehntausend Personen und gestern in Hamburg ca.  Dreihundert. Wenn alle die, die sich Sorgen machen auf die Straße gehen würden, hätten auch Antifa und Co. keine Chance.  Wenn die FAZ bereits einen “Fall Tellkamp” sieht, muß ja keiner das Machwerk lesen. Anstatt was zu ändern, starren aber die meisten wie das Kaninchen auf die Schlange. Wie heißt es ? Es muß erst schlimmer werden, ehe es besser wird ? Na dann guten Rutsch.

Fellechner,Klaus / 20.03.2018

Degenerierte Gesellschaft!Genau das ist es!Das war schon immer der Untergang moderner Gesellschaften in der Menschheitsgeschichte. Mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun.Dunkeldeutschland wehrt sich aber wie lange noch.Die Achse des Guten versucht die Menschen aufzurütteln,sie aus ihrem Koma zu holen,sie zum Denken zu bewegen.Der Versuch ist ehrenwert!

A.W. Gehrold / 20.03.2018

Ich schrieb anderweitig: Wenn dein Föhn hinüber ist, du aber deine nassen Haare trocknen musst: Kopfschütteln könnte da helfen. Erleichtert wird das,  wenn man sich den Erguss einer Professorin für Geschwätzwissenschaft in der FAZ reinzieht, die felsenfest davon überzeugt ist, zur ‘Grünbein - Tellkamp - Kontroverse’ auch ein Scherflein beitragen zu müssen. Erkenntnis zweierlei: Auflagenschwund hat einen Grund. Und: Feuilleton dient eigentlich nur dazu, einen Fisch einzuwickeln.  (Einfügung Ende) Betrifft den Beitrag in der FAZ.net vom 17.3.2018. ‘Verbrochen’ von Maren Lehmann. Zum Abgewöhnen vom Allerfeinsten!!

Leo Anderson / 20.03.2018

Ja, genau! Der Konsumrausch! Hatte ich auch schon vermutet. Na, dann - weniger einkaufen, das hilft gegen intellektuelle Ermüdung.

Werner Arning / 20.03.2018

Die linken Gesinnungsethiker dulden keine Kritik, weil sie sich selber als Avantgarde der menschlichen Entwicklung begreifen. Sie wähnen sich auf dem kulturgeschichtlichen Höhepunkt angekommen. Mehr geht nicht. Besser geht nicht. Alles, was in ihren Augen dahinter zurückbleibt, gilt als rückständig, muss ausgemerzt werden. Jetzt wo die einmalige Chance da ist, die Menschheit auf die höchstmögliche Entwicklungsstufe zu hieven, gibt es kein Halten mehr. Das linke Ziel ist zum Greifen nahe. Wer dieses jetzt verhindern will, wer hierbei jetzt im Weg steht, wird unerbittlich verfolgt. Die Menschheit ist kurz davor alles Böse abzustreifen, endlich gut zu werden, endlich links zu denken. Gerechtigkeit, Unterschiedslosigkeit, dasTeilen aller Güter, Gewaltverzicht, das Ende der Ausbeutung, all das steht kurz bevor. Nun gilt es die letzten faschistoiden Störenfriede in der neuen Welt zu bekämpfen, sie ein für allemal mundtot zu machen. Jetzt, wo sich sogar CDU, Liberale, Finanzwelt, sämtliche Intellektuelle, die Wissenschaft, die Staatsorgane, die Kirchen, eigentlich alle der Linken Sache verpflichtet zu haben scheinen, da will man sich von ein paar „Rechten“ den Brei nicht verderben lassen.

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