Stimmt, ich bin an Fakten nicht interessiert. Wenn sich die EU-Kommission, die sich niemals dem Wähler stellen muss, einfach über die demokratisch legitimierten Institutionen, nämlich das EU-Parlament und die nationalen Parlamente, hinwegsetzt, so ist das inakzeptabel. Wenn eine überwältigende Mehrheit der Europäer nicht möchte, dass in Europa gentechnisch veränderter Mais angebaut wird, dann ist das legitim. Ob der Wählerwille jetzt durch Offenbarung des Spagettimonsters oder sonstwie zustande kommt, tut nichts zur Sache.
Die Glaubensbereitschaft ist von Ihnen richtig analysiert, weniger die Angst, die zu dieser Art von Glauben gehört. Das „sapere aude“ ist der einzige Ausweg aus all den Lehren auszusteigen, die an Ängste appellieren und den Verstand inaktivieren. Die betrifft einige naturwissenschaftlich zu diskutierende Themen wie Gentechnik, Atomkraft, Klimaänderung aber auch gesellschaftspolitische wie Kritik am Islam oder auch geschichtspolitische. Ich denke, dass es nicht „Antiamerikanismus“ ist, sondern eine Angst vor mulinationalen Konzernen, die aufgrund ihrer Macht in der Lage sind, die besten Wissenschaftler und Anwälte einzukaufen um damit ihre unüberschaubare Vormachtstellung auszubauen. Frühzeitig haben sich deutsche Firmen wie BASF, KWS usw. aus dem Forschungsstandort Deutschland weitestgehend zurückgezogen, so dass die Erzeugnisse nun über Importe nach Europa zurückkommen. Besonders dramatisch für Gentechnikgegner ist übrigens der Soja-Bereich, dessen Boykott die gesamte Milch- und Fleischerzeugung in Deutschland lahmlegen würde, mit der natürlichen Folge, dass diese Erzeugnisse dann im Ausland erzeugt und wieder importiert würden, während auf unseren Weiden glückliche Mutterkühe weiden, die wiederum Treibhausgase usw… Menschen wurde gelehrt zu glauben, nicht sich ihres Verstandes zu bedienen. Der Ausschluss von Kritik in zu vielen Lebensbereichen ist ein Beleg, dass wir noch lange nicht in der Aufklärung angekommen sind, die Kant meinte. Stattdessen sind wir in der Aufklärung bei Oswald Kolle gelandet.
... Da dies in absehbarer Zeit leider nicht passieren wird ... Es gab schon mal ein sehr wohlschmeckendes und haltbareres Lebensmittel, die berühmte “FlavrSavr-Tomate”, die 1994 in Amerika auf den Markt kam. Dank der Interventionen der verschiedenen Gentechnik-Hasser musste die Tomate 1997 wieder vom Markt genommen werden. Also auch hier hat sich also die Irrationalität leider durchgesetzt.
Technisch-Naturwissenschaftlich bin ich völlig bei Ihnen. Das Reaktionäre war schon immer ein großes Problem, kommend sowohl aus konservativen wie auch in linken und rechten Denkmustern. Worüber man aber sehr wohl kritisch diskutieren darf ist die Monopolstellung gewisser Unternehmen. Die ihre Interessen am Markt aggressiv vertreten gegenüber alles und jeden. Staaten setzten die Monopolstellung durch auf Kosten von Markt und Freiheit der Menschen. Natürlich unterschreibt jeder Bauer in Eigenverantwortung einen Vertrag und ist selbst eigentlich bis Anschlag subventioniert aber das ist wieder ein anderes Thema. Die Diskussion in Deutschland dreht sich in wesentlichen nicht um den staatlich verzerrten Markt. I know that shit. Aber ich finde, das Gebaren manch Unternehmen die mit dem Staat Ringelpietz mit Anfassen spielen und Politiker fett anreichern auf Kosten des freien Marktes, darüber kann man sehr wohl kritisch reden.
Ich bin tatsächlich Gentechnik-Befürworter, finde diesen Beitrag aber nicht hilfreich. 1. Der wesentliche Unterschied zwischen roter und grüner Gentechnik bleibt ungenannt, ist aber der Knackpunkt der Debatte: Rote Gentechnik findet im Labor statt, grüne Gentechnik “in der Natur”, also unkontrolliert. Will man Gentechnikgegnern also argumentativ begegnen genügt der Hinweis auf Gentechnik-Medikamente nicht. Sondern man muß plausibel machen, warum von gentechnisch veränderten Pflanzen auf auf lange Sicht keine Gefahr für das Ökosystem ausgeht. Hierauf nicht einzugehen, ist der erste Mangel dieses Beitrags. 2. Und was eben dieses Ökosystem angeht: Nicht jeder Christ ist Kreationist und nicht jeder, der Natur und Umwelt schätzt, verehrt darum gleich kultisch Mutter Gaja. Man muß kein ideologischer Greenpeace-Aktivist sein, der den Tod von Millionen von Kindern in der dritten Welt billigend in Kauf nimmt, um hier die spannende Frage zu stellen: Kann es nicht sein, das solche Gen-Rekombinationen aus dem Labor zu Ergebnissen führen, die unkontrollierbar zu nachhaltigem Schaden führen? Der “Eingriff in die Schöpfung” ist eine schöne Formulierung, die man - wie Sie - böse auslegen oder aber als Metapher für diese Sorge begreifen kann. Und hierin liegt der zweite Mangel. Es fehlt die Erklärung warum Genkombinationen aus dem Labor (Fliegen-DNA in Bäumen, Katzen-DNA in Getreide, Giftschlangen-DNA in Hausschweinen und was auch immer man sich ausdenken mag) nicht grundsätzlich gefährlicher sind als solche aus natürlicher Mutation und Zucht. Wenn man den Anspruch hat, diese Debatte sachlich zu führen und sich so von den ideologischen Gentechnik-Gegnern abzuheben, dann sind das die zu beantwortenden Fragen. Mit “Gentechnikgegner sind sowas wie Kreationisten” stellt man sich dagegen von vornherein ins Abseits. Und mir liefert ein solcher Artikel keinerlei Argumentationshilfe im Alltag.
Bitte gehen Sie doch auch auf das Argument ein, dass sich nicht gegen gentechnische Verfahren an sich richtet, sondern gegen bestimmte Pflanzen und gegen mit bestimmten Pflanzen assoziierten Herbiziden. Mir erscheint es keineswegs bescheuert oder strunzdoof, den Anbau einer Pflanze abzulehnen, die mittelbar für ein Bienensterben oder - im Fall des neu zugelassenen Mais- unmittelbar für ein sterben seltener Schmetterlinge verantwortlich ist. Zumal es ja Alternativen gibt. Und diese Ablehnung ist absolut unabhängig davon, mit welchen Methoden diese Pflanze gezüchtet wurde. Ich bin ja Laie und auf fachlich korrekte Informationen von Fachleuten angewiesen (und es ist nicht immer einfach, die Qualität von Informationen zu beurteilen) - wenn meine Informationen also fehlerhaft sind, erleuchten Sie mich doch bitte :). lg
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