Dass kopftuchtragende Musliminnen Verständnis für deutsche Islamkritiker haben, weil so viele Anschläge im Namen Allahs und seines Propheten verübt wurden, könnte man eigentlich als Zeichen von Toleranz und somit auch Integrationsbereitschaft werten. Sawsan Chebli (SPD) sieht das nicht so, sie regt sich über solcherlei tolerantes Verständnis auf. Die Genossin ist seit dem vergangenen Jahr Staatssekretärin für Bundesangelegenheiten des Landes Berlin und für Bürgerschaftliches Engagement in der Hauptstadt. Lassen Sie uns an dieser Stelle über die Berliner Landesregierung gnädig schweigen. Genossin Chebli ist ohnehin in ihrer vorherigen Funktion bekannter geworden. Als stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes glänzte sie mit etwas skurrilen Auftritten vor der Bundespressekonferenz. Insbesondere Tilo Jung von „Jung & naiv“ hat Sawsan Chebli stilprägende Aussagen entlockt. Ihre launige Bemerkung zu ihm in der Pressekonferenz, seine Frage nach der deutschen Mitverantwortung für Fluchtursachen sei ihr zu unverschämt, hatte ein Format, für das andere Länder einen Donald Trump brauchen.
Auch ihre Antwort auf die Frage, ob die Bundesrepublik neben dem „Islamischen Staat“ in Syrien auch die radikalislamische Al-Nusra-Front bekämpfen würde, beantwortete sie lässig mit: „Wir bekämpfen erstmal so niemanden, sondern wir sind an einem Kampf beteiligt, der sich gegen ISIS richtet.“
Die Scharia im Alltag einer Demokratin
Noch bevor sie ihr neues Amt übernahm machte sie noch einmal in einem gemeinsamen Interview mit ihrem Genossen Michael Müller, dem Regierenden Bürgermeister Berlins, auf sich aufmerksam. Manche hatten herausgehört, dass jetzt auch die Scharia zu Deutschland gehört. Aber so hat sie das ja gar nicht gesagt, sondern nur, dass sich das Grundgesetz mit der Scharia vereinbaren lässt:
Warum wird das immer als Widerspruch konstruiert? Alle reden über Scharia, aber kaum jemand weiß, was Scharia bedeutet. Scharia heißt auf Deutsch: Weg zur Quelle, also der Weg zu Gott. Sie regelt zum größten Teil das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen. Es geht um Dinge wie das Gebet, um Fasten, um Almosen. Das stellt mich als Demokratin doch vor kein Problem im Alltag, sondern ist absolut kompatibel, wie es für Christen, Juden und andere auch der Fall ist.
Wie sie das als Demokratin im Alltag beispielsweise mit der Todesstrafe für den Abfall vom Glauben regelt, wurde sie leider nicht gefragt. Aber vielleicht muss man das Grundgesetz einfach um den Passus ergänzen, dass alle darin niedergeschriebenen Grundrechte nur gelten, solange sie nicht islamischen Regeln widersprechen. Ganz so, wie in der Islamischen Charta der Menschenrechte. Wozu muss man auch öffentlich Zweifel am Islam äußern, vielleicht noch über die Religion und Allah spotten oder gar den Propheten karikieren? Recht hat sie natürlich, dass das aus Angst vor islamistischer Gewalt schon jetzt nur noch selten im Alltag vorkommt.
„Wir müssen uns nicht wundern, dass der so reagiert.“
Da kämpft nun Genossin Chebli mit Erfolg für den Islam und die Scharia in Deutschland und dann fallen ihr ausgerechnet ihre kopftuchtragenden Schwestern in den Rücken und äußern Verständnis für deutsche Vorbehalte gegenüber Muslimen. So jedenfalls schreibt sie es in einem Artikel für "Spiegel Online":
„Ich verstehe sie“, sagt meine Schwester. Ich: „Wen verstehst du?“ Sie: „Mich hat gerade ein Mann angerempelt und geschrien ‚Flüchtlinge raus‘. Und weißt du was, Sawsan? Ich nehme ihm das nicht mal übel.“
Das war kurz nach dem furchtbaren Terrorangriff in Hamburg. Meine Schwester trägt ein Kopftuch.
Ein paar Tage später erzählt mir eine andere Schwester – wir sind dreizehn Geschwister -, die gerade auf dem Weg zu meinem Vater ins Krankenhaus ist, dass ein Mann in einem Lieferwagen auf dem Krankenhausgelände die Fensterscheibe heruntergekurbelt und sie angebrüllt hat: „Verpisst euch endlich.“ – „Und was hast du gemacht?“, frage ich sie. „Nichts“, sagt sie, „wenn UNSERE Leute so viel Mist bauen, müssen wir uns nicht wundern, dass der so reagiert.“ Auch sie trägt ein Kopftuch.
Ich bin völlig platt. Und ich bin wütend.
Zwei Fälle in nur einer Woche und innerhalb einer Familie. Anstatt zurück zu schreien, die Typen zurechtzuweisen oder sich das Kennzeichen des Lieferwagens zu notieren, schweigen beide. Mehr noch: Sie zeigen Verständnis.
Welches ist jetzt eigentlich das mit einer freiheitlichen Gesinnung kompatiblere Verhalten? Sicher ist ein „Verpisst euch“-Ruf ein derart schlechtes Benehmen, dass man das nicht still hinnehmen muss.
Kopftuchtragende Toleranzvorreiterinnen
Das ist nicht schön, aber solange keiner direkt bedroht oder beleidigt wird, muss man auch solche Dinge in einem freien Lande aushalten. Freiheit gibt es nur, wenn es sie für alle gibt, auch für Dummköpfe. Und ihre Grenzen regeln Gesetze, die ebenso für alle gelten. Dass man dann für Menschen, die einem mit Verbalinjurien entgegentreten, auch noch Verständnis aufbringen kann, weil sich ihre Gedanken nachvollziehen lassen, zeugt von einer gewissen Größe.
Wenn uns Sawsan Chebli ihre Schwestern jetzt als kopftuchtragende Toleranzvorreiterinnen präsentiert hätte, wäre vielleicht manch ein Islamkritiker ins Grübeln gekommen. Warum schrieb sie nicht: Seht her, ihr Islamkritiker! Ihr behauptet immer, die kopftuchtragenden Frauen demonstrieren mit dem Schleier gegenüber den anderen, den unverschleierten Frauen die Höherwertigen zu sein. Ihr sagt, dass sei eines der vielen Zeichen der Islamideologie, mit denen man sich von den „Ungläubigen“ abgrenzt, die sich ohnehin irgendwann zu unterwerfen haben. Und nun seht ihr am Beispiel meiner Schwestern, dass sie viel mehr Verständnis für euch haben als ich. Sie haben trotz ihres Tuches um den Kopf die klare Einsicht, dass der Islam und damit auch die Muslime, die sich zu ihm bekennen, sehr wohl etwas mit denen zu tun haben, die im Namen Allahs und seines Propheten morden, weshalb sie dazu auch Stellung beziehen müssen. So wie sich jede Gemeinschaft, ob sie sich nach Weltanschauung oder Herkunft bestimmt, zu den Verbrechen derer verhalten muss, die im Namen dieser Gemeinschaft begangen werden. Seht her, die Schwestern der Sawsan Chebli haben diese Einsichten gewonnen, nur sie selbst, die sozialdemokratische Staatssekretärin braucht noch eine Weile dazu.
Ja, das hätte Sawsan Chebli schreiben können und hätte damit sicher viele ihrer Kritiker verblüfft. Doch sie bleibt sich treu. Zwar trägt sie äußerlich kein Kopftuch, doch im Geiste scheint es fester gezurrt zu sein als das ihrer Schwestern. Sie schrieb in Wirklichkeit:
Und meinen Schwestern habe ich gesagt: „Es ist richtig, dankbar zu sein, und auch ich versuche mich immer in die Lage des anderen zu versetzen. Aber ihr dürft euch niemals einreden lassen, ihr gehört nicht dazu.“
Aber wozu? Oft wollen oder dürfen sie ja nur zu den Kreisen gehören, in denen nicht gegen islamische Glaubensregeln verstoßen wird. Man will unter sich bleiben. Familiäre Vermischungen mit Einheimischen sind sowieso verboten, wenn nicht sichergestellt ist, dass der Nachwuchs muslimisch aufwächst. Diese Selbstausgrenzung ist bei den Islamverbänden, mit denen die Bundesregierung in der Deutschen Islamkonferenz zusammensitzt, Programm. Aber bevor man so in diese unschönen Details geht, ist Genossin Chebli schon bei der Sozialdemokratie, wie sie die Partei sieht:
Ich bin in die SPD gegangen und dort politisch aktiv geworden, weil sie sich für die Schwächsten einsetzt, weil sie sich immer gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus gestellt hat – und weil sie von Menschen wie mir nicht verlangt, dass wir unsere Identität aufgeben, um dazuzugehören.
Spitzenreiter bei Wendehälsen
Nur warum sollen dann die, die schon länger hier leben, Abstriche an ihrer Identität machen? Aber deren Identität ist sicher nicht Sache der Genossin Chebli. Da folgt sie wahrscheinlich lieber ihrer Genossin Aydan Özoguz, der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung und deren Feststellung: „… eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar.“
Sawsan Chebli hat einen solchen Satz nicht geschrieben oder gesagt, sie musste sich ja erst einmal an ihren Schwestern abarbeiten und ihnen die übergroße Toleranz austreiben. Genossin Özoguz hat den Kopf da freier, denn solche Probleme hat sie mit ihren Brüdern nicht. Hier vielleicht eine kleine aktuelle Kostprobe von Yavuz Özoguz, der die interessante Seite muslim-markt.de betreibt:
„Ist Israel illegal?“ Die einzige zukunftsträchtige Antwort darauf ist, dass jene Frage sich schon bald erübrigt haben wird. Israel in seiner heutigen Form wird es nicht mehr lange geben! Dann aber wird eine neue Frage gestellt werden müssen. Wie sind diejenigen zu beurteilen, die jahrelang die Verbrechen Israels mitgetragen haben? Wer wird für die Gelder verantwortlich gemacht, die Deutschland an Israel verschenkt hat und mit denen die Verbrechen erleichtert worden sind? Die Antwort auf derartige Fragen hat die deutsche Geschichte bereits mehrfach gegeben. Deutschland ist in vielem Spitze in der Welt, auch bei Wendehälsen. Kaum jemand wird zuvor auf Seiten Israels gestanden haben wollen. Wäre schön, wenn zumindest einige Bürger sich zur Wahrheit hinwenden, bevor die geschichtliche Entwicklung sie dazu zwingt.
In einem hat der Mann ja wirklich recht, bei Wendehälsen ist Deutschland wirklich spitze.