Herzlichen Dank liebe Berner Zeitung, Dank auch an fast alle anderen Schweizer Printmedien, ausser an 20 Minuten. Das Gratisblatt titelte nämlich: “Genmais macht unfruchtbar” und schrieb: “Die Diskussion um gentechnisch veränderte Lebensmittel bekommt ab heute eine neue schreckliche Dimension”. Die Gratisinformation lieferte den reinsten Horror und die anderen Zeitungen haben sich eine Superstory entgehen lassen? Das macht stutzig! Die Frage drängt sich auf, ob Gratisinformation besser oder schlechter ist.
Anlass für die Horrormeldung war ein Langzeitfütterungsversuch von gentechnisch verändertem Mais an Mäuse. Herausgekommen sind geringfügige Schwankungen rund um den Normalwert, also nichts. Die Studie wurde von einer Arbeitsgruppe an der Veterinärmedizinischen Universität Wien durchgeführt und sie ist beschämend. Erstens, weil für derart unsinnige Fragen in Österreich noch immer so viel Geld herum ist, und zweitens, wenn Genmais impotent macht würde, könnte man in Amerika schon längst auf die Antibabypille verzichten. Dem Studienleiter waren die Medienmeldungen auch peinlich. Es ist aber aus dem Ruder gelaufen, weil die Lausbuben von Greenpeace dahinter steckten und das Ganze aufgebauscht haben…
Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung hat anderntags gekontert: “Genmais macht impotent” oder “Wie mit einer wissenschaftlichen Studie Politik gemacht wird”. Erstaunlich, wenn eine Behörde Humor zeigt! Die nicht publizierte und nicht überprüfte „Studie“ wurde trotzdem im „Schweizer Bauer“ kommentarlos gebracht. Schliesslich stecken neben Greenpeace auch das österreichische FIBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) dahinter. Schliesslich sind die Biobauern für den Schweizer Bauern eine quasi päpstliche Autorität.
In der Schweiz hat aber sonst niemand diese Studie weiter kolportiert und dafür sei Dank. Schliesslich sind die Medien vorgewarnt. Es gibt genügend Journalisten die sich erinnern, wie sie damals von Greenpeace im Zusammenhang mit Brent Spar über den Tisch gezogen wurden. Selbst in Deutschland beobachtete man die Studie mit Humor. Der Focus wählte den sinnigen Titel “Genmais als Verhütungsmittel” und liess einen österreichischen Kollegen zu Worte gekommen, der den Umweltorganisationen “Missbrauch der Daten für ihre eigene Kampagne” vorwarf.
Die reisserische Greenpeace Story hat trotzdem einen Kern Wahrheit. Genmais ist eine Art Verhütungsmittel, allerdings nur auf geistiger Ebene. Jedes Mal wenn das Wort „Gen“ in den Medien auftaucht, tritt bei vielen Mitbürgern reflexartig eine Denkverhütung ein. Diese geistige Verhütung macht viele Menschen impotent. Impotent im Sinne von machtlos; man will die Sensation, den Spass haben, aber unter keinen Umständen mit neuen Technologien den Hunger der Welt bekämpfen.
Berner Zeitung vom 22. Nov. 2008