Michael Miersch / 24.12.2012 / 09:13 / 0 / Seite ausdrucken

Genderforschung im Tierreich - Teil 3: Blatthühnchen

Die so genannten „neuen Väter“ sind die Lieblinge der Medien. Wenn irgendwo einer am Sandkastenrand sitzt, wird er sofort interviewt oder er nutzt die Zeit, um selbst ein Buch darüber zu schreiben. Im Tierreich sind brutpflegende Männchen ebenfalls die Ausnahme, doch sie machen weniger Aufhebens darum und erfüllen in stiller Demut ihre väterlichen Pflichten. Zum Beispiel die Hähne der Blatthühnchen (Jacanidae).  Diese Familie von Wasservögeln aus der Ordnung der Regenpfeiferartigen ist in den Tropenregionen aller Kontinente verbreitet. Blatthühnchen haben nicht nur besondere Geschlechterbeziehungen, sie sehen auch ungewöhnlich aus. Mit ihren riesigen Füßen schreiten sie über Seerosen und andere schwimmende Blätter tropi-scher Wasserpflanzen, ohne dabei zu versinken.

Sieben der acht Blatthühnchenarten sind polyandrisch, das heißt, sie leben in Vielmännerei. Erfolgreiche Weibchen be¬sitzen einen Harem von drei bis vier Gatten. Der Bau der Schwimmnester aus Wasserpflanzen, das Ausbrüten der Eier und die Aufzucht der Jungen sind reine Männersache. Die Hennen wiegen mitunter fast doppelt so viel wie ihre Partner, und sind die reinsten Eierfabriken. Sie können bis zu vier Hähne mit voll¬zähligen Gelegen versorgen - und das sogar zweimal hintereinander. So brütet ein gut geführter Harem bis zu 32 Eier im Jahr aus. Nach der Eiablage kümmern sich die Hennen nicht mehr um die Eier, und vermeiden Kontakt zu den Küken. Droht den Jungen Gefahr durch Schlangen oder Krokodile, werden sie von den teusorgenden Hähne zwischen die Flügel genommen und davongetragen.

Dafür haben die Hühnchen einen üblicherweise männlichen Job übernommen. Als wahre Kampfhennen verteidigen sie die Grenzlinien ihrer Reviers mit Schnabel und Krallen heftig gegen Konkurrentinnen. Wird eine Haremsbesitzerin aus ihrem Revier vertrieben, zerstört die Siegerin alle Eier, und tötet die Jungvögel. Die Väter versu-chen ihre Brut zu verteidigen, unterliegen aber, weil sie kleiner und schwächer sind. Danach ge¬ben sie klein bei, folgen der Aufforderung der neuen Matriarchin und paa-ren sich mit ihr ohne zu murren.

Leider muss man sagen, dass das Modell „Blatthühnchen“ nicht sehr erfolgreich ist. Trotz der vielen Eier, die die Matriarchinnen legen, ist der Bruterfolg bescheiden. Mehr als die Hälfte der Eier werden bei den Raufereien der Kampfhennen, durch Regen, hohe Wellen und Raubtiere zerstört oder weggespült. Dies nun als Argument im Streit um die Rollenverteilung beim Menschen zu nehmen, wäre falsch. Denn immerhin existiert die Familie der Blatthühnchen seit über 20 Millionen Jahren, also viel länger als wir Menschen.

Mehr davon gibt es in… ??
ZWISCHEN TIEREN ? ?
Von Michael Miersch und Claudia Bernhardt ?
Nur auf Papier und nur hier:
http://shop.istprodukt.com/epages/es463735.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/es463735/Products/11.03.03

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