Anabel Schunke / 29.01.2018 / 06:25 / Foto: Pixabay / 31 / Seite ausdrucken

Gekaperte Gedenk- und Feiertage

Es soll ja Menschen geben, denen Gedenk- und Feiertage nicht besonders wichtig sind. Entweder, weil sich ihnen der Grund des Gedenkens nicht erschließt, oder weil sie der Auffassung sind, dass es um generelles Bewusstsein gehen sollte und dies an jedem Tag des Jahres und nicht nur zu einem bestimmten Datum gegeben sein muss.

Ich bin dennoch der Auffassung, dass Gedenk- und Feiertage ihre Berechtigung haben. Dass generelles Geschichtsbewusstsein und spezielles Gedenken einander nicht ausschließen und derartige Rituale letztlich sogar einen elementaren Beitrag zum kollektiven Gedächtnis und der Schaffung einer kollektiven Identität eines Volkes leisten.

Umso mehr ärgert es mich, dass der sogenannte Tag der offenen Moschee seit nun schon mehr als 20 Jahren auf den wohl wichtigsten Feiertag der Deutschen – den Tag der Deutschen Einheit – fällt. Ganz bewusst wurde dieses Datum damals gewählt, um – wie der erzkonservative Zentralrat der Muslime begründete – eine „religionsübergreifende Verständigung“ zu verdeutlichen. Das Selbstverständnis der Muslime, Teil des 1990 wiedervereinigten deutschen Staates zu sein, solle so ebenso zum Ausdruck gebracht werden wie die Verbundenheit mit allen nicht-muslimischen Bewohnern Deutschlands.

Das Paradoxon, einen separaten eigenen Veranstaltungstag als Zeichen der Verbundenheit zu verkaufen, scheint bis heute niemandem zu stören. Der simple Gedanke, den Tag der Deutschen Einheit, sofern man sich selbst als Teil des deutschen Staates identifiziert, einfach mitzufeiern, ebenso wenig.

Darüber hinaus zeigt das Bestreben, dass ausgerechnet an diesem areligiösen Tag auch die religiöse Verständigung befördert werden soll – einmal mehr auf, worum es den Initiatoren eigentlich geht: Um ihre Befindlichkeiten, um Aufmerksamkeit für ihre religiösen Belange und ihren Stellenwert in der Gesellschaft und eben nicht darum, sich als Teil der deutschen Gesellschaft zu verstehen und in diese einzufügen.

Keinerlei Respekt für die Tage, die uns wichtig sind

In diesem Land befassen wir uns mittlerweile gefühlt 365 Tage im Jahr mit dem Islam und seinen Auswüchsen. Für die eigenen Belange, das Bedürfnis nach angemessenen fortschrittsorientierten Themen, wie für eine moderne Gesellschaft angemessen, ist schon lange nicht mehr viel Raum in der öffentlichen Debatte übrig.

Während man in China Ideen und Technologien entwickelt, um zum Silicon Valley aufzuschließen, sprechen wir über Kopftücher als Zeichen der Emanzipation und Schweinefleischverbot in Kantinen, Legalisierung von Polygamie und getrennte Schwimmzeiten für Frauen und Männer. Während es für jene Länder mit geringem Anteil an Muslimen in der Bevölkerung weiterhin schnurstracks in Richtung Fortschritt und Zukunft geht, scheint man sich in Deutschland nach einem Comeback voraufklärerischer Zeiten zu sehnen.

Das ist der Grund, weshalb ich es mittlerweile persönlich nehme, wenn Muslime dann auch noch die wenigen Tage im Jahr, an denen es einmal nicht um ihre Befindlichkeiten und gesellschaftlichen Forderungen geht, für ihre Zwecke okkupieren. Tage, an denen es einmal um uns sogenannte „Nicht-Muslime“ und unsere kollektive Identität als Deutsche gehen sollte. Die Bevölkerungsgruppe, die stets am meisten und lautesten Respekt für sich und ihre Belange einfordert, zeigt keinerlei Respekt für die Momente, die Tage, die uns wichtig sind, an denen wir innehalten und gedenken wollen.

Was an dieser Rücksichtslosigkeit und Ignoranz oder gar dem Missbrauch von staatlichen Gedenk- und Feiertagen deutlich wird, ist letztlich genau das Gegenteil von dem, was der Zentralrat der Muslime vorgibt, erzielen zu wollen. Es ist nichts anderes als eine weitere Offenbarung dessen, was wir nur allzu oft im Alltag durch die muslimische Parallelgesellschaft zu spüren bekommen: die nicht vorhandene Identifikation mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft, ihrer Identität, ihren Werten, ihren Gefühlen und Gedanken, schlicht mit den Dingen, die uns als wichtig erscheinen. Verfolgt wird ausschließlich die eigene Agenda einer Lebenswelt, die nur allzu oft nicht das Geringste mit unserer und schon gar nicht mit einer Identifikation als Deutsche zu tun hat.

Nahöstliche Konflikte dringen in unseren öffentlichen Raum

Anders lässt sich für mich nicht erklären, weshalb man es ebenfalls für eine gute Idee hält, die kurdischen Proteste in Köln und andernorts ausgerechnet auf den Holocaust-Gedenktag zu legen. Mag sein, dass dieser Tag auch dem ein oder anderen Deutschen am Hintern vorbeigeht, aber der zieht wenigstens nicht randalierend oder prügelnd durch die Straßen.

Uns so ist und bleibt es eine Schande, dass, während die politische und mediale Elite dieses Landes eine „nationale Kraftanstrengung“ des Erinnerns betreibt, sich Menschen in Köln versammelten, um die Konflikte ihrer Heimatländer auf deutschem Boden auszutragen. Dass, während wir in angemessener Ruhe und Stille das Einende betonen, andere das Trennende hervorheben. Dass der Hass, der einst in einem der grausamsten Ereignisse der menschlichen Geschichte mündete, ausgerechnet heute in anderer Form wieder Raum auf öffentlichen Plätzen geboten bekommt, als wären die antisemitischen Proteste im Winter vergangenen Jahres nicht schon widerlich genug gewesen.

Seit Jahrzehnten warnen Experten und Kritiker der Einwanderung aus islamischen Ländern vor dem Import nahöstlicher Konflikte. Heute müssen wir feststellen, dass sie nicht nur immer stärker im öffentlichen Raum zutage treten, sondern auch jegliche Rücksicht auf das Land und die Menschen, die hier „schon länger leben“ übertünchen. Eine Identifikation gibt es bei vielen nach wie vor nur mit dem eigenen Herkunftsland und den dortigen Problemen.

Als Resultat bin ich auch nicht länger gewillt, mich für muslimische Mitbürger und ihre Anliegen zu interessieren. Selbst meine durchaus vorhandene Sympathie für die hier lebenden Kurden kommt mir angesichts der Respektlosigkeit, mit der man die eigenen Interessen auf die Straße trägt, mittlerweile abhanden. Es sind nicht meine Konflikte, und zumindest an Tagen wie diesen möchte ich einmal nur für die eigene Geschichte Verantwortung tragen und nicht auch noch für den Rest der Welt.

Kein Bezug zu uns und unserer Geschichte

Nein, ich bin nicht mehr länger bereit, Menschen und ihre Anliegen zu respektieren, die mich und die Dinge, die mir wichtig sind, nicht respektieren. Die diesen Staat und seine Bürger immer nur anrufen, wenn es um ihre Rechte geht, aber nie um ihre Pflichten als Bürger dieses Landes.

Währenddessen lässt Angela Merkel heute über ihren Regierungssprecher verlauten, dass sie mit ihrer „ganzen Kraft“ dafür eintreten wird, dass jüdisches Leben in Deutschland weiterhin möglich ist. Dafür wäre jedoch notwendig zu erkennen, dass man mit der deutschen Einwanderungspolitik nicht nur seit Jahrzehnten Antisemitismus importiert, sondern vor allem einen Bevölkerungsteil geschaffen hat, der weder Erinnerungskultur noch kollektives Geschichtsbewusstsein und Identität mit uns teilt.

Dass die Voraussetzung für ein „Nie wieder“ im Bewusstsein über die Annahme der eigenen Geschichte und damit der Verantwortung als Volk liegt – und dass da dementsprechend kein Bewusstsein bei Menschen ist, die sich nicht als Teil dieses Volkes identifizieren.

Erinnerung und der daraus resultierende Wille zum „Nie wieder“ sind damit an Voraussetzungen geknüpft, die in Deutschland nicht zuletzt durch die Einwanderung aus mehrheitlich islamischen Ländern seit Jahrzehnten immer weniger gegeben ist. Der Bezug zu uns und unserer Geschichte ist bis heute kaum vorhanden. Die Verhaftung mit den Konflikten der eigenen Herkunftsländer umso mehr. Am Ende werden wir diese allesamt hier austragen, und #WeRemember in Bezug auf die eigene Geschichte wird nicht mehr als ein frommer Wunsch sein.

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Franck Royale / 29.01.2018

Es klingt brutal, aber ich würde sagen: die Deutschen haben die ewige Strafe für den Holocaust gesucht, verdient und gefunden. Vielleicht in dieser Form so nicht gewollt, und natürlich auch haarsträubend ungerecht, weil sie unterschiedslos faktisch jeden trifft. Aber nun ist sie halt da, und die werden sie bis ans Ende ihrer kulturellen Existenz nicht mehr los. Es sei denn, jemand erlöst sie - sie selber können es nicht. Klingt nach Drama? Ist Drama.

B.Rilling / 29.01.2018

Natürlich wird das so sein und es wird sich zukünftig verstärken. Und es scheint so gewollt, denn wenn man diese Missstände anspricht, dann wird man als ausländerfeindlich gebrandmarkt. Stattdessen wird so getan, als ob das große Problem des Antisemitismus ganz und gar aus der “rechten Ecke” kommt. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich verurteile jegliche Form von Antisemitismus. Bei Anne Will da nannte man als große Gefahr, das Erstarken der AfD. Fast kam es mir so vor, als würden hier weit über die Hälfte aller Deutschen rechtsnationalistischem Gedankengut anhängen. Sie sagen dort, dass 15 bis 20 Prozent der deutschen Bevölkerung antisemitische Einstellungen hätten. und das wage ich sehr zu bezweifeln. Oder ich lebe in einer politischen Filterblase. Ich kenne keinen einzigen Deutschen, der diese Einstellung besitzt. Jeder Einzelne betrauert den furchtbaren Holocaust in Deutschland und tritt entschieden dafür ein, dass sich dieses nie wiederholt. Ich glaube eher, dass es 15-20% der Bevölkerung Deutschlands ist. Und dass liebe Freunde, ist ein riesen Unterschied!

Judith Hirsch / 29.01.2018

“Dafür wäre jedoch notwendig zu erkennen, dass man mit der deutschen Einwanderungspolitik nicht nur seit Jahrzehnten Antisemitismus importiert.” Leider ist das absolut zutreffend. Wir holen uns nicht erst seit 40 Monaten Judenhasser ins Land, sondern schon 40 Jahre. Ich habe in den Achtzigern eine Realschule in Berlin besucht und schon damals war das häufigste Schimpfwort “Jude”. Früher wurde auch schon, von Seiten der Schule, nichts gegen messerschwingende, prügelnde und grapschende Türken und Libanesen unternommen. Allerdings nicht, weil man sich einer linken Agenda verpflichtet fühlte, sondern aus purer Angst vor den Familienclans. P.S. Liebe Anabel, warum sehe ich sie nie in TV-Talkshows, wollen sie nicht oder werden sie nicht eingeladen?

Frank Holdergrün / 29.01.2018

Jeden Satz kann ich nur doppelt unterstreichen, vielen Dank Frau Schunke! Der Gipfel aller Zumutungen wurde gestern Abend bei Anne Will erreicht. Frau Chebli durfte minutenlang in verbalen Endlosschleifen Erinnerungskultur für Deutsche einfordern. Dies ist wohl noch nicht genug und noch nicht von allen formuliert worden. Denn der Rassismus der Deutschen sei auch deswegen so schlimm, sagte Chebli, weil sie nach Juden jetzt logischerweise auch die Minderheit der Muslime hassen. Eine intellektuelle Glanzleistung, in der die Aussagen eines neben ihr sitzenden Vaters eines jüdischen Jungen, an dem eine Scheinhinrichtung vorgenommen wurde, nur ganz leise sagen durfte, das seien türkische und arabische Kinder gewesen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Nachdem man dachte, mit Özuguz sei in der SPD der Gipfel des Unerträglichen erreicht, holt diese bedauernswerte Partei mit Chebli nun noch weiter aus, um ihr einstelliges Ergebnis zu festigen.

Andreas Möller / 29.01.2018

100% Zustimmung. Und nicht nur die aufgeführten Beispiele sind zutreffend. Seit einigen wenigen Jahren hier in Berlin mehr als offensichtlich: Spätestens ab dem 4. Advent, und an Heiligabend und den beiden folgenden Feiertagen dann ganz besonders, muss es für diesen Kreis bereits irgendwo einen weihnachtlichen Vorverkauf von Böllern geben, denn pünktlich zu unserem stillen Fest wird dann reichlich davon Gebrauch gemacht, insbesondere jeweils in der abendlichen Stille. Es kann natürlich auch nur Zufall sein…..

Albert Dambeck / 29.01.2018

Bravo! Ich kann mich dem nur anschließen.

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