Ja, kann das sein? Sind die Engländer möglicherweise normaler als wir Deutsche? Da hier von der Insel der Exzentriker die Rede ist, klingt das wie eine kühne These. Ein Blick auf die Steuerpolitik und die Reaktionen, die sie hervorruft, legt aber den Schluss nahe, dass diese These nicht kühn sondern korrekt ist.
In England ist ja gerade Wahlkampf und Gordon Brown hat seinen Landsleuten eine Erhöhung der Sozialabgaben und höhere Steuern für Besserverdienende in Aussicht angekündigt. Und da für Englands Labour Party wie für unsere Sozialdemokraten die Besserverdienenden schon beim Facharbeiter beginnen, müssen sich im Falle eines Laboursieges viele Millionen auf höhere Steuern und Abgaben einstellen. Und was geschieht? Das nach Menschenermessen Erwartete: Die Briten, allen voran ein mächtiges Bündnis von Arbeitgebern, hauen dem noch amtierenden Premierminister vor allem die geplanten höheren Sozialabgaben um die Ohren. Mit anderen Worten: Der Versuch, beim Wähler mehr Knete für den Staat herauszuholen, kommt gar nicht gut an. Die Erhöhungspläne drohen für Gordon Brown zum Wahlverlierer zu werden.
Ich finde: Eine völlig normale Reaktion. Wer lässt sich schon gern vom Staat mehr Geld aus der Tasche ziehen!
Ja, wer wohl. Wir Deutsche. Die FDP und die CSU sind bei uns ja mit der Absicht angetreten, die Steuern zu senken, also den Leuten mehr Geld in der Tasche zu lassen. Auch die CDU hatte sich, wenngleich zähneknirschend, mit diesem Gedanken angefreundet. Dann aber ging das Donnerwetter los. Was? Steuersenkungen? Mehr Geld für die Bürger? Ja spinnen die denn, die Politiker? Der Widerstand gegen die Steuersenkungen wuchs derart, dass sich nacheinander CDU, CSU und dann auch die FDP von dem Gedanken an baldige spürbare Erleichterungen für die Bürger verabschiedeten.
Also: Die Briten machen Protest, weil man ihnen mehr Geld aus der Tasche ziehen will. Wir Deutsche laufen dagegen Sturm, dass man uns mehr Geld in der Tasche lassen will.
Wer von uns bitte ist der Normalere?