Von Peter Grimm. Wahrscheinlich hat der Islam auf einem Evangelischen Kirchentag noch nie so eine große Rolle gespielt, auch dann wenn über ihn lieber geschwiegen wurde. Und wenn der kirchliche Umgang mit Muslimen von einem Muslim kritisiert wurde, konnte es offenbar auch ganz interessant werden:
Es brauchte wohl einen Muslim, um die Christen von einer ihrer beliebtesten Relativierungen abzubringen. Nur ein Anhänger des Islam hat offenbar genug Überzeugungskraft, um Protestanten klarzumachen, dass sie bei Debatten über muslimische Gewalt nicht immer sofort auf Gräuel in der eigenen Geschichte verweisen sollten. Diesen Verweis gab es auch jetzt wieder, als auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin über die Gewaltaffinität des Islam diskutiert wurde. Da wurde aus dem Publikum in der Sophienkirche alsbald auch an Schandtaten von Protestanten und Katholiken erinnert.
Heftig zurückgewiesen aber wurde dies von dem Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi. Für Muslime könne an der christlichen Gewaltgeschichte „nur der heutige Umgang mit dieser Vergangenheit“ interessant sein, sagte Ourghi und meinte damit die selbstkritische Auseinandersetzung der Christen mit ihrer Geschichte. Diese Selbstkritik aber fehle im Islam.
Deshalb hätten Reformmuslime überhaupt nichts davon, wenn dem islamischen Schrecken immer der christliche an die Seite gestellt werde. „Sie helfen uns nicht mit diesem Vergleich“, rief Ourghi ins Publikum – und erhielt großen Beifall.
Link zum Fundstück