Tobias Kaufmann / 07.03.2007 / 10:58 / 0 / Seite ausdrucken

Für den Klimaschutz: Muss fliegen deutlich teurer werden?

Hier mein Contra:

Reden wir mal nicht über Kohlendioxid, sondern über das Klima. Nicht über jenes, das sich so rasant wandelt, dass es 2005 für Unmengen Schnee und 2006 für das Gegenteil verantwortlich gemacht wird. Reden wir über das gesellschaftliche Klima. Unter dem Eindruck der UN-Berichte grassiert ein verqueres Denken, das sich auf drei Säulen stützt. Die erste ist: 2020 geht die Welt unter - und der Mensch ist schuld. Die zweite: Wer daran zweifelt, wird von der Industrie bezahlt. Die dritte: Wir müssen verzichten, wenn wir entkommen wollen.

Mit Wissenschaft hat das nichts zu tun. Konsens ist: Die Erde erwärmt sich, der Mensch hat daran großen Anteil, wir sollten darauf reagieren. Der Rest ist kein Konsens, sondern Teil von Debatten. So sollte es zumindest sein. Doch das besagte Klima lässt kaum Widerspruch zu. Wer auch nur erwähnt, dass die Erdgeschichte natürliche Temperaturschwankungen aufweist, wird als „Klimaleugner“ verunglimpft.

Und weil das Thema so komplex ist, werden Details zur entscheidenden Größe aufgeblasen. Nehmen wir das Fliegen. Die Menge CO, die ein Flugzeug ausstößt, ist zwar unabhängig vom Ticketpreis, aber deutscher Politik fällt zum Thema „Umwelt“ schon lange nichts anderes mehr ein, als Zusatzsteuern zu erheben. Dahinter steht eine elitäre Anmaßung. Während das gemeine Volk nicht mehr fliegen soll, werden sich unsere besorgten „Talking Heads“ 100 Euro mehr fürs Ticket immer leisten können. Die Idee, die Deutschen sollten zu Hause urlauben, statt ihr Geld Nordafrikanern in den Rachen zu werfen, hatte vor den Umweltpolitikern übrigens schon die NPD.

Es ist unumstritten, dass es besser wäre, nicht sinnlos zu fliegen - zum Beispiel nach Nairobi, um dort beim Weltklimagipfel ein wirkungsloses Klimaprotokoll zu bereden. Aber über den Preis für eingeschränkte Mobilität sollten wir uns im Klaren sein. Vor allem, wenn von dem zusätzlichen Geld, das der Staat einnimmt, kein Cent klimapolitisch wertvoll verwendet wird. Sind Busse und Bahnen billiger geworden? Werden Mineralöl- und Ökosteuer genutzt, um Zukunftstechnologie zu fördern? Die Abermilliarden, die fürs Kyoto-Protokoll verheizt werden, hätte man besser ausgeben können. Für Deichbau oder für wassersparende Landwirtschaft.

Nigel Lawson, unter Margaret Thatcher britischer Schatzkanzler, ätzt, „Klimawandel-Fundamentalismus“ sei Europas Antwort auf die schwindende Bedeutung der Religion: „Die grünen Propheten und die »globale Heilsarmee« haben dieses Vakuum gefüllt.“ Die „Klima-Maßnahmen“ dieser Tage sind der Ablasshandel solcher Ideologie. Er rettet die Welt nicht, er beruhigt nur das Gewissen.

Der Text und das dazugehörige PRO von meinem Kollegen Peter Seidel ist erschienen im Kölner Stadt-Anzeiger, 7.3.07

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