Die Profitsuche auf Kosten von Verunglückten war schon immer fragwürdig, nur spielen die Medien darin ihre eigene Rolle: Wer zwingt sie dazu den Selbstdarstellern ein Podium zu geben?
“Kommen [die Politiker] nicht, sind sie kaltherzig und desinteressiert. Kommen sie, sind sie Selbstdarsteller….” Meine auch ich. So viel Kräfte werden sie nicht gebunden haben. Viel schlimmer als ein vielleicht redundanter Besuch einiger hochgestellter Politiker an der Absturz-Stelle erscheinen mir die schon wieder ausufernden Verschwörungstheorien zum Hergang, die im Gegensatz zur Evidenz gesponnen werden. Die gestrigen Ausführungen des Marseiller Staatsanwalts Brice Robin waren wohldurchdacht, klar, präzise und mieden Spekulationen. Die wird man mit solchen Theorien nicht ausräumen können. Man wird sich mit der Annahme einer Wahnsinns-Tat abfinden müssen, die bei aller Inghenieurskunst nicht vorausgesehen und nicht verhindert werden konnte, weil sich solche Personen nicht menschlich verhalten.
Bei diesem Katastrophentourismus geht es gar nicht darum, was die allgemeinen Bürger und auch die Betroffenen dazu sagen. Geht alleine um das Verhältnis zwischen politischen Akteuren und Medien. Die einen brauchen die Medien, um ihre Bestürzung zu zeigen, die anderen brauchen tolle Bilder, um die Seiten mit irgendeinem Inhalt zu füllen, beiden geht es um Selbstdarstellung und Selbstvermarktung. Es wäre auch die Journaille, die das Fehlen der Politiker/innen als kaltherzig und desinteressiert anprangern würden (ihnen fehlen ja dann die Bilder), nicht die Bürger. Obwohl ich politisch sicher ganz woanders stehe und die NRW-Schulpolitik nicht gutheiße, der Gang von Frau Löhrmann nach Haltern ans Gymnasium war der richtige und für diese auch ein schwerer Gang. Vielleicht hätte auch Frau Kraft statt des Fluges nach Frankreich lieber den Weg zu den vergebens wartenden Angehörigen am Düsseldorfer Flughfen wählen sollen.
@ Dieter Müller Das wäre mit der richtigen Aussage: “Wir/Ich wollen/will die Arbeit der vor Ort befindlichen Bergungsmannschaften und Spezialisten nicht stören! Darum bleiben wir/bleibe ich hier und lassen uns/lasse mich regelmäßig über den Stand der Dinge unterrichten!” aus der Welt. Das würde jeder einsehen! So kommen mir die “sich vor Orte begebenden” Politiker eher vor wie Gaffer beim Unfall auf der Autobahn, die wir zu recht verurteilen!
Hatte ganz ähnliche Gedanken. Den Politiker-Katastrophen-Tourismus kann ich nicht ausstehen. Und am Ort der Katastrophe, um zumindest im Stillen zu gedenken, waren sie sowieso nicht, denn dieser ist für Merkel und Steini unerreichbar (bei Dobrindt weiß ich es nicht). Das wäre eigentlich eine Stunde für die Kirchen, für die Seelsorge. Denn die allermeisten der deutschen Opfer waren wohl (Taufschein)-Katholiken und -Protestanten.
Wenn die Amtierende Bundespräsidentin der Schweiz, Frau Sommaruga, zum Schauplatz dieses leidvollen Unglücks geeilt wäre, hatte es wohl diesen herabschätzenden Kommentar der Basler Zeitung nicht gegeben. “Politischer Katastrophentourismus” - ich fasse es einfach nicht, zumal ich im Land der begrenzten Unmöglichkeiten und der sogenannten politischen Korrektheit lebe.
Angesichts dieses Kommentars gilt den Politikern ausnahsmweise mal mein Mitleid (ja ja, den Politikerinnen natürlich auch). Kommen sie nicht, sind sie kaltherzig und desinteressiert. Kommen sie, sind sie Selbstdarsteller….
Sprachlosigkeit ist schwer zu vermitteln. Vielleicht war Dienstag morgen ein Pilot auch nicht recht imstande, mitzuteilen, was ihm auf der Seele lag, und so sagte ihm niemand: bleib hier! Wir finden für den Flug einen Ersatzmann!
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