Lieber Dirk, bei der Lektüre deines Textes „Das Märchen mit den drei Planeten: Heute ist Welt-Misanthropen-Tag“ hat mich besonders gefreut, dass zum Schluss noch ein Lied erklingt. Ich bin schließlich bekennender Liedermacher und erlaube mir eine selbst gemachte (Liedermacher machen bekanntlich alles selber) Übersetzung des berühmten Liedes beizulegen, das eigentlich aus zwei Liedern besteht: aus 'Over The Rainbow' und 'Wonderful World' von Israel Kamakawiwoʻole, dem sanften Riesen (das sind die, die im Flugzeug nicht auf die Toilette passen).
In beiden Liedern ist der Regenbogen das zentrale Motiv - er ist hier allerdings nicht als Symbol für sexuelle Vielfalt gemeint, sondern als Zeichen für die Schönheit und den besonderen Glanz der Welt. Du zitierst das Original von Armstrong, das zwei interessante Unterschiede enthält (kurz: beim sanften Riesen kommt die bemerkenswerte Zeile vor "I like the dark", die es so bei Armstrong nicht gibt und bei der Frage um das zukünftige Wissen heißt es bei Armstrong "ich", so wie zitiert, und beim Riesen "wir").
Das ist auch genau die Stelle, zu der ich eine Kritik anbringen will - oder sagen wir mal: einen Kommentar. Die Kritik kommt nicht von mir, sondern von meinem Vater, also aus der vorhergehenden Generation. Er sieht das anders. Zunächst das Lied in voller Länge, das du gerne locker überfliegen kannst, ich habe mich bemüht, die Leichtigkeit einzufangen, so dass es eben nicht "bemüht" wirkt. Daher auch – zur Auflockerung – ein bisschen Uh, hu, hu.
Hier meine oben erwähnte Übersetzung:
Mein blauer Vogel
Über Dächer und Wolken
hoch im Wind,
wo die Träume der Menschen
noch längst nicht verflogen sind-i-ind. Uh, hu, hu – oh!
Wo auch mein blauer Vogel
heimlich fliegt und
all die Kümmernis hier
in ganz weiter Entfernung liegt-ie-iegt, uh, hu, hu!
Selbst wenn ich gar nicht fliegen kann,
glaube ich noch immer an
das leichte Le-e-ben!
Hoch über jedem Streit und Kampf,
über Qualm und Pulverdampf,
da will ich schwe-e-ben. Hoch
über Dächer und Wolken
hoch im Wind,
wo die Aussichten sehr, sehr viel
schöner und klarer sind-i-ind, ei-ei-ei:
Ich seh’ Blumen am Weg
und erkenne sogar,
wie sie blühen, so als wären
sie nur für uns da,
und dann denk ich mir so:
Gar nicht schlecht, diese Welt!
Die Wolken so weiß
oder Brieftauben-grau.
Doch ich weiß nicht genau,
ob nicht die Nacht
mir noch besser gefällt:
Gar nicht schlecht, diese Welt.
Wo Regenbogenfarben
im Abendsonnenlicht
Spiegelbilder haben
im menschlichen Gesicht.
Wo ein Paar sich umarmt,
und sie flüstern sich zu:
- was man sonst im Film kennt -
„I, ... I love you.“
Und die Kinder brüllen,
so als würden sich nie
ihre Wünsche erfüllen,
und doch werden sie
viel mehr wissen, als man
sich jetzt vorstellen kann. A-a-a!
Selbst wenn ich gar nicht fliegen kann,
glaub ich noch immer an
das leichte Le-e-ben!
Hoch über jedem Streit und Kampf,
über Qualm und Pulverdampf,
da werd ich schwe-e-ben.
Über Dächer und Wolken
hoch im Wind,
wo die Träume vom Glück
noch ohne Erfüllung sind.
Bei mir kommt also an der kritischen Stelle weder "ich" noch "wir", sondern "man". Was ist nun der Einwand von meinem Vater (der nicht nur der älteren Generation angehört, sondern sich auch obendrein mit dem Wissen der Generationen vor ihm gut auskennt und weiß, welche Fremdsprachen Rousseau im Alter von zehn Jahren beherrschte - solche Dinge halt. Er meint: Die schreienden Kleinkinder der zukünftigen Generation werden nicht "mehr" wissen, sondern "etwas anderes". Aha. Hat sich hier also der (zu) einfache Wachstums- und Fortschrittsgedanke auch auf das Nicht-Materielle übertragen - die Vorstellung von einem Mehr-Mehr-Mehr, bis wir platzen? So schön das Lied ist ... dieses Mehr, Mehr, Mehr stimmt nicht.
La, la, la:
Dein Bernhard