Thomas Rietzschel / 11.07.2014 / 12:45 / 10 / Seite ausdrucken

Esel bleibt Esel

Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis tanzen. Von der Bundesregierung wird uns das in Berlin eben mal wieder vorgeführt. Die Ausweisung eines amerikanischen Diplomaten wegen des Verdachtes amerikanischer Spionage in Deutschland ist eine ausgemachte Eselei.

Statt die Angelegenheit zu bereinigen, wie es sich gehört; statt mit den Verrätern im eigenen Land abzurechnen und ansonsten dem eigenen Geheimdienst Beine zu machen, geben die Knalltüten der Groko das Rumpelstilzchen, indem sie sich moralisch aufplustern. Für den innenpolitischen Zirkus riskieren sie die weitere Entfremdung von einem Bündnispartner, hinter dessen breiten Rücken sie sich ansonsten, geht es um Konflikte im Nahen Osten, in Afrika oder sonst wo auf der Welt geht, nur allzu gern verstecken.

Nicht nur, dass sie offizielle Vertreter Amerikas wegen bislang unaufgeklärter Vorwürfe wie die Residenten Nordkoreas behandeln, sie dünken sich auch noch intellektuell erhaben über den atlantischen Partner. Wolfgang Schäuble, unser durchgeknallter Schuldenbaron, fühlte sich gar bemüßigt, das Verhalten der Amerikaner „so was von blöd“ zu nennen, dass man „über so viel Dummheit … auch nur weinen“ könne.

Mit hochnäsiger Moralhuberei erspart man sich die politische Auseinandersetzung. Kein Gedanke daran, dass die Deutschen selbst den Amerikanern Anlass zu einem gewissen Misstrauen, wenigstens zu erhöhter Wachsamkeit gegeben haben könnten – sowohl durch den fröhlich um sich greifenden Antiamerikanismus als auch durch die außenpolitische Osterweiterung. 

Mit welchem Recht beklagen wir denn den Vertrauensverlust der Amis, wenn wir uns mehrheitlich (zu 57 Prozent) eine größere außenpolitische Unabhängigkeit von den USA wünschen, wenn die Bundeskanzlerin und ihr Außenminister stolz darauf sind, einen besonders guten Faden mit Vladimir Putin zu spinnen, wenn Angela Merkel den chinesischen KP-Führern hierzulande den roten Teppich ausrollt, sofern sie nicht gleich mit ihren Ministern zur Beratung nach Peking aufbricht, beinahe schon regelmäßig.

Das alles kann man tun, keine Frage. Nur sollte man dann auch nicht die beleidigte Leberwurst spielen, wenn einem die einstigen Freunde nicht länger blindlings vertrauen wollen. Für jede wahre Großmacht versteht sich das von selbst. Das aber sind die Deutschen nie gewesen. Ihnen sind immer nur die kurzzeitigen Erfolge zu Kopf gestiegen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Wieder einmal droht uns der wirtschaftliche Erfolg um den politischen Verstand zu bringen; wieder einmal sind wir drauf und ran, den Schulmeister der Weltpolitik spielen zu wollen, und das nicht nur in Europa, sondern nun auch Amerika gegenüber, indem wir eine an sich läppische Spionageaffäre nutzen, um dem Verbündeten, der uns die Demokratie verpasste,  gehörig den Marsch zu blasen.

Der Esel, der auf dem Eis tanzt, bleibt aber immer ein Esel, über den sich die anderen amüsieren, über den sie in Moskau ebenso lachen werden wie in Peking, selbst wenn er am Ende gar noch Fußballweltmeister werden sollte. 

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Rainer Ebbsfeld / 12.07.2014

Also ich fress einen Besen, wenn die Geschichte ihren Ursprung nicht in der Lubjanka hatte. Eigentlich genügt der Hinweis, dass eine unverschlüsselte Mail mit verdächtigem Inhalt an die Russen abgefangen wurde! Das ist doch sehr merkwürdig, wer geht schon so naiv vor? Es ist doch allseits bekannt, was die elektronische Nachrichtentechnik mittlerweile alles kann und va. mit welchen Mitteln Offiziere und Geheimdienstler überprüft werden! Ich nehme stark an, der FSB hat sich da ein paar Tricks zu nutze gemacht, damit die email im dt. Schlapphutnetz landet. Es passt mE sehr gut ins Muster der vergangenen Monate, dass Putin dahinter steckt. Snowden, privates Regierungsgequassel in Polen, der Angriff auf die bulgarische Währung etcpp. Da wird mit Sicherheit noch einiges kommen, angesichts der Allmacht des russischen Geheimdienstes wird der Köcher für Subversives gerammelt voll sein. Das beste, was die dt. Regierung hätte machen können ist die Angelegenheit im Hintergrund zu regeln und die USA eindringlichst darauf hinzuweisen, alles auf den Tisch zu legen, damit die Sache zum einen auch für evtl. noch kommende Aktionen abgehakt werden kann und zum anderen neue Informationskanäle zu schaffen, damit der (offenbar intensiv gewünschte) Austausch reibungslos klappt. Es ist ja kein wirkliches Geheimnis, dass sich die Dienste brauchen und ich nehme an, die USA bevorzugen gute (Informations-) Beziehungen gegenüber einem widerwilligen (Sub-)Partner, der anfängt die Krallen auszufahren. Man kann da mit Sicherheit einen guten Deal rausholen, zumal die dt. Geheimdienstkrallen recht scharf sein könnten. Nur, dafür muss es eben etwas diskreter ablaufen. Sinnfrei per Medien empören und patzige Reaktionen aus der Nase rauspopeln sind nicht allzu konstruktiv.

Leo Weise / 12.07.2014

Lang muss man suchen um endlich einen angemessenen Kommentar zu dieser leidigen, künstlich angestachelten ‘Spionageaffäre’ zu finden. Danke dafür, aber es wird bei weitem nicht ausreichen. Die ‘wirtschaftliche Macht’ wird schneller am Ende sein als man TTIP sagen kann und dann beginnt das große Jammern, aber auch dafür werden die Amerikaner dann wieder als Sündenböcke herhalten müssen. Es ist was faul im Staate Deutschland und es stinkt schon fürchterlich.

Simone Silvan / 11.07.2014

Schön zu sehen, dass die Deutschen sich mal wieder wie die verfolgte Unschuld fühlen. Ganz vergessen, dass Deutschland den Terroristen als Rückzugsraum diente: ihr tut uns nichts und wir lassen euch morden. Dann hat es die Amerikaner erwischt und ein paar Tausend Menschen tot- und von deutscher Schuld war natürlich nie die Rede. ( Man erinnert sich noch an die Hamburger Terrorzelle?!) Wie ja auch der Iran mit Hilfe deutscher Unternehmer bald die Atombombe hat und die Bundesregierung zuschaut, wie die Sanktionen umgagngen werden. Aber wie gesagt,Deutschland ist ja die Unschuld vom Land.

Gerhard Sauer / 11.07.2014

Ein Freund, ein guter Freund … Haben Sie schon einmal einen amerikanischen Politiker von Deutschland als Freund sprechen hören? Ich jedenfalls nicht. Sie bezeichnen Deutschland als Partner, z. B. in Afghanistan oder in der Nato, die Steigerung Freund kommt ihnen nicht über die Lippen. Das sind halt Realisten, sie kennen den alten de Gaulleschen Spruch, nach dem Staaten Interessen, aber keine Freunde haben. Von befreundeten Staaten schwätzen nur die völlig sentimentalisierten, verstandbefreiten deutschen Westerwellchen, sprich Politiker. Deswegen sind sie auch unfähig, deutsche Interessen wahrzunehmen, aus Rücksicht auf die geschätzten 190 Freunde in der Welt sind sie gern bereit, den Freunden jeden Wunsch von den Augen abzulesen und ihn auf Kosten des Michels zu erfüllen. Die Merkel kann sich noch so oft in die Arme eines dieser Freunde werfen, und sie wirft sich ja auch tatsächlich jedem an den Hals, der nicht sofort vor ihr zurückschreckt, sie wird niemals als Freundin angesehen werden. Auch aus Obama wird so nicht der ersehnte Freund, so flehentlich sie ihn auch anblickt. Verstünden unsere Berliner Helden den Ausspruch de Gaulles, würden sie nicht so erbärmlich jammern, sondern der US-Spionage mit Raffinesse und Einfallsreichtum entgegentreten. Andererseits könnten sie über die Spionage auch stolz sein, sie ist ein Indiz dafür, daß es in Deutschland etwas Neues, Ungewöhnliches gibt, das die Amis näher kennenlernen möchten. Und tatsächlich geschehen ja gerade im ausspionierten Verteidigungsministerium revolutionäre Veränderungen. Die Umwandlung der Bundeswehr in ein familiengerechtes Unternehmen mit Kinderbetreuung durch die Panzerfahrer und die Einführung der 40-Stunden-Woche, ist derart ungewöhnlich, daß andere Staaten erfahren wollen, was sich da abspielt, um den Fortschritt in der militärischen Organisation nicht zu verpassen. In welchen Streitkräften gibt es schon eine mit den Gewerkschaften tariflich vereinbarte Reglung, daß Gefechte nur an Werktagen ausgetragen werden dürfen und die tägliche Kampfzeit von 8 Stunden nur in Ausnahmefällen überschritten werden darf. Für Überstunden sind deftige Zuschläge an die Soldaten – heißen die überhaupt noch so, sollte man sie nicht gendergerecht Soldatx nennen? – zu zahlen. Und am Wochenende gehört das Soldatx der Familie oder seinem Partnerx, auf jeden Fall aber hat er dienstfrei. Ich kann gut verstehen, daß sich die Amis diese Neuerungen nicht entgehen lassen wollen, bahnt sich hier doch eine bisher unbekannte, das Militär und den Krieg radikal umwälzende Entwicklung an. Also Kopf hoch, ihr Berliner Politiker: Der Ami hat kein Interesse an eurem Handygesäusel, sondern an den kreativen Ideen, die in Scharen in euren Köpfen nach oben blubbern.

Holger Chavez / 11.07.2014

Gegenfrage: Wie sollen Deutschland bzw.die EU mit den USA über ein Freihandelsabkommen verhandeln, wenn die Verhandlungspartner das mögliche Entgegenkommen schon im Voraus durch Spionage erfahren haben? Es ist davon auszugehen, daß in allen wichtigen Breichen US-amerikanische Spione sitzen. Ich finde, da muß man etwas wirkungsvolles gegen unternehmen. Die Alternative Gaulands von der Afd ist allerdings dämlich: “Wenn die Vereinigten Staaten nicht aufhören, Deutschland als besetztes Land zu behandeln, gibt es schließlich auch politische Alternativen und andere Partner für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.” Damit sind wohl Rußland und China gemeint. Gauland jammert immer noch Bismarck hinterher und kann nicht verstehen, daß Bismarck zuallererst nüchterner Realist war. So einen Quatsch hätte der (heute) niemals geäußert. Wir haben nicht mehr “vor 1914”. Deutschland hat seinen Hegemon gefunden und man muß feststellen, nie gab es einen so wohlmeinenden.

Irma Hoffe / 11.07.2014

Die USA sind nicht unsere Bündnispartner, sondern unsere Besatzungsmacht. Man kann sich alles schönreden, wenn man das unbedingt will. Es wird Zeit, daß Deutschland und die Deutschen wieder erwachsen und sich bewußt werden, was ihre Interessen sind. Das hilft allen mehr weiter, als in dieser Abhängigkeit zu verharren. Deutschland ist zu groß für diese kindische Verweigerung. Und das bedeutet auch wirkliche Verantwortung und nicht daß man die Stöckchen apportiert, die einem hingeschmissen werden.

Max Müller / 11.07.2014

>Für jede wahre Großmacht versteht sich das von selbst. Das aber >sind die Deutschen nie gewesen. Wenn wir auch nur wieder ein bischen mehr Großmacht wären, dann machen sich doch alle anderen gleich wieder in die Hosen. Nachdem sie es gerade mit dem Euro (Versailles 2.0) geschafft haben, uns klein zu kriegen.

Otto Sundt / 11.07.2014

Diese Bundesregierung ist auf dem Weg Oskar Lafontaines und anderer “Linker” feuchteste Träume zu verwirklichen und den ohnehin schon schleichend vorhandenen Austritt aus der NATO zu vollenden. Da es für die politische Kaste, anders kann man sie nicht mehr nennen, ohnehin ausgemachte Sache ist, dass nicht die NATO, sondern ihre EU mitsamt der rechtlosen OSZE der Friedensbringer und Bewahrer war und ist, kann aus dem nordeuropäischen Bündnis sich verabschieden. Bestimmt nicht der Fairness halber, muss man natürlich erwähnen, dass die spätetens seit 1990 ein Projekt ist an dem deutsche Konservative begeistert mitarbeiten. Den Euro, von dem Dtl. wie kein anderes Land profitierte, würde man nie aufgeben, auch wenn die EU dabei draufgehen sollte, aber die NATO verlassen, allemal. Wenn aber auch nur das Verhältnis zur USA und zur NATO gestört sein sollte sind die Beziehungen zu unseren Nachbarländern einschließlich Frankreich, auch wenn es dort niemand wissen will, massiv gestört. Deutschland hat sich schon jetzt in eine Mittellage hineinmanöveriert, die der Lage von 1914 verdammt ähnlich sieht. Das ist nicht mehr lustig, sonder macht nur noch wütend.

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