Michael Miersch / 02.01.2007 / 19:50 / 0 / Seite ausdrucken

“Es lebe die Freiheit”

Gastbeitrag von Thomas von der Osten-Sacken ( zuerst erschienen auf wadinet.de ): 
Mit unserer Arbeit geht einher, dass man in 15 Jahren unzählige Irakis lernt und kennengelernt hat. Manche sind engste Freunde und Mitarbeiter, andere Kaffeehausbekanntschaften. Von vielen erhielten wir in den vergangenen zwei Tagen Anrufe und emails, die ihre Freude über das Ende Saddam Husseins Ausdruck gaben und zugleich Erstaunen darüber, dass, wie ein kurdischer Freund meinte, die Europäer angesichts der Hinrichtung des Tyrannen so tun, als sei “Jesus zum zweiten Mal gekreuzigt worden”. Bedingt durch die schlechte Sicherheitslage haben wir viele Kontakte in den Südirak verloren. M., den ich ein paar Minuten in einer südirakischen Stadt im Jahre 2003 getroffen habe, berichtet dagegen seitdem regelmäßig über die Lage vor Ort und fragt ständig an, ob wir unsere Aktivitäten auch in den Süden ausdehnen können. Er hatte sich noch unter Saddam Hussein ein wenig Deutsch beigebracht und anbei dokumentiere ich eine email, die er uns zu Neujahr schickte. Aus Sicherheitsgründen müssen Name und Ort anonym bleiben. (Rechtschreibung ist im Original belassen)…

Das Ende des Diktators
30-12-2006 war ein historischer Tag fuer die Iraker , es war ein grosser Sieg fuer die Freiheit , fuer die Gerechtigkeit und fuer den Wille des Volkes , an diesem Tag wurde der Tyrann (Saddam Hussein ) hingerichtet , und die Zeit der Diktatur ist es vorbei , die Strassen in den meisten Provinzen des landes waren voller Menschen , alle rufen : es lebe der Irak ! es lebe die Freiheit ! bei dieser Gelegenheit gratuliere ich dem irakischen Volk und allen Familien der Maertyrers , der Vermissten und den Emigranten….und bitte Gott darum , um unseren Irak zu bewahren. Ich wuensche , dass Ihr die Wahrheit dieses Schlaechters zu aller Welt uebertragt , denn dieser Moerder zerstoerte alles in unserem Land , und das menschliche Gewissen war damals verschwunden. Die Welt muss den Wille des irakischen Volkes respektieren…Es waere sehr schoen , wenn die Sonne der Freiheit und der Demokratie vom Neuen scheint wird…Ich danke Ihnen sehr fuer dieses Gehoer und meine herzliche Gruesse fuer Sie und fuer alle Ihre Mitarbeiter und wuensche Euch viel Erfolg in unserem Lande…Ihr Freund , M. (Südirak)

Gestern, by the way, war die Hauptmeldung über den Irak in den Nachrichten des Hessischen Rundfunks, dass Hunderte von Anhängern Saddam Husseins in seiner Heimatstadt Tikrit demonstrieren und Rache schwören. Worte wie “Demokratie”, “Freiheit” und “Hoffnung” kommen solchen deutschen Journalisten angesichts des Endes eines der brutalsten Tyrannen der letzten dreißig Jahre offenbar nicht in den Sinn. Nicht zu reden von der Idee, einmal hilfreich zu sein, wenn es darum die “Wahrheit über diesen Schlächter in alle Welt zu übertragen”.

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