Henryk M. Broder / 04.04.2018 / 06:25 / Foto: Pixabay / 48 / Seite ausdrucken

Erklärung 2018: Zweite Staffel

Seit über zwei Wochen ist die "Erklärung 2018" in der Welt, sie wurde inzwischen von mehr Menschen unterzeichnet, als an den Ostermärschen teilgenommen haben. Allein nach dem Beitrag in den Tagesthemen am Ostersonntag kamen etwa 15.000 Unterschriften dazu, inzwischen sind es über 65.000. Vielen Dank, liebe Kollegen in Hamburg!

Besonders freut uns, die wir mit dieser Erklärung "ein Zeichen" für Toleranz, Weltoffenheit und Intervallfasten setzen wollten, dass die Berichterstattung  über die Erklärung nicht nachlässt, obwohl uns natürlich bewusst ist, dass es derzeit wichtigere Themen gibt und wir uns über manchen Beitrag wundern mussten. Einige unserer Kollegen haben ihre Karrieren offenbar als Kaffeesatzleser angefangen, Jan Sternberg vom Redaktionsnetzwerk Deutschland zum Beispiel, der es fertiggebracht hat, aus zwei dürren Sätzen mehr herauszulesen als Martin Schulz aus dem Wahlprogramm der SPD. Er schreibt: Befremdlich schien vor allem die undifferenzierte Nähe zu allen Demonstranten in Dresden, Cottbus, Kandel und anderswo, von denen nicht alle den Rechtsstaat hochhalten. Dort laufen eben auch solche mit, die ihn nur zu gerne abschaffen wollen.

Da ist natürlich was dran. Wir haben es versäumt, alle Demonstranten in Dresden, Cottbus, Kandel und anderswo zu fragen, wie sie es mit dem Rechtsstaat halten, so wie die Hannoversche Allgemeine jeden, der die Zeitung abonnieren will, danach befragt, wie seine CO2-Bilanz aussieht. Und die seiner Nachbarn und Arbeitskollegen. 

Ebenso verwunderlich fanden wir den Beitrag des Ressortleiters Kultur der taz, Andreas Fanizadeh über Vera Lengsfeld und andere "rechte Osterhasen". Gelten politische Kategorien jetzt auch für Fabeltiere? Wird es demnächst auch rechte und linke Meerjungfrauen geben? Progressive und reaktionäre Wolpertinger? Fanizadeh schaute sich die Liste der Unterzeichner an und stellte fest, dass es vor allem Zahnärzte, Diplomingenieure, Betriebswirte, Lehrer, jede Menge rechte Akademiker und Pu­bli­zisten sind. Was hat der Mann gegen Dipl.-Ings, BWLer, Dentisten und Pädagogen? Es sind doch ehrenwerte Berufe.

Dann wandte er sich von der Liste ab und referierte über das Leben von Vera Lengsfeld, die offenbar am falschen Ort zur falschen Zeit geboren wurde und seitdem alles falsch gemacht hat. Sie driftete immer weiter an den rechten Rand und polemisierte gegen die angebliche Political Correctness im Lande. Ungeheuerlich! So etwas würde bei der taz zum sofortigen Ausschluss aus dem Redaktionskollektiv mit anschließender Verbannung in die Uckermark führen. Außerdem schlachte Lengsfeld tote Osterhasen. 2017 seien deutlich weniger Asylanträge gestellt worden als 2016, die abnehmende Tendenz würde auch 2018 anhalten.

Immerhin, das hat die Flüchtlingswelle mit der Auflage der taz gemeinsam.

Was uns aber tatsächlich erschüttert hat, war ein Beitrag von Ernst Elitz im Cicero-Magazin. Elitz ist ein Journalist der alten Schule, gebildet, belesen, umgänglich. Vor einem Jahr wurde er zum Ombudsmann von BILD berufen, er geht Beschwerden von Lesern nach, die mit der Berichterstattung von BILD unzufrieden sind. Das Einzige, was man ihm vorwerfen könnte: Er ist ein alter weißer Mann, entspricht genau dem Feindbild der Burmesters dieser Welt, die eine Haßliebe zu den Leuten pflegen, denen sie das Wasser nicht reichen können. 

Ernst Elitz ist von der "Erklärung 2018" tief enttäuscht. Er hat mehr erwartet – dass sich auch in Deutschland eine Truppe konservativer Dichter und Denker etabliert, die neben und gegen den politisch korrekten Dichterschwarm, den Frank-Walter Steinmeier um sich sammelte, Paroli bieten könnte.

Niemand hat Ernst Elitz daran gehindert, dem politisch korrekten Dichterschwarm, den Frank-Walter Steinmeier um sich sammelt, Paroli zu bieten. Es hätte ein feiner, elitärer Kreis sein können aus ehemaligen Intendanten, die sich unregelmäßig bei borchardt treffen, um bei Dry Aged Toskana Striploin konservative Gedanken auszutauschen. Stattdessen wurde es eine Aktion, bei der jeder voraussetzungslos mitmachen kann, auch schräge Adabeis wie Matthias Matussek, der Aufmerksamkeit eher für sich als die konservative Sache erregt, was immer das sein mag. Elitz’ Fazit: Die Chance auf eine überfällige Debatte wurde vertan.

Ja, echt. Und diese Chance kommt nie wieder, so lange jeder Krethi und Plethi eine Erklärung unterschreiben darf, die von Ernst Elitz nicht abgesegnet wurde. Und außerdem sei die ganze Sache obsolet, denn es sind inzwischen nun wirklich keine Massen mehr, die über die deutsche Grenze tröpfeln.

Wie viele im Jahr 2017 über die deutsche Grenze tröpfelten, hätte Elitz in der BILD nachlesen können: 186 644 registrierte Asylsuchende, also im Schnitt etwa 500 jeden Tag oder 15.000 Menschen jeden Monat. Viel weniger als in den vorausgegagenen zwei Jahren, aber unterm Strich mehr als in einer kleinen Großstadt wie Regensburg oder Heidelberg leben. Seit dem 3.4. muss der Begriff "tröpfeln" neu definiert werden.

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Leserpost

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Melanie Lütje / 04.04.2018

Was ist denn mit den Migranten, die über eine “Ankerperson” direkt mit Visum vom Heimatland nach Deutschland geflogen werden? Sie erhalten dann noch nicht einmal mehr Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz, sondern aufgrund der Anerkennung als Flüchtling, direkt Arbeitslosengeld II. Sie sind zwar nicht unrechtmäßig über die Grenze gekommen, aber die ursprüngliche Person schon. Das macht die Situation in Deutschland nicht besser. In meinem mir bekannten Fall handelt es sich um eine Familie aus dem Irak, die mit 9 Personen nachgekommen ist, nachdem sie die minderjährige Tochter losgeschickt haben.

Stephan Lüno / 04.04.2018

Seit der unfassbaren, selten dämlichen und völlig unnötigen Öffnung der Grenzen dieses Landes mit freiem Eintritt bei sofortiger umfangreicher Unterstützung und Vollversorgung, frage ich mich ob unsere Regierenden und sonstigen politischen Entscheidungsträger überhaupt wirklich jemals begriffen haben wie groß der Unterschied der Lebensverhältnisse zwischen den meisten Menschen und selbst den Hilfsbedürftigsten und Hartz IV Empfängern oder Sozialhilfeempfänger Deutschlands eigentlich ist.

Peter Deutermann / 04.04.2018

Eine Freundin, die mich auf die Erklärung 2018 hinwies, traut sich nicht diese zu zeichnen. Sie ist Lehrerin und befürchtet dadurch auf die Liste der “Stiftung” zu kommen. Sie befürchtet das sie diskreditiert werden und vielleicht sogar ihren Job verlieren könnte. Ich kann ihre Ängste durchaus nachvollziehen. Ist es nicht schlimm das man in Deutschland 2018 Angst haben muss, seine Meinung frei zu äußern? Umso mehr muss man den Menschen danken, die sich dieser Aktion anschließen und vielen Mut machen.

Maja Schneider / 04.04.2018

Die Reaktion der MSM auf die Erklärung zeigt eindeutig, dass es pure Angst ist, was sie treibt, Angst, dass es vorbei ist mit dem beschaulichen Leben im Mainstream, dass es zu ernsthaften Diskussionen kommen könnte, bei denen man sachlich und gut informiert argumentieren und zugeben muss, dass man seit 2015 einem Irrtum mit verhängnisvollen Folgen für unser Land erlegen ist, teilweise aus Opportunismus, teilweise aus Bequemlichkeit und getragen von einer links-grünen Gesinnungsethik, die ein immer größer werdender Teil der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr mitzumachen bereit ist.

Sabine Schubert / 04.04.2018

Es ist unappetitlich, aber durchschaubar warum Frauen wie Silke Burmester älteren Männern, die es wagen die Massenzuwanderung zu kritisieren, nun auch noch Impotenz unterstellt. Es liegt auf der Hand, dass sie sexuellen Neid auf junge, attraktive Frauen empfindet und geht in ihren intellektuell und moralisch arg limitierten Möglichkeiten davon aus, dass andere auch in Neid und Missgunst gefangen sind. Herrlich wie sich Linke und Feministinnen immer selbst entlarven.

Rupert Drachtmann / 04.04.2018

Die Verachtung des sog. „alten weißen Mannes“ (awM) nimmt ja immer groteskere Züge an. Ich wage zu bezweifeln, dass der „junge bunte Mann“ (jbM) in Begeisterungsstürme ausbricht wenn er sich die Details seiner Zukunftsperspektiven vor Augen führt: Abgabenlast, „Sozialsystem“ a la USA nur mit dem Nachteil dass Sozialbeiträge zu leisten sind, jedoch keine nennenswerte Gegenleistung mehr möglich ist („Rente“), Fehlende staatliche Ordnung, wegbrechender Wohlstand, fehlende Sichheit, all das was wir aus dem guten alten Deutschland so gewohnt waren. Fragen wir doch mal den “jungen bunten Mann“. Ich kann nur hoffen dass dies nicht alle nur verträumte und verwöhnte Bengel sind, die nicht wissen dass Nichts von Nichts kommt.

Bertram Scharpf / 04.04.2018

Die letzten beiden Aktionen der selbsternannten Wohltäter um die Gleichschaltung aufrechtzuerhalten: Das Würstel von Scholz & Friends und der Maulkorb von der Leipziger Buchmesse. Besseres haben sie nicht mehr aufzubieten. Der Rest ist Konkursverschleppung.

Otto Auburger / 04.04.2018

@Dirk Volker / 04.04.2018 :  “überaus kurzsichtig und schlecht durchdacht” ...  Der Trick ist denkbar einfach. Australien schiebt jeden illegal ins Land Gekommenen konsequent und ohne jede Ausnahme ab…. Diese Politik ist knallhart, aber mit ihr wurde nicht allein die illegale Masseneinwanderung nach Australien beendet, sondern auch das Massensterben von Bootsflüchtlingen vor Australiens Küsten. Und dies wohlgemerkt trotz völlig offener Grenzen.” Glauben Sie wirklich, dass in diesem (noch ?) unserem Land, (wir sind nicht in Australien) wo verurteilte Straftäter nicht abgeschoben werden und, wenn dies tatsächlich im Einzelfall geschieht,  sich unüberwindliche Hindernisse auftun : “welt.de 01.09.2015 - Manche Politiker glauben, das Flüchtlingsproblem mit Abschiebungen lösen zu können. Doch das ist eine Illusion. Denn kreative Tricks sowie Pannen bei den Behörden verhindern die meisten Abschiebungen”  eine Petition in ihre Richtung denkbar und erfolgversprechend wäre ? Glauben Sie wirklich, bei uns mit Ihrer , an und für sich zweifellos richtigen , Idee etwas ausrichten zu können ? Bei dem Aufstand, den schon die harmlose Erklärung 2018 im Mainstream auslöst ? Wer soll diese weitaus eingreifendere Maßnahme unterstützen ? Die laufende Erklärung ist doch zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung, wie man an den Reaktionen sehen kann.

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