Sehr geehrter Herr Ostner, ich kann Ihre Aufregung in der Einleitung nicht verstehen. Das kann daran liegen, dass mir der Kontext fehlt, genauer gesagt der Kontext, über was Sie mit Ihrem Bekannten diskutiert haben. Haben Sie mit ihm vereinbart über die musikalischen Qualitäten verschiedener Künstler zu diskutieren? Oder sind sie beide irgendwie zufällig auf das Thema gestossen? Denn dann liegt Ihr Unverständnis vielleicht auch darin, dass Ihr Gesprächspartner einen anderen Kontext als Sie impliziert hat. Geht es um den Kontext musikalische Qualität, haben Sie natürlich Recht, geht es aber um den Kontext der Mensch Dieter Bohlen, so hat auch ihr Bekannter Recht. Ich persönlich finde, dass Herr Bohlen weder ein begnadeter Musiker noch ein sympathischer Feingeist ist, dennoch zolle ich ihm Respekt für seinen wirtschaftlichen Erfolg (“Wie man aus Scheiße Gold machen kann”). Meine Kritik bezieht sich nicht auf den restlichen Text, sondern nur auf die Einleitung. Diese vermittelt für mich eher den Eindruck eines aneinander Vorbeiredens, das leider häufiger vorkommt, als man es wahrnimmt.
Jeder darf (und soll) für sich selbst entscheiden, was “inhaltlich wertvoll ist”. Das war’s dann aber auch schon, selbst wenn sich dann etwas verkauft, was man subjektiv für Schrott halt, man muß es ja nicht kaufen. Wenn Leute für andere Menschen (auf deren Kosten) entscheiden dürfen, was “wertvoll” ist, kommt die weltberühmte deutsche Staats"kultur” heraus, die nach meinem Dafürhalten zu großen Teilen zwar anders schlecht ist als Dieter Bohlen, aber eben auch schlecht. Übrigens, es handelt sich nicht um “Looser”, sondern um “Loser”.
Dafür gibt es mannigfaltige Beweise, nicht nur im Musikbereich. Man schaue sich nur die alljährlichen Oscar-Verleihungen an: viele mit der goldenen Statue ausgezeichnete Filme floppen an der Kinokasse (z.B. 1983 “Der Stoff, aus dem die Helden sind”, 4 Oscars, Budget 27 Mio., Einnahmen 21 Mio.), weil sie zwar gut sind, aber deren Güte nicht erkannt wird. Hingegen “Ghostbusters”, null Oscars, Budget 31 Mio., Einnahmen ca. 292 Mio. (alles in US-$). Man könnte aus solcherlei Beispielen auch schliessen, dass der Geschmack der breiten Masse selten mit dem Geschmack der “Wissenden” harmoniert. Oder sind etwa die “Wissenden” Geschmacksverirrt?
Oh mein Gott, läßt sich dieses Gerücht, Einstein sei schlecht in Mathematik gewesen oder habe gar eine “Mathematikschwäche” gehabt niemals ausrotten? Der Schüler Einstein hatte ein Problem mit dem Institut “Schule” im deutschen Kaiserreich und ging mit mäßigem Erfolg ab. Aber er ließ sich hervorragende Mathematikkenntnisse bescheinigen, die er auch hatte und machte in der Schweiz einen sehr guten Abschluß. Diese Faktenlage ist auch “open-source” überprüfbar… Gruß
Ein interessanter Artikel Herr Ostner, in meinen jüngeren Jahren (heute bin ich 54) dachte ich auch ähnlich wie Sie. Aber inzwischen habe ich da eine differenziertere Sichtweise. Fangen wir mal mit der Musik an und da haben Sie vielleicht das schlechteste aller möglichen Beispiele heran genommen. Wenn Sie also über die musikalische Qualität von Musik diskutieren möchten, würde mich interessieren wie denn gute musikalische Qualität definiert wird? Und wer legt diese Qualitätskriterien fest? Abseits von allen Erfolgen könnten wir z.B. die Harmonien, des Sängers Genauigkeit Töne zu treffen, einen gewissen Schwierigkeitsgrad bei der Darbietung (die Musiker können es live so wie im Studio darbieten) als Kriterien heranziehen. Wenn Sie diese Kriterien dann auf einige Heroen der U-Musik anwenden, werden Sie feststellen, dass so einige durchfallen. Nehmen Sie z.B. einige Kultsongs die nahzu jeder kennt und die mit nur 3 Akkorden auf der Gitarre begleitet werden (etwa Blowin in the wind / Dylan). Traf Dylan immer die Töne richtig? Nun ja, da gehen die Meinungen auseinander. Schwierig darzubieten? Eher nein, also qualitativ eher nichts. Oder ist es doch die Eingängigkeit der Harmonien? Nun ja, man muss zugeben, die haben Bohlens Popsongs auch. Ist es dann vielleicht der Text? Dylans song war aufgrund der politischen Unruhen in den USA entstanden, während Bohlen’s Songs eher zum Geld verdienen gemacht wurden. Aber ist dies nun ein Qualitätsunterschied? Jetzt mal zum nächsten Punkt. “Wenn jemand Erfolg hat, dann wird schon gar nicht diskutiert, was er macht, was der Inhalt seiner Message ist oder ob dies einen gesellschaftlichen Nutzen hat, sondern das Erfolgsreichsein entscheidet, ob etwas begrüsst wird oder nicht.” BMW z.B. baut erfolgreich schnelle und auch große Autos. Hat das gesellschaftlichen Nutzen? Die einen werden sagen, “na klar, jede Menge sichere Arbeitsplätze, sichere Autos, etc.”. Die anderen könnten sagen “Jede Menge Umweltverpestung, durch Raserei getötete Menschen, Bau von Protzkarren die keiner braucht, etc.” Auch hier gehen die Meinungen wieder auseinander und die Frage bleibt, wie ist gesellschaftlicher Nutzen definiert? “Wenn ich über Politiker, Musiker, Filme oder Unternehmen diskutiere, versuche ich deshalb das Erfolgskriterium außen vor zu lassen. Es ist mühsamer aber auch produktiver, die Frage nach der Qualität und dem Nutzen für die Allgemeinheit zu stellen.” Ich würde mich jetzt wirklich interessieren wo Sie einen Zusammenhang zwischen Musikern/Filmen und dem Nutzen für die Allgemeinheit herstellen wollen. Ist z.B. Udo Lindenberg ein Nutzen für die Allgemeinheit? Also für mich nicht, ich bekomme bei seinem Gequäcke immer wieder starken Brechreiz. Andere werden wohl vollkommen verzückt von seinen Darbietungen sein. Wer ist dann die Allgemeinheit? Die Mehrheit? Also doch wieder Erfolg als Kriterium? Ich denke es macht keinen Sinn, die Frage, bei was auch immer, nach der Qualität und dem Nutzen für die Allgemeinheit zu stellen. Denn wenn wir dies tun, beenden wir eigentlich die Diskussion und befinden uns in der Alternativlosigkeit, die ja auch unsere geliebte Führerin, pardon Kanzlerin uns immer wieder beibringen möchte. Und wenn Sie dann feststellen dass etwas Bestimmtes keine Qualität und keinen Nutzen für die Allgemeinheit hat? Was kommt dann als nächster Schritt?
Also, wer legt denn nun fest was gut ist und was nicht? Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, zu der Zeit als Bohlen mit seiner Musik Erfolg hatte, ist man wegen eben dieser Musik in einen Tanzschuppen gegangen und fand das tierisch gut. Und die Menge der gekauften Tonträger haben Bohlen recht gegeben, aber eben nur für diesen Zweck, zu dieser Zeit, zu diesem Nutzen der Allgemeinheit! Mit der, sogenannten, anspruchsvollen Musik hätte man dort keinem genutzt, genauso wie man mit Bohlen wohl in der berliner Staatsoper nicht eben standing ovations ausgelöst hätte. Was Ihre Andeutung über die Wahrheitstreue der heutigen Politiker und deren Nutzen für die Allgemeinheit betrifft, bin ich voll auf Ihrer Seite. Soweit ich mich an die Gespräche mit Menschen aus der Hitlergeneration erinnern kann war Hitler für diese Menschen kein erfolgreicher Aussenpolitiker weil sein Militär erfolgreich war, sie fanden Hitler zu kotzen und den Krieg grauenvoll. Nur weil Hitler jeden Widerstand brutal unterdrückt hatte, kann man aus der, mit wenigen Ausnahmen, passivität der Bevölkerung keine Zustimmung herleiten und verallgemeinern und genauso sehe ich das bei Stalin. Ein gern gemachter, manchmal arrogant wirkender Fehler der später Geborenen! Bernhard Maiwald
Es heisst “Loser” und nicht “Looser”. Loose ist im englischen das deutsche lose.
Natürlich gibt es ihn nicht, den ewig andauernden Erfolg. Erfolg, auch der kommerzielle, ist jedoch ein Indikator dafür, etwas richtig gemacht zu haben. Wer macht schon ständig Alles richtig? Den zu finden, werden wir lange suchen müssen. Wer verfügt nur über “gute Seiten”? Das sind die, die man bereit ist, im Erfolgsfalle zur Kenntnis zu nehmen. Erst im Mißerfolgsfall ist man bereit, auch die “weniger guten” Seiten zu erkennen bzw. beginnt regelrecht, danach zu suchen. Nehmen Sie einen wie Donald Trump. Sein Erfolg beruht darauf, daß er sich offensichtlich mit den Besten des Fachs umgeben hat - nicht mit den Zweitbesten. Alleine kann man Erfolg in einer gewissen Größenordnung erzielen, Erfolg im großen Maßstab erzielt man m.E. nur, wenn man ein großes Netzwerk anderer Erfolgreicher um sich schart. Der Verdacht liegt nahe, daß Jemand der kommerziell großen Erfolg erzielt, diesen auch im nichtkommerziellen Bereich erreichen könnte.
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