Henryk M. Broder / 29.08.2017 / 11:56 / Foto: shuets udono / 18 / Seite ausdrucken

Entsorgen ist nicht gleich Entsorgen

Können Sie sich noch an die Talk-Show von und mit Johannes B. Kerner vor ziemlich genau 10 Jahren erinnern, bei der Eva Herman das Studio verlassen musste, nachdem sie das Wort "Autobahn" gesagt hatte? Halb Deutschland bekam darob Schnappatmung. Die "Welt" nannte das Ganze einen "kalkulierten Eklat" und eine "öffentliche Hinrichtung der Eva Herman", die "taz" befand, "die frischgekündigte NDR-Moderatorin" habe sich "recht wacker" geschlagen, und auch mir fiel etwas zu dem Empörungsgeheule der Autobahn-Allergiker ein.

Und nun hat Alexander Gauland etwas über die Integrationsministerin Aydan Özoguz gesagt, das weder klug noch nett war.  Er würde sie gerne in Anatolien "entsorgen". Es war einer jener kalkulierten Sätze, mit denen es AfD-Politiker schaffen, sich immer wieder in die Medien zu bringen. Wieder badet die Republik im lauwarmen Wasser der Empörung, das aus der Unkenntnis der Geschichte strömt. Lesen Sie dazu den Text von Matthias Heine

Worauf ich Sie aufmerksam machen möchte, ist die Reaktion eines SPD-Kanalarbeiters, wie sie reiner und unbekümmerter nicht ausfallen könnte. Johannes Kahrs twittert: "dieser gauland ist ein mieser, dreckiger hetzer. solche arschlöcher braucht niemand." 

So weit, so gut. Man kann es so formulieren. Nur sollte man dabei nicht vergessen, was man selber getwittert hat: "wir wollen ja alle die merkel entsorgen und besser regieren." Gut, das ist vier Jahre her, aber gesagt ist gesagt und "entsorgen" bleibt "entsorgen". 

Und wenn Freunde der Linkspartei "besorgte Bürger entsorgen" möchten, regt sich keine Sau darüber auf. So ist das eben mit den Antifanten, die dürfen das, denn sie sind die Guten. 

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Leserpost

netiquette:

Dieter Dombrowski / 29.08.2017

„ All animals are equal but some are more equal than the others „ sagen die herrschenden Schweine in Orwells ‚Animal Farm‘. Die haben da schon das Meinungsmonopol!

Jörg Pfaffmann / 29.08.2017

Leider doch Herr Broder: Es kommt in der Bunten Republik immer darauf an, wer das Wort gebraucht und je nachdem hat er entweder Narrenfreiheit (siehe Johannes Kahrs) oder eben nicht!

Udo Kemmerling / 29.08.2017

Offensichtlich brauchen wir sehr wohl solche wie Alexander Gauland, damit wir zweifelfrei feststellen können, wer sich wirklich besonders bemerkenswert asozial in der Öffentlichkeit äußert. Nicht wahr; Herr Kahrs, Herr Schulz usw., die Liste wäre erschreckend lang. Über Frau Özogus` öffentliche Enrgleisungn kann man gar nicht hetzen sondern nur den Kopf schütteln. Wie unverschämt darf man sich über die Kultur äüßern, in der man zu Gast ist? Wie schnell wohl ein Deutscher aus der Türkei “entsorgt” würde, wenn er sich adäquat in Ankara im Ton vergreifen würde?!?

HaJo Wolf / 29.08.2017

Wenn zwei das Gleiche tun, pflegte meine Großmutter mit mahnend erhobenem Zeigefinger zu sagen, ist es noch lange nicht dasselbe. Oder, wie der olle Römer es formulierte: quod licet iovi non licet bovi - für die Nicht-Lateiner unter den Lesern: was dem Jupiter gestattet ist, ist dem Rindvieh noch lange nicht erlaubt. Jetzt darf der geneigte Leser mal raten, wer Jupiter und wer das Rundvieh ist…

Peter Nemer / 29.08.2017

Man hätte die kulturelle Einordnung Deutschlands, die Frau Özuguz lediglich auf die Sprache reduziert, auch mit einer Gegenfrage wahlkampfmäßig aufbereiten können, indem man fragt, ob Frau Özuguz dies auch für die Türkei so sagen würde. Weiß nicht, ob es der AfD reicht, im östlichen Deutschland mit solchen Worten wie “entsorgen” Stimmen zu sammeln, im westlichen Teil sind diese Begriffe immer noch rechtlastig unterlegt. Und hinterher muß dann mühsam erklärt werden, das es ja so nicht gemeint ist. So gewinnt man nicht die “Mitte” für sich.

Bertram Scharpf / 29.08.2017

Die Aufregung wegen des Wortes „entsorgen“ besagt vor allem, daß man nach wochenlangem Abwarten kein besseres gefunden hat, das man einem AfDler im Mund umdrehen kann.

Jürgen Althoff / 29.08.2017

Übrigens wurden bereits 1985 von Arbeitsämtern in NRW Maßnahmen zur Fortbildung Arbeitsloser zum “VER-UND ENTSORGER” gefördert. Spätestens seitdem gehört “entsorgen” zur Umgangssprache. In Firmen auch gerne verwendet im Zusammenhang mit Mitarbeitern, von denen man sich gerne trennen möchte. Exakt dies hat Herr Gauland gemeint.

Rudolf Dietze / 29.08.2017

Danke für die Links. Es macht mich etwas traurig. Diese nassforsche Art ins eingemachte zu gehen habe ich schon öfter bei Wahlen erlebt. Die primitive Art mit der Andere beleidigt werden lässt auf deutliche charakterliche Schwächen schließen. Das solche Leute MdBs sind und uns regieren, da kann nichts gutes heraus kommen. Die Menschen sind halt so. Es geht nur noch um alternativ oder alternativlos,. Ich bin bei Werfels Jakubowski: “Es gibt immer zwei Wege”

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