Ihren letzten Satz halte ich für geradezu “gentlemanlike”, sehr geehrter Herr Bonhorst. Ich bin da, milde ausgedrückt, etwas temperamentvoller - streng genommen sogar “zügellos”. Diese Institution hat ihr MHD bereits deutlich überschritten. Um im Sprachbild zu bleiben: Selbst für die Tafeln alles, nur kein “gefundenes Fressen”.
Die Briten sollen austreten, um allen zu zeigen, dass man außerhalb der EU ausgezeichnet leben kann. Und das ohne sich von besoffenen Junckers und seiner Bürokratenkaste sagen lassen zu müssen, was man gefälligst zu tun hat. (Dass die jungen Briten diese Bürokratie einer eigenständigen britischen Regierung vorziehen, zeigt, wie sehr auch ihnen der Gedanke der Demokratie verloren gegangen ist. In Deutschland ist es ja so, dass die jungen Deutschen umsorgt sein wollen (ihre “Rechte” fordern sie ja strikt ein), aber bitte doch ohne die Lasten, die Demokratie dem Bürger leider zumutet.)
Hoffentlich setzen die Briten den Brexit durch und hoffentlich werden noch andere europäische Staaten dem britischen Beispiel folgen. Je eher das Utopia der ‘Vereinigten Staaten von EUropa’ sich als Wolkenkuckucksheim erweist und die Träumer auf dem harten Boden der Realität landen, umso besser.
Daran merkt man den Unterschied. Die Engländer haben die Demokratie mit erfunden, den Deutschen wurde sie übergestülpt. Die Engländer leben Demokratie, die Deutschen haben ihre Funktionsweise bis heute nicht kapiert. Es ist schön, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Es ist schön, wenn man gesittet über den richtigen Weg streitet. Man unterdrückt den politischen Gegner nicht. Verunglimpft ihn nicht. Versucht nicht, ihn mundtot zu machen. Man hat keine Angst davor, dass die Bürger dem Gegner beipflichten könnten. Man respektiert die Meinung des Volkes. Man misstraut dem Volk nicht. Man erzieht sein Volk nicht. Liebe Engländer, erklärt uns Deutschen doch bitte, wie Demokratie geht. Wir haben es noch nicht verstanden.
Über der Grund, werter Herr Bonhorst, erfahren wir nichts? Mays Austritttsvertrag bedeutet de facto , das GB alle aktuellen und zukünftigen Regeln einhalten muss, um über Irland Waren in die EU exportieren zu können. Regeln, an denen GB nicht mitreden darf.
Da verstehe ich Frau Merkel und Rückenschmerzen Juncker nicht. Wie man Parlamente diszipliniert, da liegen doch Erfahrungen (Stasiakten) vor. Schon die DDR Führung hat für das Bundesdeutsche Parlament Disziplinierungsmaßnahmen vorgenommen, das sogenannte nudging (Belohnung, Erpressung, Bestechung, Diffamierung, Romeo) von Abgeordneten. Heut ist das nudging wohl Listenplatz. Warum kann man die Briten nicht disziplinieren? Der Fehler scheint ein nationaler zu sein. Die lesen wohl eher “1984” und “Farm der Tiere” des Briten George Orwell. (Gibt es schon Buchhandlungen in DE, die diese Bücher auf den Index gesetzt haben?) Als Werke des deutschen Politiker Karl Marx, des Chinesen Mao oder des Russen Wladimir Iljitsch Uljanow.
“Wäre Europa selber etwas demokratischer und weniger verbeamtet, das alles wäre nicht passiert”, schreiben Sie, lieber Herr Bonhorst. || Wie wahr! Die Briten haben bis heute keine Verfassung, dafür aber ein antikes Dokument: Die “Magna Carta” (Endfassung anno 1225) ist immer noch Grundlage des Rule of Law, des Rechts und der Macht des Parlaments. Viele der ursprünglichen Artikel wurden zwar durch Statute Law Revsion Acts abgeschafft, ersetzt oder modifiziert || Aber dieses weltweit älteste Regelwerk einer konstitutionellen Monarchie, also frühdemokratisch, blieb über all die Jahrhunderte intakt; für die Söhne und Töchter Albions ist “the good old Carta” geradezu heilig. || Die Bevormundung des UK durch ungewählte EU-Kommissare und entsorgte Hinterbänkler der Mitgliedsländer hat den Briten schon lange gestunken, Seit einigen Jahren reicht’s ihnen halt, und sie wollen raus, “Come what may, good or bad; it’s our country.”
Ich beneide die Briten und zwar nicht nur, weil sie so herrlich schrullig sind und einen so wundervollen Humor haben. Ich beneide sie, weil sie vermutlich aus der EU austreten werden. Und ganz besonders beneide ich sie, weil man ihnen immerhin die Möglichkeit gibt, per Referendum selber zu entscheiden. Diese Möglichkeit wird man uns in Deutschland niemals geben, wäre ja noch schöner, dass das Volk entscheiden darf. Und selbst, wenn es jemals ein Referendum zu irgendendetwas geben würde, könnte man ja zur Not auch immer noch die Stimmen schätzen, statt auszählen *Ironieaus*.
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