Nathan Gelbart, Gastautor / 14.09.2014 / 19:40 / 8 / Seite ausdrucken

Engagement zum Nulltarif

Nathan Gelbart

Es ist ein Armutszeugnis, dass Juden zu einer Kundgebung gegen den Judenhass in diesem Land aufrufen müssen. So als ob vergewaltigte Frauen gegen Vergewaltigung auf die Strasse gingen. Wo ist der Political Common Sense in Deutschland ? Der Anteil der Juden an der Bevölkerung macht gerade mal 0.1 % aus.

Natürlich wurde es voll vor dem Brandenburger Tor. Fühlt sich doch jeder verpflichtet, dem Aufruf der jüdischen Funktionäre in Sachen Antisemitismus Folge zu leisten. Mit dem Kampf gegen Antisemitismus verhält es sich wie mit der Ehrung toter Juden und mit dem Kampf gegen tote Nazis. Eine Pflichtübung für alle, die gute Gesinnung demonstrieren wollen. Mit derselben Selbstverständlichkeit wie beim Kampf gegen Aids, Brustkrebs und Kinderarmut. Alle Anständigen in diesem Land können sich mit diesem Thema vollumfänglich identifizieren, ohne irgendetwas zu riskieren. Höger und Groth ebenso wie Augstein und Todenhöfer. Sie sind alle gegen den Judenhass - außer dem, den sie selber verbreiten.

Anders sieht die Sache aus, wenn es um lebende Juden, sprich Israel geht. Hier Solidarität zu zeigen, zum Beispiel für das Recht Israels auf Selbstverteigigung gegen terroristische Angriffe zu demonstrieren, wäre für die meisten Demo-Teilnehmer ein No go gewesen. Kein Wunder also, dass der Zentralrat nicht etwa zu einer Solidaritätskundgebung für Israel und sein Selbstverteidigungsrecht aufrief, wozu auch der Aufbau einer ViP- Tribüne gehörte. Couragiert wäre es gewesen, hätten die Funktionäre des Zentralrates ihre Veranstaltung denjenigen Menschen gewidmet, die Solidarität wirklich nötig haben. Die Opfer des Terrors in Israel. Kaum vorstellbar in einem Lande, dessen Medien Israels Verteidigungsmassnahmen nicht selten als Kriegsverbrechen bezeichnen. Zum Teil dieselben Gutmenschen, die heute mit gespielter, bedrückter Miene Graumann die Hand geschüttelt haben. Er war, immerhin, der einzige, der Tachles geredet hat.

Wenn sich aber noch nicht einmal Deutschlands Juden öffentlich mit Israel solidarisieren wollen, kann man so etwas von der Politik verlangen ?

Diese Kundgebung war an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.

Siehe auch:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article132237119/Merkel-Juden-sind-in-Deutschland-zu-Hause.html

http://www.stern.de/politik/deutschland/kundgebung-gegen-antisemitismus-merkel-juedisches-leben-ist-teil-unserer-identitaet-und-kultur-2138117.html#utm_source=standard&utm_medium=rss-feed&utm_campaign=alle

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/antisemitismus-merkel-bei-demonstration-gegen-judenhass-a-991559.html

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/20225

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/20224

http://www.heute.de/kundgebung-am-brandenburger-tor-mehr-courage-gegen-judenhass-gefordert-34971916.html

http://www.tagesschau.de/inland/antisemitismus-106.html

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-09/demonstration-antisemitismus-berlin

http://www.focus.de/politik/deutschland/zeichen-gegen-antisemitismus-angela-merkel-das-juedische-leben-gehoert-zu-uns_id_41325

http://www.n-tv.de/politik/Merkel-setzt-Zeichen-gegen-Antisemitismus-article13604991.html

http://www.sueddeutsche.de/politik/kundgebung-gegen-antisemitismus-aufstehen-gegen-einen-albtraum-1.2128606

http://www.bild.de/regional/berlin/anouschka-renzi/darum-schicke-ich-mein-kind-auf-eine-juedische-schule-37652250.bild.html

http://www.bz-berlin.de/berlin/jm-direktor-peter-schaefer-ueber-antisemitismus

 

 

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Leserpost

netiquette:

Karl Krähling / 16.09.2014

@ Thomas Schlosser Ist nicht der langjährige Schulterschluss des Zentralrats der Juden unter Ignaz Bubis mit den Muslimen genau für diese Entwicklung mit verantwortlich

Monika Wendt / 15.09.2014

Ich sehe das ganz genauso wie Herr Schlosser, trotzdem war ich bei dieser Veranstaltung, weil ich nicht weiß, was ich als Einzelne sonst tun könnte.

Markus Weber / 15.09.2014

Sehr geehrter Herr Schlosser, hier muss ich Ihnen fast vorbehaltlos zustimmen: Das Entstehen-Lassen von Parallelgesellschaften ist ein kapitaler Fehler der Politik, aber letztlich auch derer, die die “eigentliche” Gesellschaft zu formieren pflegten. Diese Fehler haben mit Heuchelei, Ignoranz, Paternalismus, latentem Rassismus und einer gewissen Lust, Gesellschaftsordnungen zu zerstören, um sie von Grund auf neu aufbauen zu können, zu tun. Gerade letzteres ist eine höchst ambivalente Ambition. Wahrscheinlich würde man als geneigter Politiker als Hauptargument zu ihrer Verteidigung anführen, dass es sich bei einer angetroffenen Gesellschaft in ihrer jeweiligen Verfassung um eine “entartete”, “sündige” handele, die dringend der Nachbesserung bedürfe. Statt alle Deutschen wegen ihrer übergrossen historischen Schuld zum Psychiater auf die Couch zu schicken, kann man sie auch einfach einzäunen und ausdünnen, “umvolken” eben. Kurzum: Die Bestallung von Parallelgesellschaften kann sogar ein strategisches Mittel sein. Eine Nation, die im wesentlichen bei ihrer Identität bleiben will, kann so etwas nicht gebrauchen - egal wes Geistes Kind oder welcher Religion diejenigen sind, die sich für das üble Geschäft der Parallelgesellschaft hergeben. Es können auch Muslime sein; da gebe ich Ihnen recht.

Thomas Himmel / 15.09.2014

Es ging bei der Kundgebung nunmal nicht um Israel, sondern um Antisemtismus in Deutschland. Richtig ist dass Hr. Graumann der einzige war, der die bösartigen Äußerungen von Muslimen während des Gaza Krieges beim Namen genannt hat. Warum kein moslemischer Vertreter gesprochen hat würde mich mal interessieren. Politisch korrektes Gefasel kam von Wowereit, für den Homophobie offensichtlich die selbe Dimension wie die Shoa hat. Insgesamt war diese Kundgebung nicht mehr als eine müde Pflichtübung. Gleichwohl gilt das nicht für die mehr als 4.000 Teilnehmer.

Pol Belik / 15.09.2014

Schön, schön. Es waren etwas weniger als 5000 Demonstranten, davon war die Mehrzahl selber Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Dazu kamen politische und gesellschaftliche Funktionsträger, die Sonntagsreden hielten. Der “einfache” Bürger war bei dieser Kundgebung vielleicht mit ca. 1000 Mann/Frau vertreten gewesen. Das als Erfolg zu feiern verlangt gute Miene zum bösen Spiel. Die Medien verkaufen das als Riesending, obwohl es in Wirklichkeit ein Flop war. Muslimische Funktionäre waren nicht erschienen, obwohl gerade deren Klientel heute den eliminatorischen Antisemitismus fröhnen und pflegen. Alles in allem eine traurige Veranstaltung, die trotz großer medialer Werbung des Springer Verlages in allen ihren Zeitungen, die mehrere Millionen Menschen täglich lesen, gerade mal 1000 Nichtjuden zum erscheinen bewegte. Vor allem kamen viele Funktionäre, die wahrscheinlich einen Teil ihrer Mitglieder mitgebracht haben (CDU,SPD, FDP etc.). Wo aber war denn wirklich die Bevölkerung, die sonst mehr Menschen auf die Beine bekommt, wenn es um irgendwelche zu schützenden Juchtenkäfer geht (Stuttgart 21). Einen Reim kann sich jeder selbst darauf machen.

Matthias Strickling / 15.09.2014

Vielleicht sollten sich gewisse Kreise selbsternannter Gutmenschen mal daran erinnern was zu Deutschland gehört: Dazu gehört Judentum seit über tausend Jahren. Dazu gehört nicht der Islam. Das Judentum hat Deutschland maßgeblich geprägt, kulturell, und wissenschaftlich. Fängt bei Mendelssohn Bartholdy an und hört bei Einstein auf. Das kann man in jedem Geschichtsbuch nachlesen. Wo finde ich etwas zur Geschichte des Islam in Deutschland, abgesehen von der eher unrühmlichen Geschichte der letzten 30 Jahre? Kein Geschichtsbuch gibt da Auskunft. Wo finde ich die Bereicherung für unser Volk, die der Islam uns bringt? Was bringt und die geistige Einstellung des ” Insch’ Allah” -so Gott will, oder des Kismet - Schicksal, außer Stagnation und Stillstand? Ich empfinde die gewalttätigen Übergriffe vorwiegend muslimischer Migranten auf jüdische Mitbürger als unerträglich. Ich empfinde die Untätigkeit von Legislative und Exekutive diesbezüglich,  als stillschweigende Duldung, ebenfalls als unerträglich. Ich empfinde es ebenfalls als unerträglich, von der Politik nur Lippenbekenntnisse zu hören. Dies ist in meinen Augen praktizierter Antisemitismus. Es wird immer von einer Willkommenskultur gegenüber muslimischen Migranten gesprochen, insbesondere denjenigen, welche weder Integrationsfähig, noch willig sind. Wo bleibt die Willkommenskultur gegenüber immigrationswilligen oder bereits hier lebenden jüdischen Bürgern, welche sich in vielen Gebieten der Republik nicht einmal ihres Lebens sicher sein können?

Lukas Adam / 14.09.2014

Die Veranstaltung war gut gemeint, jedoch schlecht umgesetzt, weil sie unfassbar unglaubwürdig war. Wenn man die Politiker dort sitzen sieht… Die überweisen Millionen an deutschem Steuergeld an palästinensische Organisationen, die u. a. Judenmörder in israelischen Gefängnissen finanzieren und haben dann noch die Dreistigkeit, dort zu sitzen und tieftraurige Gesichter zu ziehen. Interessant war Merkels Rede. Sie hat ausschließlich über jüdische Deutsche gesprochen. Schlussfolgerung? Jüdischer Deutscher = Guter Jude = Darf nicht beschimpft oder geschlagen werden. Jüdischer Israeli = Schlechter Jude = Interessiert uns Deutsche nicht. Das ist Nationalismus und typische antizionistische Selektion zwischen lebenswerten und nicht lebenswerten Juden. Und bald kann dann die nächste Beschneidungsdebatte kommen, in der ebenfalls zwischen den guten Juden, die nicht beschneiden, und den schlechten Juden, die beschneiden, unterschieden wird. Eine Debatte zum Schächten wird in Deutschland auch früher oder später kommen. Der gute Jude, der nicht schächtet, und der schlechte Jude, der schächtet. Beides Aspekte des Judentums, die keiner für ethisch vertretbar halten muss. Die Debatten zu diesen Themen enden jedoch immer in der Selektion zwischen guten und schlechten Juden. Das ist das eigentliche Problem am Antisemitismus. Eine Selektion, die einen Teil der Juden zu Un(ter)menschen herabwürdigt und den anderen Teil der Juden als Alibi nutzt.

Thomas Schlosser / 14.09.2014

‘Scheinheiligkeit’ ist ein gutes Stichwort: Wurde von den Rednern dieser Demonstration denn auch dezidiert darauf hingewiesen, dass der Judenhass, um den es hier geht, primär von zugewanderten Migranten aus dem islamischen Kulturkreis ausgeht…? Dass es Stadtviertel in Deutschland gibt, die derart von jungen, muslimischen Männern dominiert werden, dass es einem Selbstmordversuch gleich käme, wenn sich ein Jude mit Kippa dort hineinwagen würde..? Ich lebe in Hessen und konnte den wohlfeilen Reden, die auf dieser Demonstration gehalten wurden, daher nicht lauschen, doch irgendwie bin ich sicher, dass dort alles mögliche kritisiert wurde, nur nicht die alltägliche Bedrohung, denen Juden ausgesetzt sind, weil sie ein Dorn im Auge von zugewanderten Muslimen darstellen. Deshalb würde ich den Begriff ‘Scheinheiligkeit’ gerne um die Bezeichnung ‘Heuchler’ ergänzen wollen… Politiker wie Merkel, Gauck und Gabriel, von den Grünen ganz zu schweigen, haben das Entstehen von islamischen Parallelgesellschaften zugelassen, daher sollten sie besser schweigen….

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