Merkel hat mit beschämender Belanglosigkeit reagiert, und das nicht einmal sofort. Mit dem hinzugefügten und fast schon unvermeidlichen Begriff „Fremdenhass“ relativiert sie den hasserfüllten Mob und stellt eigentlich klar, dass jedwede Kritik unwillkommen ist. Und die Presse in ihrem Gefolge reagiert ebenso - bis auf ein paar Ausnahmen - in der gleichen nichtssagenden, verschwiemelten Weise. So viel Heuchelei. So viel Selbstverleugnung. Trauriges Deutschland.
Vielleicht müsste der Selbstkritik des Welt-Chefredakteurs Ulf Poschardt noch angefügt werden, dass sich der Hass nicht nur gegen Israel und Juden im Besonderen,sondern auch gegen den Europa und dessen Werte im Allgemeinen bezieht.
Es ist tatsächlich so, dass manche Reaktionen ehrlich, manche Reaktionen verärgert (Der doofe Donald Trump! Jetzt steht der so da, als hätte er Recht!) & manche entlarvend sind. Angela Merkel zum Beispiel hat völlig “Recht”: Für Antisemitismus ist in Deutschland tatsächlich kein Platz. Da es aber zu wenig Juden in Deutschland gibt & man deshalb manchmal schon auf andere Feindbilder ausweichen muss - LKWs in Weihnachtsmärkte rasen & Frauen in Köln angegriffen werden - stellt sich die Frage, ob Platz für Vorurteile & Intoleranz gegenüber Deutschen ist? Oder wieso kommen hier immer nur Sprechblasen?
Sehr geehrter Herr Grimm, Ihr Titel liess mich aufschrecken und veranlsst mich (Bj1958) aus meiner Schule zu erzählen: Wir haben natürlich auch Geschichte gelehrt bekommen. Auch über Juden. Gelernt hatte ich, dass Juden aus dem Orient kamen und in Gettos/Judenviertel lebten. Dass Juden in Wirlichkeit seit dem römischen Reich in Europa lebten, eingebürgert waren und damit in Wirklichkeit unsere eigenen Landsleute, habe ich erst erfahren, als ich mich vor 15 Jahren privat mit deutscher Geschichte beschäftigte und auch von der Aufklärung und der Haskala erfuhr. Kurzum: auch in der mittl.Reife der 70er wurde noch vermittelt, dass Juden Fremde und keine eigenen Landsleute waren. Ihr Titel müsste also heissen: Sind Juden jetzt heute wieder Fremde? Ihre abschliessende Anmerkung über Fremdenhass spricht hierbei Bände….gut geschrieben! Wohlgemerkt 2017…72 Jahre nach dem Holocaust.
Bei den Eliten herrscht eine beklemmende Mischung aus geschichtlicher/kultureller Unkenntnis, was das Judentum und Israel angeht, und einer Feigheit, die ihresgleichen sucht. Zeichen für Antisemitismus gibt und gab es schon immer. Dass erst Fahnen brennen müssen, damit sich Frau Merkel gemüßigt sieht, erst ihren (pardon) „Innenminister“ vorzuschicken, um sich dann selbst mit einer lauwarmen (beschämenden) Aussage an die Öffentlichkeit zu trauen, spricht Bände. Schade nur, dass die alltäglichen körperlichen wie verbalen Angriffe, denen sich Juden hierzulande wieder vermehrt aussetzen müssen, nicht so öffentlichkeitswirksam ins Bild gesetzt werden können, wie eine brennende Fahne. Die ist letztlich nur in Zeichen dafür, dass Antisemitismus wieder zum ganz normalen Alltagsbild in Deutschland gehört, ohne dass sich die Mitverantwortlichen darum groß scheren.
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