Günter Keil, Gastautor / 06.10.2017 / 10:57 / Foto: Eric Staller / 15 / Seite ausdrucken

Elektrisch um die Ecke biegen: Gas – die bessere Alternative (9)

Von Günter Keil.

Die politische Verblendung, Autos unbedingt elektrisch antreiben zu wollen, ignoriert eine schon lange eingeführte und bewährte Technik, die unter Umweltgesichtspunkten weitaus besser ist: Autogas und Erdgas. Es gibt dafür bereits ein bundesweites Versorgungsnetz; die Stickoxid-Emissionen liegen in der Nähe des Nullpunktes und wer sich um die CO2-Emissionen sorgt: Sie liegen um 20 Prozent  niedriger als es die verbreiteten, heutigen Antriebskonzepte können. Die Umrüstung älterer PKW auf diesen Antrieb ist Stand der Technik, aber es gibt selbstverständlich eine Reihe von Autotypen, die schon ab Werk dafür eingerichtet sind.

Sämtliche Nachteile der E-Autos gibt es hier nicht: Die Anschaffung ist ungleich billiger, Reichweitenprobleme existieren nicht, die teure Einrichtung einer Lade-Infrastruktur entfällt, das Auftanken ist einfach und rasch erledigt, das erhebliche, energiefressende Zusatzgewicht einer Großbatterie entfällt und es gibt weiterhin einen nutzbaren Kofferraum. Zudem steigt die Lebensdauer der Motoren.

In Deutschland hat der Kunde die Wahl zwischen zwei Gasantrieben: Erdgas (CNG) und Autogas (LPG)

– CHG ist komprimiertes Erdgas, also Methan
– LPG ist eine Mischung aus Propan und Butan; es fällt in der Erdölraffinierie an.

Beide Treibstoffe werden in Tanks mitgeführt; aber die damit ausgerüsteten PKW haben einen zusätzlichen Benzintank, der evtl. Versorgungslücken beim Auftanken von Gas überbrückt. Die Motoren können alle drei Brennstoffe nutzen. Erdgasautos werden überwiegend schon als Neuwagen produziert; Autogas-Autos werden allgemein durch Umrüstung realisiert. Das Tankstellennetz ist vor allem für Autogas bereits stark ausgebaut. Die Branche macht dazu folgende Angaben:

Autogas LPG                  Erdgas CNG

Tankstellen (D):                       6561                             866
Davon auch mit Benzin:         5093                               711
Umrüster:                               1250                               120

Die Vorteile des Gasantriebs sind beachtlich:

Erdgas:

– Kaum Emission von Schwefeldioxiden oder Rußpartikeln
– Geringere Emission von Stickoxiden und Kohlenmonoxid (verglichen mit Diesel und Benzin)
– Geringere CO2-Emission als bei Autogas und Benzin
– Erdgas wird über unterirdische Leitungen zu den Tankstellen befördert.
 

Autogas:

– Umweltfreundlicher als Benzin (rd. 20% weniger Stickoxide)
– Emissionswerte wie beim Erdgas
– CO2-Emissionen liegen etwas über denen von Erdgas.

Vergleich der Reichweite, die mit 10 Euro im Tank erreicht wird:

– Benzin (Super):     99 km
– Autogas LPG:       170 km
– Diesel:                 174 km      
– Erdgas CNG:       201 km  

Anschaffung oder Nachrüstung? In der Anschaffung ist ein Erdgasfahrzeug etwas teurer als ein Autogasfahrzeug. Auch die Nachrüstung kostet bei einem Erdgasfahrzeug mehr. Die Nachrüstung ist
allerdings in erster Linie der Regelfall bei Autogas. Als Faustformel für eine Entscheidung über eine Nachrüstung gilt, dass nach etwa zwei Jahren diese Investition durch die Einsparungen ausgeglichen ist.
Von da an fährt man also sowohl billiger als auch umweltfreundlicher.

Die steuerliche Behandlung von Autogas offenbart die seltsame Vorliebe für den Elektroantrieb

Es gab eine Steuerbegünstigung für Autogas, die von der Bundesregierung zeitlich verkürzt werden sollte. Dies versuchte sie mit dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes, der ein Auslaufen dieser Steuervergünstigung zum Jahresende 2018 vorgesehen hatte.

Der Finanzausschuss aber änderte das gegen Ende Juni 2017. Die von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungsanträge sehen jetzt eine Verlängerung der Steuervergünstigung für LNG (bisher 9,47 Cent/Liter) bis 2022 vor; allerdings mit einer jährlichen Abschmelzung von 20 Prozent pro Jahr. Auch die Linke stimme dafür; die Grünen enthielten sich. Die Steuerbegünstigung für Erdgas CNG wurde entsprechend dem Ursprungsentwurf bis Ende 2026 verlängert, aber bereits ab 2024 sukzessive abgesenkt.

Auch der Versuch der Regierung, die Technik des Gasantriebs für Autos mit Verschlechterungen der Besteuerung zu bekämpfen, zeigt eine merkwürdige Abneigung der Politiker gegen diese Technik. Und das, obwohl sie – speziell bei Erdgas CNG – mehrere entscheidende Vorteile gegenüber dem Elektroantrieb aufweist. Und die die reale Chance besitzt, aufbauend auf dem bereits Erreichten eine problemlose Umstellung der meisten KFZ – auch der LKW und Busse – auf einen deutlich umweltfreundlicheren Kraftstoff in relativ kurzer Zeit zu erreichen, In den USA stellt man nicht nur die Kohlekraftwerke, sondern auch den Langstrecken-LKW-Verkehr auf das dort durch das Frackingverfahren billige Erdgas um.

Die Umstellung auf Erdgasantrieb in Deutschland würde außerdem deutlich geringere Kosten als die sogenannte E-Mobilität verschlingen – und daher viel größere Akzeptanz seitens der Autofahrer erfahren. Diese verstehen offensichtlich mehr von Autos und ihrer Technik, als die Ministerien und das gesamte Parlament; was ihre große Kaufzurückhaltung bei den E-Autos erklärt. Das Scheitern der Elektrifizierung des Individual-Straßenverkehrs ist schließlich aufgrund ihrer schwerwiegenden Nachteile und voraussichtlich ungelöst bleibender Probleme sehr wahrscheinlich. Für den innerstädtischen öffentlichen Nahverkehr – mit Straßenbahnen und Bussen – würde es Sinn machen. Aber wo sind die O-Busse geblieben ? Und wo gibt es einen kräftigen Zubau am innerstädtischen Schienenverkehr?

Das blinde Ignorieren der Chance des Erdgasantriebs und auch der weiterhin vorhandenen physikalischen und finanziellen Barrieren der Elektroautos und deren absehbare erneute Pleite ist keine verantwortungsvolle Politik. Die Blamage der von der Regierung verschuldeten unaufhaltsam und stetig ansteigenden Treibhausgas-Emissionen Deutschlands – trotz ihres peinlichen „Klimaschutz-Vorreiter“-Selbstlobs – scheint noch nicht genug zu sein. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass sich ein Regierungsprogramm als eine Wiederaufführung des Märchens von des Kaisers neuen Kleidern erweist.

Ende der Serie

Autor Dr. Ing. Günter Keil ist ehemaliger Ministerialdirigent im Bundesforschungsminsiterium

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite des Europäischen Institutes für Klima und Energie (Eike) hier

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Teil 4

Teil 5

Teil 6

Teil 7

Teil 8

Foto: Eric Staller GFDL via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Helmut Wichtlhuber / 06.10.2017

Nein, mit dem Elektroauto wird es wohl auf Dauer nichts werden. Bis zu dieser Erkenntnis müssen aber noch ein paar Steurmilliarden den Bach runter gehen. Zunächst wäre es wichtig den bei den sog. nachhaltigen Energiequellen entstehenden Strom, vernünftig einzusetzen. Gleichzeitig ist eine Lösung zu finden für den Energietransfer von Nord nach Süd. Da stellt sich die Frage, warum man den Strom, insbesondere auch den überschüssig erzeugten,  nicht in Methangas = Erdgas umwandelt. Das Verfahren, der Sabatghierprozeß, ist bekannt und machbar. Vorteile: 1. Die Speicherung von Erdgas ist wesenlich einfacher zu bewerkstelligen, als die Speicherung elektrischer Energie; entsprechende Speicher existieren, die Methoden sind erprobt. 2. Es existiert ein engmaschiges europaweites Netz zur Gasversorgung der Regionen. 3. Das Methangas kann, soweit erforderlich, dezentral über Gasturbinen verstromt werden. 4. Methangas läßt sich in Kraftfahrzeugen als Treibstoff einsetzen; grundsätzlich sind die existierenden Verbrennungsmotoren dafür geeignet bzw. in der Mehrzahl der Fälle umrüstbar. 5. Dieser Einsatz in Verbennungsmotoren ist umweltfreundlich. Es entstehen als Verbrennungsprodukte Wasser und Kohlendioxid. Letzteres jedoch nur in dem Umfang, in dem es zuvor (fast zeitgleich) der Umwelt für die Umsetzung des Sabathierprozesses entnommen wird. Der Verbrennungsmotor hat sich als ausgereifter Kraftfahrzeugantrieb seit mehr als 100 Jahren in großen Serien etabliert. Dieses Verfahren würde nicht nur ein bewährtes Antriebskonzept fortschreiben, es wäre zudem vertetbar als wirtschaftliche und ökologische Lösung. Wer hiergegen ein Wirkungsgradargument in die Debatte werfen möchte, sei darauf verwiesen das Leitungs,- und Transformationsverluste auf dem Stromweg vom Nordseewindpark in süddeutsche Industriezentren auch nicht von Pappe sind. Während bei dem heute angestrebten Elektroantrieb der Strom ganz einfach aus der Steckdose kommt und damit zu mehr als 70% aus dem Kohle- oder Atomkraftwerk, würde bei diesem Konzept nur nachhaltig erzeugter und von Fall zu Fall auch “wertloser” Strom eine große Entlastung in der gesamten Energiebilanz darstellen. Es ist auch zu bedenken das die installierte Leistung des gesamten deutschen Kraftfahrzeugbestandes bei ca. 4,5 Millionen Mw liegen dürfte. Von daher ist darauf hinzuweisen, daß ein vollständiger Ersatz des Verbrennungsmotors (die hirnrissige Zeitvorstellung 2030 kann man ohnehin vergessen!)  nicht ohne einen Ausbau der Energieerzeugung möglich ist und zwar in einer Größenordnung, die zwangsläufig eine fossile oder nukleare Basis erforderlich machen wird.

Frank Mora / 06.10.2017

Ich fahre selbst ein Erdgasfahrzeug. Weil es einfach vernünftig ist. Auch ohne Steuervorteil, der eigentlich eine weniger exorbitante Besteuerung wie für Raffinerietreibstoffe ist. Erdgas kommt aus einem anderen Bohrloch als Erdöl. Die Vorräte sind, auch dank Fracking und Maisvergärung, sehr lange reichend. Die Infrastruktur für Erdgas führt in fast jedes Haus. Wenn die Germanen ihre Risikoaversion überwinden, könnte man mit einem Heimkompressor das Auto zu Hause betanken. Bloß an das gelbe Rohr im Keller anschließen. Die Kompressoren gibt es bereits in F und CND. Autos stellen mehrere europäische Anbieter ab Werk (alle 4 VW-Marken, Fiat, Opel, Daimler) in großer Vielfalt her. Demnächst will wohl die Auto- und Energieversorgerindustrie die Tankstellenzahl mehr als verdoppeln und weiße Flecken auf der Landkarte füllen. Die Tankstellensuche bei Fernfahrten ist per App ein Kinderspiel. Was geht, zeigen I, A und CZ in Europa.

Andreas Brueckner / 06.10.2017

P.S: die erste Tabelle ist wirr, Tankstellen auch mit Benzin??? Da ist was dureinandergeraten p.p.s. fracking, echt jetzt?

Andreas Brueckner / 06.10.2017

Anzumerken ist noch zu Erdgas, dass die Reichweite deutlich geringer ist als bei einem Benziner, bei den Modellen die ich bis jetzt gefahren bin, Opel Zafira und Mercedes B-Klasse ist nach 300-350km mit einer Tankfüllung Ende. Problematisch ist das Tankstellennetz, seit ein paar Jahren machen immer mehr Tankstellen zu. In machen Ländern ist Erdgas so gut wie unbekannt, Frankreich, in anderen weitverbreitet, Italien.  Das kann Urlaubsentscheidungen beeinflussen. VW hat Erdgas stiefmütterlich behandelt und bei der Frage nach der Sicherheit katastrophal versagt. Das da nicht mehr passiert ist, liegt wohl nur an den geringen Verkaufszahlen. Ein guter Antrieb, der es aber nicht geschafft hat, sich durchzusetzen. wenn das Tankstellensterben so weitergeht, wird unser nächstes Auto kein Erdgasauto mehr (im Gegensatz zu den letzten drei Modellen).

K.H. Münter / 06.10.2017

Vielen Dank für diese ungemein interessanten Zusammenfassungen zum Thema E-Mobilität und deren Alternativen.

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