Beda M. Stadler, Gastautor / 05.08.2007 / 16:30 / 0 / Seite ausdrucken

Einstein und die Bienen

Will man eine besonders grosse Dreistigkeit behaupten, hilft es, jemanden zu zitieren, der über alle Zweifel erhaben ist. Albert Einstein ist eine solche Figur, die trotz Beatles-Frisur und öffentlichen Zungen-Herausstreckens diese Seriosität bewahrt hat. Einstein wurde kürzlich von den Bienenzüchtern derart missbraucht.

Das Völklein der Bienenzüchter ist fast so emsig wie die Bienen, wenn es darum geht Zucker -das ist Honig nun mal- zu einem gesunden Lebensmittel zu machen. „Mutter gibt deinem Kinde Honig“ stand früher auf dem Honigtopf, als die Zahnärzte noch nicht viel zu sagen hatten. Jetzt, da ein globales Bienensterben droht (glaubt man den Medien), muss ein Schuldiger für dieses Bienensterben gefunden werden. Es gibt also nicht wenige Imker, die den Sündenbock der Gentechnik in die Schuhe schieben möchten. Das hat Tradition in der Schweiz, hatten wir doch einmal einen BUWAL Chef der selber Bienenzüchter war und in dieser Tatsache viel Motivation fand, um von Bundesebene aus gegen die Gentechnik zu schiessen.

Um diese ungeheuerliche Behauptung glaubwürdiger zu machen, zitiert man eben Albert Einstein. Er habe gesagt: „Wenn die Bienen verschwinden hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben; keine Bienen mehr, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen mehr.“
Hat Einstein wirklich einen derartigen biologischen Unsinn behauptet? Er soll das Zitat von Amerika aus auf die Welt losgelassen haben, was ein doppelter Unsinn ist. Amerika hatte nämlich keine Honigbienen. Die Bienen sind von den ersten Siedlern in Amerika freigesetzt worden, ein biologische Experiment, eine sogenannte unkontrollierte Freisetzung. Die Indianer haben die Bienen “die Fliege des weissen Mannes” getauft und schätzen rasch den Honig als Süssstoff, er war schmackhafter als der bislang verwendete Ahornsirup.

Auch die Bären haben rasch herausgefunden wie man Bienenstöcke plündert. Amerika ist trotzdem über Millionen Jahre ganz gut ohne Bienen zurecht gekommen, schliesslich gibt es Milliarden anderer Insekten und den Wind, um normalerweise die Bestäubung zu übernehmen. Das Einstein-Zitat ist also erfunden wie das israelische Einstein-Institut auf Anfrage geklärt hat. Einstein hat das Bienensprüchlein nie gesagt.

Trotzdem wollen wir den Bienen alles Gute wünschen, schliesslich sind sie Industrietiere geworden. Industriell produzierenden Bauern, inklusive der Biobauern, sind heute von den Bienen für einen hohen Ertrag abhängig. Genau so wie andere Haustiere und Hauspflanzen ebenfalls von uns abhängig sind. Daher macht es eben manchmal Sinn, einem Bienenvolk mit einem Antibiotikum zu helfen, oder gar einem Apfelbaum. Tut man aber so, als sei jede vernünftige Hilfe nicht „biokonform“, riskiert man eben Bienenvölker zu verlieren oder unnötig Apfelbäume dem Feuerbrand zu opfern. Dass die „Biospritzmittel“ beim Feuerbrand versagt haben, ist nun wohl jedem klar. Hoffen wir, dass trotzdem Bioungläubige in Zukunft ihr Apfelmus mit Honig süssen können.

Zuerst erschienen in der Berner Zeitung am 4. August 2007

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