Susanne Baumstark / 26.03.2018 / 13:47 / Foto: Pixabay / 4 / Seite ausdrucken

Einreise: Ignorierte Warnungen

Das war Klartext beim gestrigen Presseclub: Der freie Journalist Wolfgang Bok: „Sie gehen nach Weil am Rhein, da kommt jeden Tag die Straßenbahn aus Basel, die Linie 8. Da kommen Migranten aus Afrika, die werden in Empfang genommen, da wird keiner zurückgeschickt… Also die 200.000, die genannt werden, sind eher eine Untergrenze als eine Obergrenze… wenn jetzt Bayern seine eigenen Grenzkontrollen macht, dann möchte ich mal sehen, ob sie dann hin stehen und sagen, wir verfolgen Recht und Gesetz und sagen, ihr kommt aus einem sicheren Drittland, Österreich, zurück. Das möchte ich mal sehen. Auf diese Diskussion bin ich gespannt.“ 

Es hapert ja schon an der Durchsetzungskraft, selbst bei bestem Willen. Die fatale Laissez-faire-Einreisepolitik scheint aber langsam ernst genommen zu werden. Nordbayern berichtet: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat die Kontrolle längst verloren. „Die Folgen sind immens – und gefährlich.“ Identitätsfeststellung als Grundlage für jedes Verfahren: großteils Fehlanzeige. „Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise kamen knapp 80 Prozent der Asylbewerber ohne Ausweisdokumente… Innerhalb kürzester Zeit gelangten 700.000 Menschen nach Deutschland, deren Identität nicht eindeutig geprüft war, zeigt eine interne Regierungsbilanz.“ Aus Sicherheitskreisen sei zu erfahren, dass immer noch mehr als die Hälfte ohne Identitätsnachweis reist. „Laut Innenministerium legten bei der Antragstellung 2017 nur etwa 35 Prozent ein Identifikationsdokument vor. Im Vergleich zum Vorjahr ging der Anteil sogar leicht zurück.“ 

Das „massive Sicherheitsproblem“ war dem BAMF schon früh klar, wie Nordbayern – übrigens auch zur lächerlichen Angeberei bezüglich digitaler Neuerungen und zu seltsamen Vorgängen im Rahmen simulierter Sicherheit – weiter schreibt: „Warnungen seien aber verpufft.“

So auch die des BAMF-Personalrats in seinem Brandbrief vom November 2015: Die systemischen Mängel sind „mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht vereinbar“. Unter „Verzicht auf eine Identitätsprüfung“ wurde Syrern, Eritreern und Irakern der Flüchtlingsstatus zuerkannt, trotz des erfahrungsgemäß hohen Anteils Asylsuchender, „die eine falsche Identität angeben, um eine Bleibeperspektive mit der Möglichkeit des Familiennachzugs etc. zu erhalten.“ Es ist erhellend, den vierseitigen Brandbrief in Gänze zu lesen. Weitere Infos zu Vorgängen im BAMF sind hier zusammengestellt.  

Nur rund 10.000 Zurückweisungen

Auch die Welt stellt kritisch zur Einreisepolitik fest: „Von einer ‚Abschottung von jeglicher Migration‘ durch Grenzkontrollen fehlt allerdings bisher jede Spur. Nach Einführung der Kontrollen im Herbst 2015 kamen im Jahr darauf 1.720.000 Ausländer nach Deutschland.“ Die Methode der Zuwanderungskontrolle sei „eher zurückhaltend“. „Bis heute dürfen die Bundespolizisten unerlaubte Einreisen von Ausländern, die behaupten, Schutz zu suchen, nicht verhindern. Nicht einmal, wenn sie keine Papiere haben oder schon in einem anderen EU-Land nachweislich als Flüchtlinge anerkannt sind.“

Zurückweisungen hat es laut dieser Antwort der Bundesregierung dennoch gegeben: „Durch die Bundespolizei und die … beauftragten Behörden wurden im Jahr 2017 insgesamt 10.265 Personen zurückgewiesen, die ohne gültiges Reisedokument/Visum/Aufenthaltstitel bzw. im Besitz eines falschen bzw. verfälschten Reisedokumentes/Visums/Aufenthaltstitels waren.“

Ausgenutzt werden letztlich sämtliche verfügbaren Wege. Die „Feststellungszahlen“ im Bereich „illegale Migration auf dem Luftweg nach Deutschland“ legten laut Bayernkurier ebenfalls zu: „Etwa ein Drittel der Asylsuchenden aus den Hauptherkunftsländern sollen auf ihrem Weg auch ein Flugzeug nutzen.“ Es gebe zwar „verschärfte Einreisekontrollen an den deutschen Flughäfen“, allerdings „tarnen“ sich Migranten „neuerdings auch mit Anzügen als Geschäftsreisende – oder umgekehrt mit Shorts als Touristen, je nach Abflugort“. Die neue Kreativität der Schleuser: „Insbesondere im Luftverkehr nutzen Migranten und Schleuser sehr flexibel verschiedene Routen und Modi Operandi.“ Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei sagt: „Es ist sehr schwierig, bei Kontrollen von Flugzeuginsassen in kürzester Zeit eine illegale Einreise zu erkennen.“

Weitere Mittel und Wege: Neben Fernreisebussen und Mitfahrzentralen auch Innenräume von Containern auf Güterzügen durch aufgeschnittene Planen, Überlassen von Ausweisen an Landsleute oder Arrangement von Scheinehen mit deutschen Frauen. Last but not least kommen aufgrund „massiver Bestechung von Grenzpolizisten“ (Focus) monatlich rund 15.000 Flüchtlinge über die offiziell geschlossene Balkanroute in die Bundesrepublik. „Nach Erkenntnissen der deutschen Sicherheitsbehörden werden Grenzbeamte an strategisch wichtigen Übergängen mit hohen Geldzahlungen dazu gebracht, Fahrzeuge nur nachlässig zu kontrollieren oder gleich durchzuwinken.“ Über die Stichwortsuche „Einreise“ beim Blaulicht Presseportal der Polizei können täglich neue Einreisefälle verfolgt werden.

Ein Leserkommentar zur Sache: „Ich meine, dass der Artikel nicht zur Beruhigung der Bevölkerung beigetragen hat.“

Dieser Beitrag erscheint auch auf Susanne Baumstarks Webseite "Luftwurzel".

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Leserpost

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Peter Schwarz / 26.03.2018

1997 verschärfte man die Regeln für Spätaussidler.Sprache musste von den Eltern erlernt worden sein(obwohl sie verboten war)und der Test musste beim 1 mal bestanden werden. Tausende Deutsche mussten deshalb zurück,obwohl ihre Eltern als Deutsche anerkannt waren und sie in der Ex-UDSSR auch als Deutsche eingetragen waren. Das ist unsere Regierung. Achja,wer dem Kommunismus vorschub geleistet hat bekam auch keinen Pass!Jetzt könnte man sich natürlich fragen warun Nichtdeutsche Kommunisten die Terrororg. nahestehen hier Asyl bekommen…

Hubert Bauer / 26.03.2018

Im Sommer 2016 bin ich mit dem Railjet von Budapest nach München gefahren. In Salzburg sind sechs Afghanen zugestiegen. Bei der Fahrkartenkontrolle haben sie gesagt, dass sie eigentlich nach Innsbruck wollen und sie Österreich nicht verlassen dürfen. Nun sie haben es - mangels Alternative - gemacht und sind bis München durchgefahren. Kein Polizist war im Zug und auch die Schaffnerin hat nicht die Polizei in München verständigt. Ich habe es mir überlegt, die Polizei zu verständigen, bin aber sehr schnell zum Ergebnis gekommen, dass es sinnlos ist, weil diesbezüglich auch in Bayern das Recht nicht mehr durchgesetzt wird. Da ist es auch ziemlich egal ob Seehofer und Söder ein paar mehr Polizisten an die Grenze stellen.

Wolfgang Kaufmann / 26.03.2018

Seibert nennt die offizielle Doktrin: „Spanien ist ein demokratischer Rechtsstaat“. Mit anderen Worten: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. — Was der UN-Menschenrechtskommissar am 23.3.2018 über die Haft des Präsidentschaftskandidaten Sànchez sagt, lässt sich googeln unter “G/SO 215/51 ESP(140)”. — Und unbequeme Informationen zur Menschenrechtslage in Spanien, Stand 13.2.2018, siehe Google: “Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Spanien zum achten Mal in wenigen Jahren verurteilt.”

Gudrun Meyer / 26.03.2018

Ihr Artikel nennt wesentliche Probleme beim Namen, vom menschheitsumarmenden Verzicht darauf, den “Flüchtlingen” auch noch den Besitz echter Personalausweise abzuverlangen bis hin zur Korruption der Grenzer. Eine wichtige Spielergruppe beim “historisch einzigartigen Experiment” haben Sie aber außen vor gelassen, nämlich die sehr gut vernetzte linke Infrastruktur in Deutschland. Sie ist in wichtigen Teilen staatlich, halbstaatlich oder staatsalimentiert und besteht z.B. aus Antidiskriminierungs- und ähnlichen Beauftragten, “Flüchtlings"räten, Pro Asyl & Co., halbseidenen NGOs, ausschließlich linksextrem besetzten “Fachstellen für Demokratie”, der Amadeu-Stasi-Stiftung und natürlich den hehren Widerstandskämpfern der SAntifa. Vom kleinsten “Bunt statt Braun”-Aktivisten bis zur Kanzlerin tiefstpersönlich bestehen hier lockere Zusammenhänge - man kennt sich regional, man kennt auch einige höherrangige Leute, man ergattert einen einflussreichen Posten, man hat Angehörige und Freunde auf weiteren, oft noch neu zu schaffenden Posten unterzubringen, vor allem aber hat man die richtige Gesinnung. So planlos das Geflecht auch entstanden sein mag, ist es doch heute ein Faktor, gegen den keine lokale bis nationale Regierung mehr möglich ist. Und all diese Linken, die zum beachtlichen Teil vom Familienministerium gefüttert werden (und von denen manche vermutlich auf den Gehaltslisten krimineller Multikulticlans stehen), brüllen nach wie vor: “Deutschland gehört allen, kein Mensch ist (oder handelt) illegal, und seid umschlungen, Milliarden!”

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