Ulli Kulke / 19.09.2017 / 06:09 / Foto: U.S. Department of State / 38 / Seite ausdrucken

Die heimliche Frage: Wieviele wählen AfD wider Willen?

Ein Gespenst geht um in der Republik. Jaja, okay, man sollte seine Beiträge nicht mit abgeschmackten Einstiegen banalisieren. Aber in diesem Fall ist es schon ein wenig gespenstisch. Es spukt jedenfalls in vielen Köpfen herum, auch wenn meist nur Andeutungen zu hören sind und niemand ganz offen darüber spricht oder schreibt: Die „strategische Wahl“, die Stimme wider Willen. Jetzt brandaktuell bei der Bundestagswahl. Aus der Not geboren? Aus Trotz? Aus Alternativlosigkeit? Aus Blindheit gegenüber den Radikalen?
 
Der Casus: Es könnte sein, dass die AfD am kommenden Sonntag viele Stimmen von solchen Wählern bekommt, die eine tiefgreifende Distanz zu vielen öffentlichen Verlautbarungen aus dem Umfeld der AfD hegen, ja auch deutliche menschliche Vorbehalte gegenüber Teilen des Personals der Partei. Es könnte also passieren, dass die AfD am Sonntag von versteckten Wählern weit höher gehoben wird als die Meinungsumfragen vermuten lassen, weil sich viele nicht mal hinter vorgehaltener Hand oder bei anonymen Telefon-Befragungen zu ihr bekennen wollen. Nicht jeder ist so offen wie jener Studiendirektor, der sich darüber bereitwillig im Welt-Interview outete. Er sagt: „Die AfD würde meine Stimme nicht bekommen, wenn die Gefahr bestünde, dass sie eine Mehrheit erreicht.“
 
Längst schält sich das Thema AfD als das meist diskutierte im Wahlkampf heraus. Weil er ansonsten lahmt – und weil die Trennschärfe der Konkurrenten zunehmend schwindet. Die „strategischen Wähler“ (in der guten alten Zeit hießen sie auch „Protestwähler“) werden ins Rampenlicht rücken.
 
Grundsätzlich ist strategisches Wählen nichts Neues. Es gab und wird immer viele Gründe geben, der Partei seines Herzens die Stimme zu verweigern, um wenigstens dem „kleineren Übel“ eine Chance zu geben, eben weil der Favorit keine Chance hat (die SPD profitierte jahrzehntelang am meisten davon). Oder um für bestimmte Koalitionen die Aussichten zu erhöhen oder ebensolche zu verhindern. Und, ganz klar: Immer schon haben verhinderte Kandidaten ihrer Partei die Stimme versagt, um nachzutreten gegen den aufgestellten Konkurrenten. Oder um innerparteilich aufzuräumen.

So zu verfolgen jetzt bei den Grünen in Berlin, wo die Realos ihrer von der SPD übergewechselten Linken Kollegin Canan Bayram die Stimme zu verweigern drohen, die als Nachfolgerin des Grünen Christian Ströbele dessen Kreuzberger Wahlkreis verteidigen will. All das gehörte schon immer dazu, wurde an Stamm-, Küchen- und Redaktionstischen rauf und runter diskutiert. Wer so etwas als Selbstverleugnung abstempelt, argumentiert realitätsfern.

Und, schadet das der Partei? Wie man sieht: Nein, überhaupt nicht.

Jetzt aber, da eine rechte Partei antritt, hat ein anderer Ton in die Debatte Einzug gehalten, es geht um Prinzipielles: Die Wahl der AfD durch wohlsituierte, intellektuell beschlagene Mitbürger, nicht zuletzt Altlinke darunter, frei von rechtsradikaler Gesinnung oder überhaupt jeglicher Sympathie gegenüber Typen wie Höcke oder von Storch, die sich in Facebook-Chats, in Privatgesprächen daheim, in Debatten zum Barolo bei Edel-Italiener unüberhörbar ankündigt – da kommt bei vielen Zeitgenossen, die all das nicht wahr haben wollen, schon der Gedanke an 1933 auf. „Keiner kann später mehr sagen, er habe es nicht gewusst“, heißt es aus ihrem Mund oder ihrer Feder landauf, landab, als sei das Parteiprogramm der AfD gleichlautend mit Hitlers „Mein Kampf“ und die Partei kurz vor der Machtübernahme. Hat man schließlich nicht deshalb mit seinen linken Kampfzirkeln oder Kaffeekränzchen seit zwei Jahren gegen diese Partei und ihre Versammlungen das unbegrenzte Widerstandsrecht reklamiert, von der Sitzblockade bis zur Gewalt auch gegen Parteimitglieder?

In der Tat, es ist eine Zumutung, was viele AfD-Mitglieder auf Parteiversammlungen, im Internet und auf diversen Veranstaltungen gerade in letzter Zeit von sich geben. Nicht nur notorisch Rechtsradikale, Unverbesserliche wie Höcke, sondern auch einst so besonnene Köpfe wie Alexander Gauland, der jetzt über die Wehrmacht redet, als habe er als Wähler besonders die Stahlhelm bewehrten schwarzen Krad-Melder im Visier, die heute mit ihren Gespannen durch Brandenburg geistern. Schauder. Gerade für das vergangene halbe Jahr gilt zunehmend: Das akzeptable Wahlprogramm der AfD wird durch unakzeptable völkische Sprüche, durch Relativierungen der Vergangenheit, durch halbgare Dementis verschwörungstheoretischer und rassistischer Emails in den Hintergrund gerückt. Es wird unappetitlich.

Und, schadet das der Partei? Wie man sieht: Nein, überhaupt nicht. Offenbar auch nicht bei denjenigen ihrer potenziellen Wähler, die mit ihr eigentlich gar nichts zu tun haben wollen, aber drauf und dran sind, ihr die Stimme zu geben. Und dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Für einen davon sind gerade die verantwortlich, Journalisten zumal, die sie schon immer, auch schon zu Luckes Zeiten, meinten, in die unwählbare Ecke schreiben zu müssen. Jetzt zeigt sich: Ihre Klagerituale haben sich schlicht abgenutzt, weil sie zu einem großen Teil nicht nur übertrieben sondern unglaubwürdig waren. Die ganz großen „Skandale“ der Partei nämlich, an die man sich noch erinnert, liegen meist schon etwas zurück – und sie waren meist gar keine.

Etwa die Unterstellung fast der gesamten Branche von Presse, Funk und Fernsehen, Frauke Petry habe einen „Schießbefehl“ an der Grenze  gegen Flüchtlinge gefordert. Sie war an den Haaren herbeigezogen. Petry hat nichts anderes eingeklagt (wohlgemerkt als „Ultima Ratio“), als in den einschlägigen Gesetzen steht, und was der prominente grüne Boris Palmer fast wortgleich ebenso formuliert hatte. Die Kritik an ihr war daher „gesetzeswidrig“, wenn man so will. Oder: Die Titelgeschichte der Sonntags-FAZ, mit der das Blatt Gauland  gegen den Fußball-Nationalkicker Jerome Boateng ausspielen wollte (und auf die anschließend andere Medien unbesehen draufsattelten), entpuppte sich als konstruierter Skandal, der in sich zusammenbrach. Dieses und manches mehr war dann später immer mal wieder Anlass zu selbstkritischen Beiträgen in den Medien – auch den selbst betroffenen – über den Umgang mit der AfD. Sehr zu Recht. Aber ohne Lerneffekt

Was nach all dem bei vielen hängen blieb: Angriffe gegen die Partei sind gewollt, sie sind von den „Mainstream-Medien“ in der Absicht durchgeführt, die AfD auf den Scheiterhaufen der Geschichte zu werfen, damit die traute Einigkeit in der ach so modernen politischen Landschaft wiederhergestellt ist, an der man doch so hilfreich mitgebaggert hatte nach dem Marsch durch die Institutionen und Redaktionen. Tatsächliche Skandale wiederum, wie Wahlbetrug zu Lasten der AfD (Bremen etwa oder Nordrhein-Westfalen) oder der Versuch, ihr zustehende Gremienplätze trickreich vorzuenthalten, taten ein Übriges. Ein für unsere gefestigte Demokratie fatales Bild hat sich bei vielen eingeprägt: Die AfD wird ungerecht behandelt. Die Parteien mischen mit, und die Medien mischen mit, die „Eliten“. Die Quittung erhalten wir gerade.

Jetzt, da zunehmend AfD-Funktionäre Lust daran finden, die Lunte zu legen, rächt es sich, dass zu oft unberechtigterweise „Feurio“ gerufen wurde. Die Aufmerksamkeit von außen wie auch das Korrektiv von innen heraus sind dadurch geschwächt. Einen ähnlichen Effekt hatte es, alles, was aus dem Mund oder der Feder der Partei zum Thema Ausländer und Flüchtlinge kam, automatisch sogleich als „Rassismus“ abzustempeln, auch wenn es sich fast ausschließlich um Kulturkritik handelte. Der Rassismusbegriff wurde (und wird) gnadenlos überdehnt. Er ist als Allerweltsbegriff abgenutzt.

 Eine halbe Stunde Facebook-Lektüre genügt

Und wer meint, dieses Bild von einem falschen Umgang mit der Partei sitze nur bei den Parteimitgliedern und ihrem Umfeld fest, der täuscht sich gewaltig. Er unterschätzt den breiten Willen, jetzt, bei der Wahl, den saturierten, von sich selbst überzeugten Akteuren einen Denkzettel zu verpassen, und wenn kein anderes Instrument zur Verfügung steht, dann eben mit der AfD und sei sie noch so ungeliebt.

Ein weiterer Grund, warum die letzten, durchaus rechtsradikalen Ausfälle der Partei nicht negativ zu Buche schlagen, liegt nämlich in der Hilflosigkeit, in der sich jetzt viele Wähler sehen. Wo soll derjenige sein Kreuz machen, der dafür ist, dass die Bestimmungen beim Euro eingehalten und keine weiteren nationalen Kompetenzen an die EU abgegeben werden, der den Ehe-Begriff so erhalten wissen will, wie er war, dem das – auch im Behördenverkehr – um sich greifende Gendersprech auf die Nerven geht und der (oder auch die) wehmütig an die früher differenzierteren Geschlechterrollen zurück denkt, der Angst vor einer Islamisierung hat, der sich bei dem Gedanken an weitere Hunderttausende Flüchtlinge im Land nicht wohl fühlt und der ohne sichere Grenzen nach Recht und Gesetz nicht schlafen kann, für den der Begriff des „Deutschen Volkes“ nicht von den Nazis erfunden wurde, der skeptisch gegenüber der Geschwindigkeit bei der Energiewende ist und vielleicht sogar die Atomkraft erhalten will, dem sich der Staat in viel zu viele Angelegenheiten einmischt – dem aber die Sprache, das Milieu und das Umfeld der AfD und ihre schwindende Abgrenzung nach rechtsaußen zuwider ist? Was soll dieser Mensch wählen?

All diese Punkte könnten ausreichen als Gerüst für ein komplettes Parteiprogramm. Das tollste: Sie waren sogar mehrheitsfähig, ganz ohne rechtsradikale Attitüde, noch vor ganz wenigen Jahren, bevor in der Ära Merkel die Union umgepolt wurde. Entsprechend blauäugig ist es jetzt, der kompletten Basis dieser einstigen Mehrheit mal eben beibringen zu wollen: All diese Präferenzen waren gestern, keine Partei bietet dir dies mehr an, vergiss es oder du rückst dich ins Abseits. Und nochmal: Es gibt keine Islamisierung, fertig! Doch der Versuch läuft, und wundert es da noch jemand, dass besonders im Osten die Erinnerung an die „Nationale Front“, an die Blockflötenparteien hochkommt?

Rechtsradikale wählen die AfD, klar, jedenfalls sofern sie es als das aussichtsreichere „kleinere Übel“ gegenüber der NPD ansehen. Doch sie werden nicht die einzigen sein, die die Partei ohne viel Sympathie wählen. Um das festzustellen, genügt eine halbe Stunde Facebook-Lektüre. Viele derer, die dem oben geschilderten Wertekanon huldigen, die aber aus der Mitte der Gesellschaft kommen, werden ihnen folgen, vielleicht sogar sehr viele – als Resultat einer Abwägung zwischen zwei Maximen. Und zwischen zwei Übeln. Da sind die Alternativen:

Das gefühlte Drohpotenzial

Entweder: Keine Stimme denjenigen, die mit rechtsradikalem Gedankengut auf Stimmenfang gehen, wehret den Anfängen. Ich will später nicht zu denen gehören, die einer solchen Partei den Weg bereitet hat. Dafür nehme ich in Kauf, dass ich für meine eigenen politischen Präferenzen eben nichts tun kann, dass, ganz im Gegenteil, jetzt Menschen wie etwa der EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker  den Ton angeben, die den Prozess in die Gegenrichtung sogar noch beschleunigen wollen, ohne Halt. Für mich ist das eine Prinzipienfrage, deshalb sorge ich mit meiner Stimme dafür, dass die AfD draußen vor bleibt, oder jedenfalls nicht stärkste Oppositionspartei wird. Eine Partei meiner Wahl gibt es nicht.

Oder: Ich will mit meiner Wahlentscheidung signalisieren, dass es konservative Menschen gibt, die sehr wohl noch an jenen Werten hängen, und die Partei wählen, die dafür kämpft, wenn auch reichlich übertrieben und oft mit falschem Zungenschlag. Dafür nehme ich in Kauf, dass im Bundestag demnächst rechte Chaoten einziehen, womöglich rechtsradikale Reden gehalten werden, die Rechte sich womöglich insgesamt in einer Eigendynamik verstärkt, unliebsame Überraschungen möglich. Das Signal geht entweder an die Unionsparteien, die spüren sollen, dass sie in diesem Lager sehr wohl Stimmen ernten können, wenn sie wollen (bei Facebook debattieren eingefleischte CDU-Mitglieder, die auf möglichst viele AfD-Stimmen hoffen.), oder, ersatzweise irgendwohin in den politischen Raum, aus dem heraus ich mittelfristig eine neue Parteigründung erhoffe. Sollte sich die AfD einst berappeln und von ihren rechtsextremen Auswüchsen selbst befreien, oder eine neue CSU mit ihren alten Prinzipien bundesweit antreten, wäre mein Ziel auch erreicht.

Eines zeigt sich derzeit: Für die Wähler der zweiten Option ist es völlig egal, wie weit rechtsaußen die Parteienvertreter sich äußern. Die Realisierung keines einzigen ihrer Sprüche schließlich steht für die kommende Legislatur an. Nicht ausgeschlossen, dass sogar auch dieser Gedanke eine Rolle spielt: je weiter rechts – und damit entfernter von meinem eigenen Standort – umso zielführender könnte mein Signal, meine „strategische“ AfD-Wahl sein, erhöht sich im öffentlichen Raum doch dadurch das gefühlte Drohpotenzial erst recht. So oder so ist das Signal klar, ich unterstütze jedenfalls die Richtung des Parteiprogramms, wie weitgehend auch immer. Verstärkung erhalten sie obendrein auch von jenen, denen das Parteiprogramm, ja die ganze AfD eher egal ist, denen es allein an einer Opposition überhaupt im Bundestag ankommt, die sie bei allen anderen Parteien nicht mehr erkennen können.

Ein Dazwischen gibt es nicht. Die Abwägung findet zwischen zwei Polen mit ungleichen Dimensionen statt. Jenes Signal würde unmittelbar nach dem 24. September gesendet, eine rechte Machtübernahme dagegen stünde auf absehbare Zeit nicht ins Hohe Haus. Sie ist und bleibt eher unwahrscheinlich. Andererseits: das profane Begehren nach realpolitischer Einflussnahme könnte dem Prinzipientreuen Bauchschmerzen bereiten, wenn er Menschen wie Höcke befördert. Bei der Frage hängt es auch davon ab, inwieweit sich für mich die heutigen Zustände mit denen von vor gut achtzig Jahren entfernt vergleichen lassen oder eben gar nicht. Welche Wichtigkeit ich einzelnen, auch prominenten Stimmen gebe, die auf Rechtsaußen fischen wollen, und welche dem AfD-Parteiprogramm, dem man so schnell nichts verfassungsfeindliches nachsagen kann. Und, wenn denn schon der – reichlich gequälte –Vergleich mit 1933 in den Sinn kommt, auch dieses: Inwieweit ich der Meinung bin, dass damals allein die Rechten die Verantwortung tragen oder andere auch. Übertragen auf heute heißt das: Tragen nur die Mitglieder der AfD und ihre Wähler „Schuld“ am Aufschwung der Partei, oder gibt es da noch andere Verursacher?

Könnte der Wahlausgang dazu beitragen, sich wieder etwas zuzuhören?

Für die links Gebliebenen und die Neulinken wäre es natürlich das allerletzte, solche strategischen Gedanken zu hegen bei der Wahl, vor allem wenn es „konvertierte“ Altlinke betrifft. Für viele wäre es der letzte Beweis für das, was sie schon immer wussten, dass nämlich jene alten Genossen, die es betrifft, auf dem besten Weg sind, Horst Mahler und ähnlichen Kandidaten ins rechtsextreme Lager zu folgen.

Vielleicht geht es aber auch eine Nummer kleiner, und es könnte ausgerechnet die Bundestagswahl dazu beitragen, sich wieder etwas mehr zuzuhören. Beidseitig. Jedenfalls diejenigen, die sich noch dunkel an solche Tugend erinnern. Ich hasse das Wort eigentlich, aber hier wäre es angebracht: Es ist alternativlos. Zu viel Sprachlosigkeit und Hass haben – neben anderen Ursachen – zur jetzigen Situation geführt. Einerseits muss man festhalten, dass die oft unnötig polemische Abwehr der AfD oft genug das Gegenteil bewirkt hat, weniger wäre da mehr gewesen. Andererseits wird man akzeptieren müssen: Deutschland verträgt und braucht eine von Demokraten akzeptierte rechte Partei. Geht man von außen mit ihr souveräner um als in der Vergangenheit (seit Luckes Zeiten), so könnte sich auch ein anderes, satisfaktionsfähigeres Personal darin einfinden.

Fürs erste sieht die Spannbreite so aus: Es gibt vernünftige Menschen, die meinen, in der AfD stecke der Keim einer neuen NSDAP. Und es gibt vernünftige Leute, die sie wählen. Und ebensolche, für die weder das eine noch das andere zutrifft. Wenn die alle miteinander reden können, auch noch vernünftig, dann ist schon viel gewonnen.

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Judith Jannach / 19.09.2017

Notwehr hat nichts nichts mit “wider Willen” zu tun, sondern mit Überleben!

Klaus Renft / 19.09.2017

Vielen Dank für den ehrlichen & aufschlußreichen Beitrag. Als Konservativer (rechts) waren mir solche Gedanken bisher völlig fremd. Ich verstehe diese harmoniesüchtige Mitte nicht mehr. Sie schleppen sich zur Wahl, als wäre das nun der Gang zum Schlachthof. Diese irrationale Furcht vor dem Vierten Reich kann im Ausland kein Mensch nachvollziehen. Die Leute fürchten sich, weil Gauland “entsorgen” gesagt hat, oder weil Höcke das HC-Denkmal in Berlin nicht mag. Sind Ihnen denn noch nie richtige Rechtsradikale begegnet? Was wir hier aktuell als radikal bezeichnen, ist in anderen Demokratien moderater Mainstream. Ich fürchte, wir müssen in Deutschland Demokratie erst wieder lernen. Auch grundsätzliche Fragen muss man ständig neu diskutieren. Jeder muss lernen, dass man von den politischen Parteien nicht erwarten kann, dass der Konsens schon vor der Diskussion feststeht. Es gilt: Mitte ist nur etwas für Menschen, die noch nie eine eigenen Meinung hatten.

Dieter Franke / 19.09.2017

Die Stimmung im Land ist genauso wie hier beschrieben. Deutschland braucht dringend eine Alternative zur bisherigen Politik der “Blockflöten”,und da ist eben die AfD die einzige Partei. Allein schon die Tatsache dass Leute wie Lindner oder Palmer AfD Positionen uebernehmen zeigt doch die Wirkung dieser Partei. Ich freue mich jedenfalls ungemein auf die Gesichter von Kleber, Slomka oder Reschke am Sonntag abend.

Bernd Lauert / 19.09.2017

Also das, was uns seit Jahrzehnten als Demokratie verkauft wird, “das kleinere Übel” zu wählen oder “da wo man am ehesten noch ein paar seiner Ansichten wiederfinden könnte”? Ist doch nichts anderes als das, was Liberale und vernunftbegabte Linke schon lange tun “müssen” (da wir ja, als Scheindemokratie, noch immer keine “ich würde ja aber die taugen alle nichts”-Option auf dem Zettel haben). Riecht irgendwie nach der alten “wer nicht wählt wählt rechts”-Mähr. Die zieht auch längst nicht mehr.

wulfrad schmid / 19.09.2017

Die Grünen waren (und sind es teilweise noch heute) großenteils gescheiterte Marxisten, Kommunisten und Linksradikale. Die “Linke” ist auch heute noch auf demokratiefeindlichem SED-Kurs. Die CDU 2017 ist die SPD vor 25 Jahren und hat am konservativen Rand der Politik ein Vakuum hinterlassen. Niemand darf sich wundern, wenn dieses jetzt (und gerade nach Sept. 2015!) gefüllt wird. Die AfD hat die gleichen Kinderkrankheiten wir die Grünen, klar, dass sie auch in manchen Teilen Sammelbecken für extreme Rechte ist. Ein Prozess der Selbstreinigung wird dies erledigen. Dass diese Partei in dieser Form nötig ist, belegt die Tatsache, dass die Lucke-Partei in der Versenkung verschwand. Natürlich wählt man manchen AfDler mit Bauchgrimmen, eine Frau Weidel oder einen Herrn Münz zum Beispiel kann man durchaus als wählbare, seriöse, konservative aber nicht rechtsradikale Alternative sehen. Wer das Parteiprogramm der AfD sorgfältig studiert, wird weder rechtsradikales noch staatsfeindliches oder demokratiefeindliches Gedankengut finden. Ich wähle sie nicht wegen Höcke, Storch und ähnlichen AfDlern, sondern trotz! Und weil es die einzige Alternative für den konservativen Bürger ist zum Einheitsbrei sich nur marginal unterscheidender so genannter etablierter Parteien. Alleine der völlig undemokratische, verlogene und indiskutable Umgang dieser Parteien und der ihnen zugeneigten Medien mit einer legalen demokratischen Partei wäre schon Grund genug, AfD nach dem Prinzip “jetzt erst recht(s)” zu wählen. Die neutral betrachteten politische Ziele, abseiten der unwillkommenen Köpfe in der Partei, sind ein essentieller Grund. Ich wähle AfD. “Rechts” ist nicht per se schlecht oder gar ein Schritt in eine neue NS-Zeit. Die AfD ist keine Wiedergeburt der NSDAP. Die Forderungen der AfD sind vernünftig und demokratisch. Die Entscheidungen der Merkel-Regierung zu Euro, EU und vor allem Einwadnerung sind undemokratisch, ja, gesetzeswidrig. Ich möchte nicht, dass meine Kinder in einem Land aufwachsen, in dem konservative Werte aufgegeben wurden zugunsten einer faschistisch-islamischen Ideologie. Ich möchte nicht, dass meine Kinder Milliarden aufbringen müssen für die Unterstützung als Flüchtlinge und Asylsuchende getarnter illegaler Einwanderer ohne Bildung und Aussicht darauf, selbst für den Lebensunterhalt sorgen zu können (keiner dieser Einwanderer ist asylberechtigt, alle kamen aus sicheren Drittstaaten). Ich möchte nicht, dass die konservativ-christlichen Werte, auf denen unsere Kultur beruht und die Basis unseres Staatswesens sind, auf dem Altar scheinbarer Humanität geopfert werden. Ich möchte nicht, dass selbstherrliche, irrationale und rechtwidrig durch"regierte” Entscheidungen einzelner Macht-Inhaber katastrophale Auswirkungen haben (Energiewende). Ich will eine Zukunft für Deutschland und die nächsten Generationen. Ich wähle AfD, weil ich keine DIktatur will.

Günter Hoyer / 19.09.2017

Die Intention dieses Artikels erscheint mir eigentlich positiv, die Aussage bleibt jedoch m.E. weitgehend unklar: Hin- und hergerissen zwischen dem offiziösen Anti-AfD-Alarmismus (“Keim einer neuen NSDAP”) und der Verzweiflung angesichts des eklatanten Versagens aller anderen Parteien, ringt der Autor um sein politisches Selbstverständnis. Einerseits ist ihm klar, dass die AfD nicht rechtsextrem ist und dass rechtsextremistische Politikinhalte in Deutschland ohnehin keine Chance auf Verwirklichung haben, andererseits lässt er doch das Gedankenspiel zu, es könnte eine “zu starke” AfD geben (was auch immer das heißen soll: ab 30, 40 oder erst ab 50%?). Es handelt sich wie gesagt um reine Gedankenspiele ohne Realitätsgehalt (die letzte absolute Mehrheit auf Bundesebene 1957 liegt genau 60 Jahre zurück!), während die Realität schon jetzt von einem definitiv demokratiegefährdend starken Merkel-Parteienblock gekennzeichnet ist, dessen 60-80% Mehrheiten von der AfD mitnichten erreichbar sind. Wozu also diese Hirngespinste???? Was könnte die AfD jetzt konkret und realistischerweise tun, das schlimmer wäre als das totale Politikversagen des Merkel-Regimes? Die Wahl gewinnen? Ernsthaft?

Nils Kamenes / 19.09.2017

Ich bin einer dieser taktischen AfD-Wähler und finde meine Position in dem Artikel gut dargelegt. Einzig der Begriff der Glaubwürdigkeit fehlt mir an der Stelle, in der es darum geht, wie einstmals konservative Parteien mich wieder ins Boot holen könnten. Eine bundesweit antretende CSU würde ich sofort als Mogelpackung unter dem Motto “getrennt marschieren, vereint schlagen” einordnen, speziell mit einem Drehhofer als Kühlerfigur, mit dem Merkel nachgewiesenermaßen machen kann, was sie will. Auch die Klatschhasen von der CDU haben für mich jede Glaubwürdigkeit verloren, was konservative Positionen angeht. Selbst wenn Merkel einmal geht - diese Leute bleiben, die einen Gartenschlauch an der Stelle haben, wo bei anderen das Rückgrat sitzt. Selbiges gilt für die FDP, in der immer noch das Personal sitzt, das dereinst viel zu beschäftigt war, sein Gesicht in die Futtertröge zu tunken, anstatt Westerwelle daran zu erinnern, mit welchen Wahlversprechen er angetreten war. Lindner hat in NRW ja schon keinen Zweifel daran gelassen, dass er Westerwelle 2.0 ist.

Joachim Datko / 19.09.2017

Ich wähle die AfD vor allem wegen ihres Widerstandes gegen die Masseneinwanderung und die Islamisierung. Die anderen Programmpunkte sind mir zwar auch wichtig, aber bei weitem nicht so bedeutend. Joachim Datko - Physiker, Philosoph

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