Henryk M. Broder / 09.06.2018 / 14:00 / 11 / Seite ausdrucken

Ein Witz für Europa

Als Hamed Abdel-Samad und ich vor einigen Jahren auf unserer „Europa-Safari“ Brüssel und die Europäischen Institutionen besuchten, trafen wir u.a. auch den damaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments: Martin Schulz aus Würselen bei Aachen.

Schulz, Prototyp des jovialen Rheinländers, tat so, als würden wir uns schon lange kennen, er machte sich über seinen eigenen Laden lustig. „Ich erkläre euch mal, wie die EU funktioniert. Wenn die EU ein Staat wäre, und wenn dieser Staat die Aufnahme in die EU beantragen würde, müsste er zurückgewiesen werden – wegen mangelnder demokratischer Legitimation.“

Hamed und ich waren sehr angetan. Ein Spitzenbeamter der EU stellte die demokratische Legitimation der EU in Frage. Und nicht nur das: Schulz wollte damals auch, dass „Zuständigkeiten“, die im Zuge der europäischen Integration an die EU übertragen worden waren, an die EU-Mitgliedstaaten zurückgegeben werden. Die EU sollte sich nur um die wirklich „großen Sachen“ kümmern, alles Übrige wäre Ländersache.

Kurz darauf beschloss Martin Schulz, sich für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission zu bewerben, gegen Jean-Claude Juncker, seinen besten Freund. Er scheiterte, und als das EU-Parlament ihm eine weitere Amtsperiode verweigerte, wechselte er nach Berlin, um sich als Kanzlerkandidat der SPD zur Verfügung zu stellen. Und beinahe hätte er es geschafft!

Bei den parteiinternen Wahlen, ohne einen Gegenkandidaten, stimmten 100% der Delegierten für ihn. Schulz war überwältigt. Dann wurde er aber doch von der Wirklich-keit eingeholt. Bei den Bundestagswahlen im Herbst 2017 kam die SPD auf mickrige 20,5% Prozent.

Das Problem Schulz hatte sich damit erledigt, aber das Problem EU ist geblieben. Derzeit wird mit sieben Kandidaten über einen Beitritt zur EU verhandelt, darunter auch mit der Türkei, die in den Jahren von 2014 bis 2020 rund 4.5 Milliarden Euro „Heranführungshilfe“ von der EU erhält, ein Witz, über den nur Erdogan lachen kann.

Im Gegenzug hat der junge österreichische Kanzler vorgeschlagen, die Zahl der Kommissare von 28 auf 18 zu reduzieren. Es soll also erweitert und zugleich zurückgebaut werden. Was kommt als nächstes auf uns zu? Eine neue Parole der Weight Watchers: Mehr Essen, schneller Abnehmen!

Zuerst erschienen in der Weltwoche

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Heiko Stadler / 09.06.2018

Die EU ist ein großer Tanklastwagen. Auf der einen Seite brennt er, auch der anderen Seite wird noch kräftig Benzin reingepumpt.

Frances Johnson / 09.06.2018

Nur info, kein Leserbrief Der Fall Susanna wecke Ängste in Teilen der Bevölkerung, die auch durch Fehleinschätzungen entstünden, sagte der Marburger Sozialpsychologe Ulrich Wagner der dpa. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir Wahrnehmungsfehlern unterliegen und zur Überschätzung der tatsächlichen Zustände neigen, wenn es um den Zusammenhang von Kriminalität und bestimmten Gruppen geht.“ Aus Welt, Panorama, ....hat im Irak Tat gestanden Kommentar: Manche Psychologen sind selbst Wahrnehmungsfehler

bernd hoenig / 09.06.2018

Das “Problem EU”, die EU-Komission, durchläuft die von Laurence J. Peter so gut beschriebene Entwicklung (Peter’s Principle) von wuchernden Hierarchien, in denen sich auf Spitzenpositionen mehr und mehr Inkompetenz ansammelt.

Georg Dobler / 09.06.2018

Verehrter Herr Broder, es fordern nicht Dieselben Verschiedenes, sondern die EU-Insitiutionen wollen die Machtanhäufung, die Vereinigten Staaten, wie es Herr Schulz, gefordert hat. Kanzler Kurz gehört hingegen zu den Mitgliedern, die diese Machtanhäufung und Zentralisierung nicht wollen, er gehört zur Gegenbewegung. Ein wichtiger Meinungsführer, Stefan Aust, hat das auch erkannt und hat die Gegenbewegung zur bisherigen Migrationspolitik eingeleitet. Man will nach Italien nicht noch mehr Länder verlieren (meine Einschätzung). Schauen sie mal in ZDF-Mediathek Markus Lanz vom 05.06.2018 an, die ganzen ersten 44 Minuten! (nicht you-tube, dort ist es gekürzt). Sie werden sehr staunen.

beat schaller / 09.06.2018

Herr Broder, Sie sind wirklich ein Lichtblick in diesem Chaos. Sie bringen sogar den grössten Irrsinn so, dass er einem ein Lachen nicht verwehrt. Grossartig und spitz geschrieben. Und, man stellt einmal mehr fest, wie die Jungs die Fahne in den Wind halten. Danke. b.schaller

Frank Stricker / 09.06.2018

Ich bin für folgenden Vorschlag ;  Der Papst tauscht mit Jean Claude Juncker den Posten. Ich bin sicher ,  keinem wird die Veränderung auffallen , außer dass die Sixtinische Kapelle etwas streng nach Alkohol riechen wird , Prost Herr Juncker !

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com