Rainer Bonhorst / 18.02.2017 / 15:06 / Foto: Sigismund von Dobschütz / 5 / Seite ausdrucken

Ein uneingeschränktes Lob des belgischen Käses

Ich muss mich bei den hessischen Limburgern und ganz besonders bei der hessischen Limburgerin, die sich für ein veganes Glockenspiel eingesetzt hat, in aller Form entschuldigen. Ich habe den Menschen an der Lahn und ihrer Veganerin ein Käseproblem unterstellt, das sie gar nicht haben.

Man müsste schon eine sehr feine Nase haben, um den bekannt starken Duft des Limburger Käses aus Belgien bis ins hessische Limburg erschnüffeln zu können. Diese Nasal-Gabe werden die wenigsten haben. Kurz und gut: Der Käse, den ich in einem Text über die Limburger Glockenspiel-Posse den Lahn-Limburgern zugeschrieben habe, war eine Fake News. In unserem deutschen Limburg stinkt nichts. Es handelt sich um eine schöne, geruchsneutrale Stadt. Wenn den Limburgern etwas gestunken hat, dann allenfalls der leicht überteuerte Bischofssitz, den sich der inzwischen nach Rom verbannte Franz-Peter Tebartz-van Elst gegönnt hat.

Meine Entschuldigung richtet sich natürlich auch an die belgische Provinz Limburg, der ich die Ehre geraubt habe, einen der am stärksten riechenden Käse Europas entwickelt zu haben und herzustellen. Und wenn es nur der Raub allein gewesen wäre. Dass ich das stolze Produkt der Belgier bedenkenlos nach Deutschland verschleppt habe, ist angesichts der belasteten deutsch-belgischen Geschichte unverzeihlich.

Der Limburger als Pionier der doppelten Staatsbürgerschaft

Als Wiedergutmachung kann ich nur ein öffentliches und uneingeschränktes Lob des belgischen Käses anbieten. Was manche Unwissende Nase rümpfend als Stinke-Käse bezeichnen, ist in Wahrheit ein äußerst aromatisches und vor allem würziges Produkt, das, umgeben von einer weichen Rotschmiere-Rinde, auch anspruchsvolle Gaumen entzücken sollte. Auch historisch ist der Limburger, dem dieses Lob zusteht, eindrucksvoll, wurde er doch ursprünglich von Mönchen des Herzogtums Limburg hergestellt. Dass gerade Mönche, ob in Limburg oder anderswo, einen feinen Gaumen und eine sensible Nase haben, steht außer Zweifel.

Allerdings ist der Limburger bei näherem Hinriechen doch nicht so heimattreu, wie es ein aufrechter Belgier von ihm erwarten könnte. Das intensive Milchprodukt wird längst auch anderswo hergestellt, vor allem im Allgäu, also doch in Deutschland. Hier wird er – wegen seiner Optik - auch Backsteinkäse genannt. Der Backstein-Limburger ist schon vor annähernd zweihundert Jahren – nicht ganz, aber doch teilweise – ins Allgäu übersiedelt, also in einer Zeit lange vor den politischen Belastungen, die das zwanzigste Jahrhundert heraufbeschworen hat. Darum sollte man dem eingewanderten Käse ganz unverkrampft ein deutsches oder zumindest bayerisch-schwäbisches Heimatrecht einräumen. Ja, wir sollten den Limburger als einen Pionier der doppelten Staatsbürgerschaft jenen Menschen unter die Nase halten, die auf einer exklusiven, allein selig machenden Staatsbürgerschaft bestehen und keine anderen Staatsbürgerschaften neben sich dulden.

Was ich aber nicht verstehen und auch nicht billigen kann, ist der Umstand, dass der belgische Limburger nicht einfach ins hessische Limburg übergesiedelt ist. Hier hätte er sich doch sicher allein aus Gründen der Namensgleichheit schneller heimisch gefühlt als bei dem weiter entfernten und eigenwilligen Bergvolk des Allgäus. Zumal es damals in Limburg sicher noch keine Veganerinnen gegeben hat, die sich an dem Käseprodukt hätten reiben können.

Aber nein, der Käse musste ins Allgäu auswandern. Und ich habe jetzt den Salat mit dem von mir falsch platzierten Tilsiter, pardon: Limburger.   

Foto: Sigismund von Dobschütz CC BY-SA 3.0, Link">via Wikimedia Commons

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Wieland Schmied / 19.02.2017

Nun ist ja der Frieden in Europa wieder ein Stückchen sicherer geworden. Wem sollte das schon stinken? :-)))

Klaus Blankenhagel / 19.02.2017

Herr Bonhorst, hier in meinem geliebten Californien gibt es bei Whole Food meinen geliebten Limburger. Einfach koestlich !!

peter luetgendorf / 18.02.2017

Lieber Herr Bonhorst, was ja wirklich exemplarisch für Ihre These “Humorlosigkeit, beleidigte Leberwurst und Beschwerdeführung” war, ist die Reaktion der Leser. Für den gelungenen Artikel spielt es doch überhaupt keine Rolle, woher der wohlschmeckende Käse stammt. Gruß Peter Lütgendorf

Rudi Knoth / 18.02.2017

Dies mit der anderen Stadt Limburg war mir auch bekannt. Nun denn braucht sich diese Frau nicht noch vom dem stinkenden Käse belästigt fühlen.

Elmar Schlürscheid / 18.02.2017

Köstlich wie der Käse ; )

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