Rainer Grell / 08.10.2016 / 06:00 / Foto: Tim Maxeiner / 13 / Seite ausdrucken

Ein Staat der ausbürgern muss, hat keine Zukunft

In der Flüchtlingsdebatte haben die Hardliner derzeit Konjunktur, die verbalen Hardliner zumindest. Da wird die ganze Härte des Rechtsstaats beschworen. Da soll ausgewiesen und abgeschoben und jetzt auch ausgebürgert werden. Was dann tatsächlich geschieht ist eine andere Sache.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) drohte Ende letzten Jahres Islamisten mit dem Entzug der doppelten Staatsangehörigkeit. „Islamistische Gefährder müssen wegen des erhöhten Anschlagsrisikos in Deutschland einen stärkeren Druck spüren“, sagte Herrmann der „Welt am Sonntag“ (am 22. November 2015). Sozialarbeit oder bessere Präventionsprogramme reichten bei potenziellen Terroristen nicht aus. „Der harte Kern verachtet unsere Demokratie und die westliche Kultur. Bei ihnen muss der Staat Härte zeigen“, sagte Herrmann. Dazu müsse auch „der Entzug der Staatsbürgerschaft bei Islamisten gehören, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen“.

Auch CDU-Vize Thomas Strobl hat sich für die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit von Dschihadisten stark gemacht, wobei die Frage offen bleibt, wie die überhaupt zu ihrer Einbürgerung gekommen sind. Wie sich der Schäuble-Schwiegersohn als Innenminister von Baden-Württemberg in der grün-schwarzen Koalition in dieser Frage positioniert, bleibt abzuwarten. Aber vielleicht erledigt sich das Ganze ja bald dadurch, dass wir einen „deutschen Islam“ bekommen, den Wolfgang Schäuble am Wochenende gefordert hat. Dessen Inhalt und Konturen sind allerdings genau so vage wie der Euro-Islam von Bassam Tibi.

Was in der kurzen Meldung über die Äußerung des CSU-Mannes Herrmann nicht erwähnt wird: Das ist ein Vorschlag „de lege ferenda“ wie die Juristen sagen, also nach noch zu schaffendem Recht; denn nach geltendem Verfassungsrecht, also „de lege lata“ ist der Entzug der Staatsangehörigkeit gar nicht möglich. Artikel 16 Absatz 1 des Grundgesetzes bestimmt: Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

Das Thema kam nicht mal auf die Tagesordnung. Zu heikel. Keine Erfolgsaussichten

Ein solches Gesetz existiert in Frankreich (eine Bestimmung im Code Civil) und auch im Vereinigten Königreich. 2005 habe ich als Referent für Staatsangehörigkeitsfragen im baden-württembergischen Innenministerium versucht, eine entsprechende Regelung auch für Deutschland anzuregen. Als mein damaligen Chef diesen Gedanken in der Innenministerkonferenz der so genannten B-Länder (in denen die CDU den Innenminister stellt) zur Sprache bringen wollte, winkte der bayerische Innenminister Günther Beckstein, der den Vorsitz führte, von vornherein ab: Das Thema kam nicht mal auf die Tagesordnung. Zu heikel. Keine Erfolgsaussichten.

Diese strikte Haltung beruht auf den Erfahrungen mit der Nazi-Diktatur aufgrund des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933. Unter den totalitären Regimen der DDR und der Sowjetunion gab es eine ähnliche Praxis. Insgesamt wurden in Nazi-Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 39.006 Personen ausgebürgert, darunter so Prominente wie Hannah Arendt, Willy Brandt, Bertolt Brecht, Albert Einstein, Heinrich Mann, Thomas Mann, Erich Maria Remarque, Robert Stolz, Kurt Tucholsky. In der DDR hat die Ausbürgerung von Wolf Biermann, in der UdSSR von Alexander Solschenizyn besondere Aufmerksamkeit erregt.

Aufgrund dieser Vorgeschichte ist das Thema Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit tabu – bis heute. Dabei darf man sich allerdings nicht von der journalistischen Unart irritieren lassen, den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit (der Begriff „Staatsbürgerschaft“ wird im österreichischen Recht verwendet) mit dem Erwerb des deutschen Passes gleichzusetzen. Denn dieser darf durchaus entzogen werden, wenn einer der im Gesetz genannten Passversagungsgründe vorliegt (§§ 8, 7 Passgesetz). Man muss also genau hinsehen, was gemeint ist, wenn von der Entziehung des deutschen Passes die Rede ist.

Das Gleiche gilt für die Rücknahme einer erschlichenen und somit rechtswidrigen Einbürgerung, die selbst dann zulässig ist, wenn der Betroffene dadurch staatenlos wird. Allerdings hat die Regelung der Rücknahme in § 35 Staatsangehörigkeitsgesetz dieses ohnehin selten angewendete Instrument vollends unwirksam gemacht, da die Rücknahme innerhalb von fünf Jahren nach der Einbürgerung erfolgen muss, ungeachtet des Umstandes, wann die zuständige Behörde Kenntnis von den Tatsachen erlangt hat, welche die Rücknahme einer rechtswidrigen Einbürgerung rechtfertigen.

Wie Frankreich die Aberkennung der Staatsbürgerschaft regelt

In Frankreich ist die Aberkennung der französischen Staatsangehörigkeit im Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Code Civil, geregelt und zwar durch Gesetz vom 22. Juli 1993. Livre 1er, Titre 1er bis, Chapitre IV, Séction 3 bestimmt in Article 25: "L'individu qui a acquis la qualité de Français peut, par décret pris après avis conforme du Conseil d'Etat, être déchu de la nationalité française, sauf si la déchéance a pour résultat de le rendre apatride" (Einer Person, die den Status eines Franzosen erlangt hat, kann die französische Staatsangehörigkeit per Dekret, das der Bestätigung durch den Staatsrat bedarf, entzogen werden, außer wenn sie dadurch staatenlos würde:)

1. S'il est condamné pour un acte qualifié de crime ou délit constituant une atteinte aux intérêts fondamentaux de la Nation ou pour un crime ou un délit constituant un acte de terrorisme; (Wenn sie wegen eines Verbrechens oder Vergehens verurteilt wurde, das sich gegen fundamentale Interessen der Nation gerichtet hat oder wegen eines Verbrechens, das einen Terrorakt darstellt)

2. S'il est condamné pour un acte qualifié de crime ou délit prévu et réprimé par le chapitre II du titre III du livre IV du code pénal ; (Des crimes et délits contre la nation, l’État et la paix publique). (Wenn sie wegen eines Verbrechens oder Vergehens verurteilt wurde, das unter Kapitel II, Titel III, Buch IV des Strafgesetzbuchs fällt; dort werden die Verbrechen und Vergehen gegen die Nation, den Staat und den öffentlichen Frieden behandelt)

3. S'il est condamné pour s'être soustrait aux obligations résultant pour lui du code du service national; (Wenn sie verurteilt wurde, weil sie sich dem Wehrdienst entzogen hat)

4. S'il s'est livré au profit d'un Etat étranger à des actes incompatibles avec la qualité de Français et préjudiciables aux intérêts de la France. (Wenn sie zugunsten eines ausländischen Staates Handlungen begangen hat, die mit dem Status eines Franzosen nicht vereinbar sind und die Interessen Frankreichs beeinträchtigen.)

Den Plan, die Ausbürgerung verurteilter Terroristen in die Verfassung aufzunehmen und auch auf gebürtige Franzosen anzuwenden, hat Präsident Hollande fallen gelassen, nachdem er im Senat auf Widerstand gestoßen war.

Die Briten haben nie von ihrem Gesetz Gebrauch gemacht

In Großbritannien ist es aufgrund des “Nationality, Immigration and Asylum Act 2002“ möglich, die Staatsangehörigkeit zu entziehen (deprivation of citizenship): The Secretary of State may by order deprive a person of a citizenship status if the Secretary of State is satisfied that the person has done anything seriously prejudicial to the vital interests of - (a) the United Kingdom, or (b) a British overseas territory. (Der zuständige Minister (de facto der Innenminister) kann einer Person die Staatsangehörigkeit entziehen, wenn er überzeugt ist, dass die Person eine Handlung begangen hat, die die vitalen Interessen a) des Vereinigten Königreichs oder b) eines britischen Übersee-Territoriums ernsthaft beeinträchtigt.)

Mittlerweile ist die Zuständigkeit förmlich auf den Innenminister (Home Secretary) übertragen worden. Aufgrund des Immigration Act 2014, der am 28. Juli 2014 in Kraft getreten ist, kann die Staatsangehörigkeit eines Eingebürgerten auch dann entzogen werden, wenn dieser dadurch staatenlos wird. Allerdings muss der Innenminister darlegen, dass es dem Ausgebürgerten möglich ist, eine andere Staatsangehörigkeit zu erwerben.

Nach meiner Kenntnis ist von dieser Regelung allerdings noch nie Gebrauch gemacht worden. Premierminister David Cameron hat in einer Rede vor dem House of Commons am 1. September 2014 erklärt: “We are proud to be an open, free and tolerant nation, but that tolerance must never be confused with a passive acceptance of cultures living separate lives or of people behaving in ways that run completely counter to our values. Adhering to British values is not an option or a choice; it is a duty for all those who live in these islands. So we will stand up for our values; we will, in the end, defeat this extremism; and we will secure our way of life for generations to come.” (Wir sind stolz, eine offene, freie und tolerante Nation zu sein, aber diese Toleranz darf niemals mit passiver Hinnahme von Kulturen einhergehen, die Parallelgesellschaften bilden oder von Menschen, die sich in einer Weise benehmen, die in völligem Gegensatz zu unseren Werten steht. Das Bekenntnis zu britischen Werten ist keine Option oder Wahlentscheidung, es ist eine Pflicht für alle, die in diesem Land leben. Wir stehen für unsere Werte ein, wir werden letztlich den Extremismus besiegen, und unsere Art zu leben für künftige Generationen sichern.)

Bei der Lektüre solcher Bestimmungen und Aussagen spürt man sofort, dass Frankreich und Großbritannien unbefangener an dieses heikle Thema herangehen, als dies Deutschland vor seinem historischen Hintergrund möglich ist. Zudem stünde am Ende die Frage, ob eine solche Maßnahme, die ja vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden würde, mehr Schaden als Nutzen brächte oder bestenfalls wirkungslos bliebe. Außerdem würde das Ganze nur bei Eingebürgerten mit doppelter Staatsangehörigkeit funktionieren, wie CSU-Herrmann richtig erkannt hat. Gerade die will aber die Union möglichst einschränken.

Fazit nach den bisherigen Erfahrungen: Ein Staat, der sich nicht anders zu helfen weiß, als unerwünschte Bürger auszubürgern, hat keine Zukunft.

Foto: Tim Maxeiner

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dr. Schneider, Bärbel / 10.10.2016

„Ein Staat, der sich nicht anders zu helfen weiß, als unerwünschte Bürger auszubürgern, hat keine Zukunft.“ Die Ausbürgerung (verbunden mit der Ausweisung), Herr Grell, ist nicht das einzige Mittel, Menschen, „die Parallelgesellschaften bilden oder … sich in einer Weise benehmen, die in völligem Gegensatz zu unseren Werten steht“, daran zu hindern, Schaden anzurichten. Man könnte sie auch einen Wohnsitz vorschreiben, spricht, sie auf abgeschlossene Inseln verbringen, die sie nicht verlassen dürfen. Die alten Römer nannten es „Verbannung“, man kann es auch als “humanitäre Verwahrung” bezeichnen - ein passender Begriff wird sich finden. Welche Staatsbürgerschaft sie haben, ist dann Nebensache. Da wir Mitglied der EU sind, steht uns eine Vielzahl von geeigneten Inseln – möglichst weit weg vom europäischen Festland – zur Verfügung. Eine Inhaftierung wäre es nicht, da sie die Insel jederzeit in Richtung ihres Herkunftslandes oder eines anderen Staates, der sie aufnimmt, verlassen können. Dann allerdings müssten sie vorher die deutsche Staatsbürgerschaft freiwillig aufgeben. Damit sie nicht staatenlos werden, könnte man ihnen die Staatsbürgerschaft bestimmter Länder (in die sie dann gehen können) kaufen, nur eben nicht die eines EU-Mitgliedsstaates. Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit solcher Maßnahmen sind kontrollierte Grenzen, damit sie nicht illegal zurückkommen können, wie es derzeit gang und gäbe ist. Natürlich hat ein entsprechendes Gesetz derzeit noch keine Chance auf Verabschiedung, aber warten Sie noch ein wenig. Die Situation wird sich dann derart verschlimmert haben (besonders, wenn die längst überfällige Wirtschaftskrise eintritt), dass man zu Mitteln greifen wird, die heute noch undenkbar sind und die man – das ist das Traurige – durchaus hätte vermeiden können, wenn man jetzt vernünftig und wahrhaft human handeln würde. Wir haben aber das Recht, ja die Pflicht, uns und unsere Werte zu verteidigen, und werden dann nicht mehr gewillt sein, uns in unserem Handeln von Hitler oder Stalin abhängig zu machen. Auch die vom Bundesverfassungsgericht angeordneten Geldzahlungen an illegale Migranten – der Hauptgrund für die illegale Migration – werden dann nicht mehr getätigt werden (können). Man wird sich vielleicht darauf zurückbesinnen, dass sich quasi alle Migranten nur aufgrund einer Straftat – des illegalen Grenzübertritts – bei uns aufhalten und deshalb zu verurteilende und zu inhaftierende Kriminelle sind. Strafgefangene aber haben meines Wissens keinen Anspruch auf Zahlungen nach Hartz IV. Ausnahmen sind immer möglich. Ich bin keine Juristin, aber so viel glaube ich zu wissen: Wenn der politische Wille da ist, findet man auch Gesetze im Rahmen unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung, die ihn legitimieren -  sei es durch das neue Auslegen bestehender oder die Schaffung neuer Gesetze.

Karla Kuhn / 09.10.2016

Wenn alles von Grün und Co. abgelehnt wird, muß eben ein Notstandsgesetz her. So kann es jedenfalls nicht weitergehen.

Helge-Rainer Decke / 09.10.2016

Einspruch Herr Walter Roth. Herr Grell hat als Staats- und Verwaltungsrechtler in der Konklusion zu seinem Bericht schlüssig dargelegt, dass nur dem die Ausbürgerung de jure droht, der die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. Die aber soll abgeschafft werden. Wer das eine will, scheitert an der rechtlichen Durchsetzung des anderen, vice versa. Sogenannte “Fehler” zu “korrigieren” und dies am Recht quasi vorbei, wie es u.a. Nicolaus Fest verbal versucht, laufen ins Leere. Insoweit ist Herrn Grell zuzustimmen. Ein Staat, der sich nicht anders zu helfen weiß, als unerwünschte Bürger auszubürgern, (was ohnehin staats- und verwaltungsrechtlich, sowie vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte), hat keine Zukunft.

Walter Roth / 08.10.2016

Nun ja, Ausbürgern ist absolut angebracht, ..... denn es muss nur ausgebürgert werden, was nie hätte reingelassen werden dürfen. - Nikolaus fest hat es gerade sehr treffend,  ja perfekt formuliert. ( siehe You-Tube ) - Es geht um ein Korrigieren früherer und laufend heute noch stattfindender Fehler. - Würde man auf das hören was die Mehrheit des Volkes sagt, denkt und empfindet, dieses Ausbürgern würde gar nie nötig. - Gäbe es in Deutschland echte Demokratie, würde so vieles gar nie….....

Torsten P.Neumann / 08.10.2016

Nach den Erfahrungen mit der doppelten Staatsangehörigkeit, insbesondere auch für ganze kriminelle Sippen, würde ich eher folgendes Fazit ziehen:  Ein Staat, der sich nicht anders zu helfen weiß, als unerwünschte Bürger einzubürgern, hat keine Zukunft.

Frank Holdergrün / 08.10.2016

Vielen Dank, Herr Grell, für diese vergleichende Analyse. Ein Staat, der seine grundlegenden Werte nicht zu schützen weiß und/oder sich dieser nicht mehr erinnert, hat keine Zukunft. Eine Ausbürgerung ist für einen funktionierenden Staat als Schutz ein legitimes Mittel zur klaren Benennung von Überschreitungen, die nicht hingenommen werden können. Alle kommunikativen Mittel und Konsequenzen, die in diesem Zusammenhang klare, nicht zu überschreitende Grenzen setzen, sind legitim. Dies umso mehr, wenn intolerante Ideologien die Toleranz eines Staates bewusst ausnutzen und für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Tom Guttmann / 08.10.2016

Ich denke man könnte schon nach geltendem Recht ausbürgern. So ist laut Website der Bundesregierung gesetzlich geregelt: “Das Gesetz sieht in folgenden weiteren Fällen einen Verlust der Staatsangehörigkeit vor: freiwilliger Eintritt ohne Zustimmung der zuständigen Behörde in den Dienst von Streitkräften oder vergleichbaren bewaffneten Verbänden eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit der oder die Betroffene ebenfalls besitzt” Man könnte zum beispiel bei nach Syrien ausgewanderten Terroristen argumentieren, dass sie einem staatsähnlichen Gebilde und dessen Streitkräften beigetreten sind, wodurch ihre deutsche Staatsangehörigkeit erlischt. Nach meinem Verständnis tritt man dem staatsähnlichen Konstrukt durch Treueschwur bei. Ich glaube der Hauptgrund weshalb man nicht aktiv wird, etwas mit der westlichen selbststrafenden Haltung zu tun hat, die auf dem Gerüst beruht, dass die Gesellschaft irgendwie Schuld an dem Schicksal der Terroristen ist und die Suppe auch deshalb auslöffeln muss. Wären die Schulen besser und Türsteher nicht so gemein, dann würde alles ganz anders aussehen, dann wäre meine Interpunktionen akkurat und alle Terroristen wären Ingenieure oder Ärzte.

Christian Renner / 08.10.2016

Bei Liberalen ist man zwar der Partypupser wenn man so etwas sagt, es bleibt aber dennoch ein richtiger, mathematischer Fakt: In einer Situation, in welcher ein kleiner, aber immer mächtiger werdender Teil der Bevölkerung, in immer wiederkehrenden Abständen, mit Anschlägen die restliche Bevölkerung eines Staates attackiert und dutzende, völlig unschuldige Zivilisten dabei tötet, in einer Situation, in welcher ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung die über Jahrhunderte gewachsene kulturelle Identität eines Staates, durch demografischen Druck und Gesetzgebung zu verändern sucht, in einer Situation, in welcher ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung, immer mehr durch Kriminalität und durch Verachtung der aufnehmenden und Sozialleistungen generierenden Mehrheitsbevölkerung glänzt, hat NUR ein Staat, welcher UMFANGREICH und nicht bloß bei Doppelstaatsbürgerschaften Feindselige und Illoyale ausbürgert, eine Zukunft. Natürlich ist das Gebell von Merkels Alibikonservativen in CDU und CSU in dieser Hinsicht nicht ernst zu nehmen. In Deutschland müssen da andere politischen Kräfte ran, die noch nicht völlig mit der Islam- und Wirtschaftslobby des Nahen Ostens verfilzt sind, um dornige Maßnahmen durchzusetzen. Dass ein Gesetz der Ausbürgerung in Frankreich unter einem sozialistischen Parlament, mit einem schwachen Präsidenten wie Hollande nicht zusammenkommt, ganz zu schweigen von einer umfangreichen Umsetzung, liegt auf der Hand. Der Front National wird hierbei Gott sei Dank nicht so zimperlich sein. In Großbritannien gibt es zwar ein, wenn auch zahnloses Gesetzeswerk, dieses wird aber, wie sie selbst schreiben, kaum angewendet. Jemanden wie Anjem Chaudary und all seinen Anhängern, hätte unlängst die Staatsbürgerschaft entzogen werden müssen; ob der Kerl nun britisch-pakistanischer Doppelstaatsbürger, oder allein britischer Staatsbürger ist, ist egal. Durch diplomatische, oder sogar wirtschaftliche Drohgebärden, könnte eine entschlossene Regierung ein Auslieferungsabkommen mit Pakistan, für Extremisten pakistanischer Herkunft, aber ohne pakistanischen Pass erzwingen. Genau hier ist jedoch das britische Problem: Seit Thatcher, waren in Großbritannien nur inkompetente, linke Regierungen an der Macht, welche vorhandene Probleme entweder verwalteten, oder wie Tony Blair multiplizierten. Auch hier braucht es Kräfte, die ein strategisches Fernziel formulieren, die Grenzen vollständig schließen, den Kampf im Inneren aufnehmen und so bei den Zugewanderten die Spreu vom Weizen trennen. Höchst illiberal das Ganze, schon klar! Und auch absolut nicht konform mit allerlei internationalem Recht und der Menschenrechts Konvention. Undemokratisch und eines Rechtstaates nicht würdig, ist es ebenfalls. Derartige Argumente gegen das umfangreiche Ausweisen gefährlicher Bevölkerungsteile, verlieren jedoch zusehends an Kraft, je weniger Demokratie und Liberalismus aufgrund der fortschreitenden Balkanisierung der Gesellschaft möglich sind, je deutlicher den Menschen klar wird, wie wenig sich die Feinde der europäisch-westlichen Gesellschaft um Menschenrechte und internationales Recht selbst scheren und je stärker der Rechtstaat durch Überforderung, von Anschlag zu Anschlag, von No-Go Area zu No-Go Area, dann ohnehin bereits erodiert ist. Das passiv Bleiben, das bloße Reagieren, Aushalten, Aussitzen und Ausdiskutieren, eine Vogel-Strauß Politik, führt nicht zum Erhalt des Liberalismus, es führt zu dessen langsamen Verschwinden. Freiheit verteidigt man nicht alleine dadurch, dass man sie praktiziert. Die britischen Soldaten, die im 2. Weltkrieg Europa befreit haben, wissen das nur zu gut. Aus gutem Grund, internierten Churchill und Roosevelt während des Krieges Japaner, Deutsche und Italiener. Hätte man damals auf gesellschaftlichen Laissez Faire gesetzt, und nicht auf den die Umstände erfordernden staatlichen Kollektivismus, hätten Hitler und die japanischen Militärtheokraten mit Sicherheit gewonnen. Es ist einfach, jetzt wo es in Westeuropa noch relativ sicher ist, auf liberalen Purismus und moralischen Universalismus zu pochen, radikale Lösungen für existenzbedrohende Probleme zu verteufeln und sich danach als Kraft des Ausgleichs zu fühlen. Doch es ist nicht vom Tisch zu wischen, dass Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Liberalismus, Toleranz, Menschenrechte und dergleichen, in Ländern wie dem Libanon, oder Bosnien Herzegowina, doch einen sehr unglücklichen Stand haben.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Rainer Grell / 17.01.2021 / 15:00 / 41

Wann hatten die Deutschen Gelegenheit, Demokratie zu lernen?

Wann hatten wir in Deutschland eigentlich Gelegenheit, Demokratie zu lernen? Nach dem Antritt des neuen Jahrhunderts, ein Jahrzehnt nach der Französischen Revolution, riet Friedrich Schiller…/ mehr

Rainer Grell / 20.12.2020 / 13:00 / 19

Meine Buch-Klassiker für Weihnachten

Erinnern Sie sich noch an Ulrich Roski (gest. 2003), diesen wunderbaren Liedermacher und Kabarettisten aus dem Wedding, der sich in seinem Lied „Schenken macht Freude“…/ mehr

Rainer Grell / 19.11.2020 / 11:00 / 10

Vorbild Kamel

Schon Dädalus, eine Figur der griechischen Mythologie, hatte die Idee: Für sich und seinen Sohn Ikarus konstruierte er einen Flugapparat nach dem Vorbild der Vögel…/ mehr

Rainer Grell / 26.09.2020 / 06:15 / 97

Demokratie auf Tauchstation?

Die Corona-Pandemie war die Stunde der Exekutive. Niemand hat das deutlicher zum Ausdruck gebracht als die Stuttgarter CDU-Abgeordnete Karin Maag, als sie in der Bundestags-Debatte am…/ mehr

Rainer Grell / 06.09.2020 / 16:30 / 7

Homeoffice – da war doch was…

Vor 25 Jahren schrieb ich einen Artikel über „Telearbeitsplätze in der Landesverwaltung Baden-Württemberg: Bilanz eines gescheiterten Projekts“. Falls Sie mir nicht glauben: Hier ist der Beweis.…/ mehr

Rainer Grell / 04.09.2020 / 06:00 / 67

Israelfreundin Angela Merkel?

Angela Merkel hat als Bundeskanzlerin so ziemlich alle Ehrungen erfahren, die jüdische Organisationen und der Staat Israel zu vergeben haben: Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden…/ mehr

Rainer Grell / 29.07.2020 / 16:00 / 18

Pädophilie-Skandale: Greift die ganze Härte des Gesetzes?

Vor zehn Jahren nahm mit der Aufdeckung des Missbrauchsskandals am Canisius-Kolleg, einem vom Jesuitenorden getragenen, privaten und staatlich anerkannten katholischen Gymnasium in Berlin-Tiergarten, eine Debatte ihren Fortgang,…/ mehr

Rainer Grell / 27.07.2020 / 16:00 / 17

Schleyer und der Sultan

Jetzt, wo alle am Umbenennen sind, darf ich nicht abseits stehen. Ich möchte mir nicht von meinen Kindern und Enkeln posthum vorwerfen lassen, wo war…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com