Der Ehrenname „Sturmgeschütz der Demokratie“ war ja einst dem Nachrichtenmagazin der Spiegel vorbehalten. Aber das Ereignis, auf dem dieser Ruf beruht, ist gefühlte 100 Jahre und tatsächlich 54 Jahre her. Heutzutage übernehmen diese Aufgabe andere und vor allem solche, von denen man es gar nicht erwartet. Zum Beispiel die Beamten und Bediensteten der Bauaufsicht in Essen beziehungsweise Duisburg, so genau konnte ich das über die Ostertage nicht herausfinden.
Wie einst an der Hamburger Brandstwiete, schlägt das engagierte Herz für Aufklärung, Demokratie und westliche Werte heute bei den Staatsdienern im Essener Deutschlandhaus in der Lindenallee 10 oder in der Duisburg am Friedrich-Albert-Lange-Platz 7. Bedanken können die Bürger sich Montags und Donnerstags von 8.30 Uhr bis 12:30 Uhr. Gehen Sie mal mit einem selbstgebackenen Kuchen vorbei, rufen aber vorher an welcher Sachbearbeiter zuständig ist.
Aber worum geht es überhaupt? Ich rekapituliere: Am Vergangenen Mittwoch berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) und in der Folge auch Achgut.com darüber, dass zum Osterwochenende in der Marxloher Massjid Ar-Rahman-Moschee radikale Prediger, die auch mit den Paris-Anschlägen in Verbindung gebracht werden, im Rahmen eines mehrtägigen Seminars auftreten sollten.
Darunter unter anderen Tarik Chadlioui, der seine segensreichen Botschaften unter dem Pseudonym „Tarik Ibn Ali“ verbreitet. Der Mann ist wegen des Verdachts der Unterstützung terroristischer Vereinigungen schengenweit zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben. Der Duisburger Polizei waren wie oft in solchen Fällen die Hände gebunden, sie wusste zwar von dem Treffen, da aber keiner der Teilnehmer gesucht werde und die private Versammlung in den Räumen von Massjid Ar-Rahman stattfände, werde die Polizei keine weiteren Maßnahmen treffen. Auch seien keine Gegendemonstrationen angemeldet worden.
Aufgrund der Ereignisse in Brüssel und dank der aufmerksamen Lokalredaktion der WAZ wurde die Sache aber bundesweit ruchbar. Den Kollegen von der WAZ sollte man ebenfalls mal einen Kuchen oder - es handelt sich um Journalisten - eine Kiste Bier vorbei bringen. Nachdem der Vorgang nun Wellen schlug, lud die marokkanische Moschee-Gemeinde den Prediger aus Antwerpen am Donnerstagmorgen wieder aus.
"Wir haben ihm ein lebenslanges Hausverbot in unserer Moschee erteilt", erklärte ein Herr aus dem Vorstand der Gemeinde und fügte hinzu: "Wir wussten nicht, dass der Mann ein Hassprediger ist. Sonst hätten wir ihn niemals eingeladen." Das ist insofern erstaunlich, als Tarik Ibn Ali schon 2013 in Essen zu Gast war und sein Gedankengut in einem Vortrag darlegte.
Aber da hatte natürlich keiner zugehört. Und falls doch einer zugehört hat, wie sollte er denn merken, dass der Mann ein Hassprediger ist? War doch alles ganz normal, was der erzählte. Inzwischen muss den guten Leuten jemand erklärt haben, dass vielleicht doch nicht ganz normal ist, was der Gute so von sich gibt. Ach so! So was ist eine Hasspredigt? Echt krass!
Die Stadt Essen untersagte der Uthman-Gemeinde außerdem den Moscheebetrieb in ihrem Gebäude an der Bochumer Landstraße 122b. Die Moschee steht für religiöse und kulturelle Veranstaltungen nicht mehr zur Verfügung. "Das Haus hat keine Genehmigung als Versammlungsstätte und wird auch keine bekommen", hieß es auf Anfrage der WAZ aus der Essener Stadtspitze. Folglich dürfte eine Veranstaltung, wie sie Ostersonntag geplant war, dort schon aus baurechtlichen Gründen gar nicht stattfinden.
Das deutsche Baurecht erspart der Stadt somit eine langwierige Diskussion über versteckten Rassismus, religiöse Intoleranz und Islamophobie. Statt dessen geht es um Parkplätze, die Höhe der Treppengeländer und die Anzahl der Toiletten pro Geschossfläche – oder so ähnlich. Es ist den zuständigen Beamten hoch anzurechnen, dass sie die fehlende Genehmigung in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag gerade noch rechtzeitig entdeckten.
Ich könnte mir vorstellen, dass demnächst zusätzlich eine römische Scherbe in der Einfahrt gefunden wird, und das Landesamt für Denkmalschutz langjährige Ausgrabungen anordnet. Und wenn die abgeschlossen sind, wird vermutlich die Naturschutzbehörde einmal genauer hinschauen: Wurde im Dachgebälk nicht jüngst ein Juchtenkäfer entdeckt?