Vera Lengsfeld / 20.02.2018 / 17:32 / 5 / Seite ausdrucken

Ein kleines gallisches Dorf in einer scheintoten Partei

Karl Marx, dessen 200. Geburtstag wir in diesem Jahr auch noch hinter uns bringen müssen, hat im „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ geschrieben: 

„Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“.

Nun, wir haben jetzt das Phänomen des Doppelten Lottchens in der CDU, wobei hier der Farce die Herkulesaufgabe gestellt wird, für die Kanzlerin das „System Merkel“ zu retten. Der Lohn, der angeblich für die künftige Generalsekretärin ausgelobt wurde, soll die Kanzlerinnen-Nachfolge für AKK sein, wie sie von den Medien nun genannt wird, weil ihr Zungenbrecher-Name zu viele Fehlermöglichkeiten bietet. Marx hätte sich ausgeschüttet vor Lachen über so viel Naivität bei den Hofberichterstattern. Er hätte selbstverständlich erkannt, dass AKK, sollte es ihr wirklich gelingen, der Kanzlerin die volle nächste Amtszeit zu sichern, so lange auf den Thron warten kann, wie Prinz Charles, ehe sie eine Chance hat, Kanzlerin zu werden.

In ihren zahlreichen Interviews, die AKK stante pede gibt, macht sie völlig klar, dass sie das „Weiter so“ organisieren soll und will. Sammlungsbewegungen um eine Person, wie in manchen Nachbarländern, etwa Frankreich, soll es bei uns nicht geben. In Deutschland soll an dem überlebten System der Volksparteien festgehalten werden. Die haben sich als Umverteilungsmaschinen auch so gut bewährt, dass die Politiker vor Begeisterung ganz ihre eigentliche Aufgabe, die gesetzlichen Freiheitsrechte der Bürger zu sichern, vergessen haben. Leider sind die deutschen „Eliten“ dafür bekannt, dass sie weiter marschieren, bis… Hauptsache, Vorbild für die Welt sein.

Was Marx nicht vorausgesehen hat, ist, dass es noch eine Steigerung der Farce gibt, die Groteske. Das Stadium der Groteske hat die endlose Geschichte um die dritte GroKo längst erreicht. Das Wahlvolk will sie nicht mehr, aber das wird ignoriert. Angeblich soll die Hälfte der Deutschen immer noch Merkel als Kanzlerin wollen. Das kann aber nur daher rühren, dass Andrea Nahles eine Zumutung und keine Alternative ist.

Auf den Hund gekommen

In der SPD läuft der Mitgliederentscheid, zu dem, wie Bild dankenswerterweise aufgedeckt hat, sich auch Hunde und Katzen erfolgreich anmelden konnten. Da die SPD nicht nachprüfen will, wer bei ihr Mitglied wird, habe ich leider die Chance verpasst, durch eine Turbo-Mitgliedschaft meine Stimme gegen die GroKo einbringen zu können.

Das Verfassungsgericht hat ja eine Klage nicht zur Entscheidung angenommen, ob der Mitgliederentscheid einer Partei, über die Regierung des ganzen Volkes zu bestimmen, verfassungsgemäß sei, angesichts des im Grundgesetz festgeschriebenen freien Mandats der Abgeordneten. Sollte eine neue Verfassungsklage erwogen werden, wegen der bei der SPD mitstimmenden Hunde und Katzen, muss man befürchten, dass unsere Verfassungsrichter zu dem Schluss kommen, dass es dem Tierwohl diene, wenn unsere Vierbeiner die Pfote zur Regierungsbildung heben oder senken können.

Während es in der SPD heftig rumort und die Basis darauf besteht, dass sie in einer Volkspartei ein Mitspracherecht haben muss, ist es in der CDU beinahe still. Alle als Reformer und Hoffnungsträger gehandelten Jungpolitiker haben die Inthronisation von AKK begeistert begrüßt und werden auf dem kommenden Parteitag brav die Hand heben.

Aber es gibt noch ein kleines gallisches Dorf in der scheintoten Partei: Die Werteunion. Ganz gegen den Parteitrend starteten ein paar tausend Mitglieder eine Kampagne gegen die GroKo. Wie erfolgreich sie sein wird, steht dahin. Aber sie rettet die Ehre der Basis und gibt den Mitgliedern eine Stimme, die sich längst von ihren Parteifunktionären verraten und verkauft fühlen. Wem das einstige Erfolgsmodell CDU, die im vergangenen Jahrhundert der Bundesrepublik ihre besten Jahre beschert hat, noch am Herzen liegt, der sollte die Kampagne der Werteunion unterstützen.

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Leserpost

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Karla Kuhn / 20.02.2018

“Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“. Wunderbar. Nur leider Gottes haben wir beide an der Backe. Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine so blasse Frau wie Frau Karrenbauer (jedenfalls sehe ich sei so) eines Tages Kanzlerin werden kann. Ihr fehlt das Charisma, sie ist blaß und ihre Rede, die ich bisher gehört habe inhaltsleer, nein diese Frau hat- für mich- nichts zu bieten. Merkel hat es auch nicht aber eines kann man Merkel nicht absprechen, die Frau ist zäh, unglaublich und meine Meinung, sie sucht sich solche Leute aus, wo sie weiß, von ihnen hat sie weder Konkurrenz noch Widerspruch zu fürchten. Wahrscheinlich muß Leyen darum noch eine zweite Amtszeit die Bundewehr in die “Entkernung”?? führen ? Dann wird sie verbraucht sein und als Nachfolgerin indiskutabel. Und bei K. K. wird Merkel wissen, daß viele Menschen sie wahrscheinlich nicht wählen werden. Außerdem eine MP, die noch nicht lange im Amt ist und schon ihr Wort gebrochen hat, brauchen wir als Kanzlerin nicht. Ich möchte sowie so einen “richtigen Mann” an der Spitze, einen Macher, so wie Helmuth Schmidt. Vielleicht gibt es noch so einen ? Bitte melden !!

beat schaller / 20.02.2018

Danke Frau Lengsfeld, Die beiden “wichtigsten ”  Damen mit den Schwarz /Weiss karierten Flaggen , welche sie so voller “altersentsprechender” Begeisterung schwingen, sind sich nicht wirklich einig was diese bedeuten. Offenbar denken sie nach dieser gewaltigen Verjüngungskur an einen neuen Start! Merkel ist aber so blind, dass sie nicht merkt, dass die Fahne für das Rennende steht! Ja, solche Missverständnisse gäbe es weniger, wenn sie eine “Deutschlandflagge” genommen hätte. Ein ganz tolles und überzeugendes Schauspiel. b.schaller

Werner Arning / 20.02.2018

Da bleibt nur, der Werteunion Erfolg zu wünschen, auf das es ihnen gelingen möge, konservative Werte vor dem alles auffressenden Zeitgeist zu schützen. Ein Zeitgeist, welchem nicht nur die CDU, sondern auch die Kirchen huldigen. Es gibt Werte, die sich zu bewahren, lohnen. Und diese Werte stehen weit über allen taktischen Erwägungen. Dass Menschen wie Merkel oder ihre Vasallen davon wenig halten, heißt nicht, dass Anderen sehr wohl bewusst ist, was auf dem Spiel steht.

Sophia Kopp / 20.02.2018

Frau Lengsfeld spricht mir aus tiefster Seele und das nun fast jeden Tag. Ich kann es nur selbst nicht so gut ausdrücken. DANKE!

Gabriele Kremmel / 20.02.2018

Hat nicht die Werteunion, resp. haben die Konservativen nicht eben ganz offiziell das Prädikat “nicht systemrelevant für die CDU” erhalten, sprich, nicht zum Markenkern gehörend? In einem Brief bestreiten sie das, sichern aber gleichzeitig ihre Unterstützung für Laschet zu, das Vertrauen des Volkes zurück zu gewinnen. Ich schrieb schon an anderer Stelle: diese Aussage ist nichts weniger als die Aufforderung an die Konservativen, entweder den Mund zu halten oder die Partei zu wechseln. Ich wüsste, was ich täte, aber man wird sie schon wieder einwickeln und mit irgendeiner Hinhaltetaktik ruhig stellen, da bin ich mir sicher.

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