Ich habe in meinem Supermarkt einen herrlichen Anglizismus entdeckt. Auf einer großen Werbetafel, die Lehrlinge anlocken soll, stand: „Zukunftssichere Ausbildungsangebote for you!“ Ich finde, dieser Satz ist ein Kleinod der deutsch-englischen Sprachvermählung. Natürlich hätte man auch das ganze zukunftssichere Ausbildungsangebot auf englisch formulieren können. Das wäre noch eine Spur cooler. Aber auch schwieriger. Was heißt „zukunftssicheres Ausbildungsangebot“ auf englisch? Und wenn man das herausgefunden hat: Welcher anzulockende Lehrling würde es verstehen? „For you“ versteht jeder. Kommt in jedem zweiten Hiphop vor. For you. Das rapt sich wie Sahne. Und es hat einen großen grammatikalischen Vorteil. Man muss sich nicht entscheiden, ob es „für dich“, „für Sie“ oder „für dir“ heißt. For you ist alles. Englisch eben. Easy.
Nein, ich bin kein Sprachpurist. Englisch kann als Deutsch-Ersatz lächerlich sein, aber es bereichert auch unsere Sprache. Ich finde zum Beispiel das Wort „Handy“ genial. Um Klassen besser als das „Cell Phone“ der Amerikaner und das „Mobile“ der Briten. Wenn das kein absoluter Höhepunkt der Kunst des Anglizismierens ist: ein englisches Wort, das weder Engländer noch Amerikaner kennen. Da kommt nicht mal „Old Shatterhand“ mit, den in Amerika ja auch kein Schwein kennt.
Aber wer weiß, wie lange wir das Englische noch als Steinbruch haben. Nichts hält ewig. Es ist noch gar nicht so lange her, da war das Französische das, was heute das Englische ist. Der alte Fritz war stolz darauf, nie ein Buch auf deutsch gelesen zu haben. Der feine Mensch, zumal bei Hofe, sprach französisch und nicht diese deutsche Bauernsprache. Englisch? Nicht mal die englischen König sprachen richtig englisch. Und wo ist das edle, ganz Europa dominierende Französisch abgeblieben? Drittsprache, mehr nicht. Kein Werber käme auf die Idee, Lehrlinge mit dem Spruch anzulocken: „Zukunftssichere Ausbildungsangebote pour toi.“ Oder müsste es „pour vous“ heißen? Egal, die Sache ist gegessen.
Kann Denglisch Opfer des Brexit werden?
Kann das Englische eines Tages genauso aus der Mode kommen? Kann es zum Beispiel ein Opfer des Brexit werden? Nach dem Motto: Keine Anglizismen mehr als Rache für die abtrünnigen Briten? Eher nicht. Dazu ist das englische Englisch inzwischen viel zu unwichtig. Das Schwergewicht der Englisch-Sprecher sind die Amerikaner. Man müsste sowieso eigentlich von Amerikanismen sprechen. Und genau genommen sind auch nicht die Amerikaner die zahlreichsten Englisch-Sprecher sondern die Inder. Gegen das massenhafte Englisch dieses Milliardenvolks hat keiner eine Chance. Die Engländer kommen mit ihrem Englisch allenfalls an dritter Stelle. Mit anderen Worten: Sie sprechen ein Minderheiten-Englisch.
Wahrscheinlich dürfte sogar die Sprache all der Europäer, die sich gegenseitig mit „bad english“ verständigen, quantitativ, wenn auch nicht qualitativ noch vor dem Idiom der Briten rangieren. Nur die nicht so zahlreichen Australier, Neuseeländer und Südafrikaner hinken mit ihren Englisch-Varianten hinter dem quantitativ abgesackten Original von der Insel her. Kurz und gut: Der Brexit wird auf unsere Neigung zu Anglizismen beziehungsweise Amerikanismen wegen Irrelevanz keinen Einfluss haben. Gefahr für den Anglizismus droht von ganz anderer Seite. Ich sage nur China, China, China. Den Chinesen gehört die Zukunft, politisch, wirtschaftlich und logischerweise auch sprachlich.
Es wird vielleicht nicht mehr lange dauern, bis die ersten Supermärkte „zukunftssichere Ausbildungsangebote ni hao“ anbieten werden. Bis ihnen der eine oder andere findige und zukunftsorientierte Lehrling grinsend klar macht, dass „Ni Hao“ nicht „for you“ heißt sondern „Guten Tag“.