Henryk M. Broder / 24.09.2016 / 10:39 / Foto: Winfried Bruenken / 7 / Seite ausdrucken

Ein absolut sicheres Gefühl

Heute möchte ich meinen Kolumnenplatz räumen und dass Wort der Kanzlerin überlassen, die nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, bei der die CDU mit 17,6 Prozent das schlechte Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren hat, vor die Presse trat und eine Erklärung zur Lage ihrer Partei und der Nation abgab. Sie sagte u.a.:

„Der Satz Wir schaffen das! ist Teil meiner politischen Arbeit, er ist Ausdruck von Haltung und Ziel. Manch einer, und das zählt besonders, fühlt sich zudem von diesem Satz provoziert, und so war der kurze Satz natürlich nie gemeint. Ich habe ihn anspornend, dezidiert, anerkennend gemeint. Eine Ursache für das schlechte Abschneiden auch der CDU ist, dass manch einem Richtung, Ziel und Grundüberzeugung unserer Flüchtlingspolitik nicht ausreichend erklärt worden sind, so möchte ich mich gerne darum bemühen. Ich weiß auch, dass wir gemeinsam viel zu schultern haben, dass sich das aber in den übertrieben oft wiederholten drei Worten nicht sofort abbildet. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit um viele, viele Jahre zurückspulen, um mich mit der ganzen Bundesregierung und allen Verantwortungsträgern besser vorbereiten zu können auf diese Situation, die uns dann im Spätsommer (2015) eher unvorbereitet traf.

Wenn die 82 Prozent (die Merkels Politik für falsch halten, Anmerkung des Autors) mir aber eigentlich sagen wollen, es soll sich die Situation nicht wiederholen, wie wir sie im vergangenen Jahr infolge einer humanitären Notlage hatten, mit einem in Teilen zuerst unkontrollierten und unregistrierten Zuzug, dann kämpfe ich genau dafür, dass sich das nicht wiederholt. Wir arbeiten mit voller Kraft darauf hin, dass sich so etwas nicht wiederholt, niemand will das und auch ich will nicht, dass sich das so wiederholt, weil wir aus der Geschichte gelernt haben. Ich habe das absolut sichere Gefühl, dass wir aus dieser zugegeben komplizierten Phase besser herauskommen werden, als wir in diese Phase hineingegangen sind.“

So hört es sich also an, wenn die Kanzlerin „Selbstkritik“ übt. Die Politik war gut, man hätte sie nur besser erklären sollen. Sie arbeite daran, dass sich „so etwas“ nicht wiederholt. Nie wieder Verdun! Nie wieder Stalingrad! Nie wieder Spätsommer 2015! Und alles, was wir brauchen, ist eine Zeitmaschine.

Zuerst erschienen in der Züricher Weltwoche

Foto: Winfried Bruenken Amrum CC BY-SA 2.5 via Wikimedia

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Leserpost

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Johannes Bendikowski / 24.09.2016

Nicht so streng sein! “Deutschland wird sich verändern so wie wir uns verändern, wenn wir nicht aus Stein sind…” ;))

Birgitt Mangelsdorf / 24.09.2016

Ich bin es leid, dass Kritik an der Politik der Regierung als “nicht genug erklärt” dargestellt wird. Welche Arroganz! Und dazu die Lüge der BK, dass die “Flüchtlingskrise” nicht vorherzusehen war. Dazu die z.T. sinnfrei gestammelten Sätze, die A.M. hervorbringt, wenn sie nicht das Manuskript komplett abliest.

Dietrich Herrmann / 24.09.2016

“Wir schaffen das” war schon ein Gebetsmühlen-Larifari, aber jetzt folgt ja ständig “wir arbeiten daran”, was genauso sinnentleert ist und aber ebenfalls volksverdummend.

Bertram Scharpf / 24.09.2016

„... nicht ausreichend erklärt worden sind.“ Allein das Passiv spricht Bände.

Michaela Zimmer / 24.09.2016

Herr Broder, das wirkliche “Anhören” war noch bei Weitem schlimmer! Ich persönlich hege seit einiger Zeit den Verdacht, dass die Kanzlerin sich keiner erneuten Wahl stellen wird. Zunehmend angeödet vom teils unwilligem Volk, von den Querulanten in der EU, sucht sie einen repräsentativen Posten weit weg von diesem Klein- klein. Um sich diesen aber auch ganz sicher sein zu können, MUSS sie an ihrer Linie festhalten, darf keinerlei Schwäche zeigen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie in nicht allzu ferner Zukunft hinschmeißt und wie weiland unser letzter sächsischer König dem Volk zuruft: “Dann macht doch euern Dreck alleene!”

Wolfgang Richter / 24.09.2016

Also dürfen wir uns auf weitere politische Amokläufe freuen, die dann mit der Hoffnung serviert werden, daß “wir”, also das Volk, sie dank besserer Erklärung -vielleicht anstelle der Kanzlerin durch die Verbal-Akrobaten Kauder, Altmaier, Polenz oder einen zu diesem Zweck reaktivierten Spitzenmann Powallera- dann trotz unserer nachgewiesener maßen vorhandenen Bildungsferne verstehen und im Vertrauen auf die Weitsicht unserer Politgestalter auch akzeptieren. Das läßt hoffen. Jetzt wird doch noch alles gut, da bin ich ganz sicher, dank der Vertrauens bildenden Rede unserer Landesmutter und des fest an ihrer Seite stehenden, für Meinungskonstanz bekannten Herrn Vizekanzlers von den mindestens genauso verläßlichen Sozialdemokraten.

Stefan Eck / 24.09.2016

Wegen der angeblich unnötigen, irrationalen und gefühlten Terrorangst in Deutschland gebe ich folgenden Denkanstoß: Ist die Angst im Bürgerkrieg umzukommen, die alle wirklichen und angeblichen Syrer empfinden, nicht ebenso irrational? Welche Gefahr ist dort größer? An Hautkrebs aufgrund der Sonneneinstrahlung oder für Frauen aufgrund von Ehemann-Gewalt zu sterben oder im Bürgerkrieg erschossen zu werden?

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