Thilo Sarrazin / 22.05.2017 / 06:05 / Foto: Ecureuil / 27 / Seite ausdrucken

Düsseldorf schafft sich ab

An 30 bis 50 Tagen im Jahr bin ich in Deutschland zu Lesungen und Vorträgen unterwegs. Seit dem Erscheinen von Deutschland schafft sich ab im Jahr 2010 hat sich das so eingespielt. Meist lese ich aus meinem jeweils aktuellsten Buch, oder halte nach Absprache mit dem Veranstalter Vorträge zu ausgewählten Themen daraus. Immer wieder versuchte die linksautonome Szene, Veranstaltungen gewalttätig zu stören. Das geschah allerdings in den letzten Jahren seltener. Eine gewisse Ermüdung schien erkennbar.

Im Mai 2016 schmuggelte sich ein junger Linksautonomer namens Johannes Dörrenbacher mitsamt einer Torte zu einer Lesung von mir in der Meyerschen Verlagsbuchhandlung in Düsseldorf ein. Sein Tortenwurf misslang. Ein Polizeibeamter warf sich dazwischen und bekam den größten Teil der Torte ab. Nach einer kurzen Reinigung meiner Jacke im Waschraum der Toilette ging die Lesung weiter. Die Personalien des Tortenwerfers wurden festgestellt. Ich erstattete Strafanzeige.

Neun Monate später teilte mir Frau Staatsanwältin Wacker von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf mit, sie habe das Ermittlungsverfahren gegen den Tortenwerfer eingestellt, "weil die Erhebung der öffentlichen Klage nicht im öffentlichen Interesse liegt". Der Tortenwerfer sei nicht vorbestraft, und ich sei ja nicht verletzt worden. Ich schrieb an die Frau Staatsanwältin eine höfliche Mail und fragte "Hätten Sie genauso entschieden, wenn der Bundespräsident, die Bundeskanzlerin oder ein Religionsgelehrter Opfer des Tortenwerfers geworden wäre?" Eine Antwort erhielt ich nicht.

Hundert Polizisten bilden eine Gasse

Exakt ein Jahr nach dem Tortenwurf war ich wieder zu einer Lesung in Düsseldorf eingeladen, diesmal von der Weinbar Feinstil am Fürstenplatz. Als der Termin öffentlich bekannt wurde, meldeten sich die Linksautonomen erneut zu Wort. Sie beschmierten Tür und Schaufenster der Weinbar, und auf das Plakat, das meine Lesung ankündigte, klebten Sie ihr eigenes Plakat

"Thilo, wir backen scharf - Wir erwarten Dich, Deine antifaschistische Bäckerei Düsseldorf"

In der Nacht vor dem ersten meiner zwei Lesungstermine wurden die Scheiben der Weinbar durch Steinwürfe zertrümmert. Die Eigentümer empfingen mich mit ziemlich blassen Nasenspitzen. Sie taten mir leid, und ich belobigte sie zu ihrem Mut. Die beiden Veranstaltungen fanden hinter einem Verhau aus Spanplatten statt. Draußen johlten etwa 100 Linksautonome, sie brüllten "Rassist" und zeigten mir bei der Ankunft den Finger.

Eine Hundertschaft von Polizisten hatte aus 10 Mannschaftswagen eine Gasse gebildet, die den Zugang zum Veranstaltungsort ermöglichte. Wie in solchen Fällen üblich, fuhr ich in einem Wagen der Polizei. Diesmal war es ein schwarzer BMW-Siebener. Die "Rheinische Post" berichtete über den Protest gegen die Lesung des "umstrittenen Autors", nicht aber über deren Inhalt. Eine besondere Nachricht war es ihr wert, dass ich in einer schwarzen Limousine vorgefahren wurde. Das sollte wohl zeigen, wie reich man als Autor skandalöser Bücher werden kann. Die Neugier ging aber nicht so weit, dass einer ihrer Redakteure an einem der Abende zugehört hätte.

Auf einen Tee mit der "Rheinischen Post"

Immerhin unternahm eine Redakteurin der "Rheinischen Post" am Morgen nach der ersten Lesung mit mir einen Spaziergang durch Düsseldorf und führte mich in das maghrebinische Viertel Oberbilk, wo wir in einem Straßencafé einen Tee tranken. Auf dem Spaziergang unterhielten wir uns. Ich versuchte, ihre freundlichen Fragen zu Einwanderung, Bildungsleistung, Kriminalität und Herkunftskultur zu beantworten.

Meine Fakten und Argumente standen offenbar quer zum Weltbild ihrer Zeitung. Sie stellte mir die üblichen Fallen, und ich versuchte, sie zu vermeiden. Eine erboste Anwohnerin brachte die Sache schließlich auf den Punkt. Sie sprach mir das Recht ab, mich in "ihrem" Viertel aufzuhalten, und bekannte, keines meine Bücher gelesen zu haben. Über Inhalte wollte sie nicht reden. Ich erinnerte mich an einen Gang, den ich vor sechs Jahren mit der Journalistin Güner Balci durch Kreuzberg unternommen hatte. Dort waren wir schließlich mitsamt Fernsehteam vor einer aufgehetzten Meute geflohen.

Seitdem meide ich auf Rat der Polizei den unbegleiteten Gang durch bestimmte Viertel. Außer der empörten Bürgerin, die mir das Aufenthaltsrecht absprechen wollte, sah ich in meiner kurzen Zeit in Oberbilk kaum eine Frau ohne Kopftuch. Viele von ihnen waren schwanger. Eine demografische Lücke ist in Oberbilk offenbar nicht zu befürchten. Linksautonome bekommen bekanntlich nur wenige Kinder. Das scheinen sie an ihre muslimischen Schutzbefohlenen delegiert zu haben.

So kann Arbeitsteilung auch funktionieren. Aber soll die Kombination von beidem wirklich Deutschlands Zukunft sein?

Foto: Ecureuil CC BY 3.0 via Wikimedia

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Klaus Fellechner / 22.05.2017

Deutschland schafft sich ab? Ja,es ist so,wer das heute noch bestreitet lebt in einer Phantasiewelt. Die Frage die ich mir stelle, warum ist das so? Wer hat ein Interesse an der Destabilisierung Deutschlands? Sind unsere Politiker auf dem linken Auge blind?Hat Frau Merkel eine einst christliche,bürgerliche Partei so verändert,dass diese Partei heute fast sozialdemokratisch agiert,ohne das es einen merklichen Widerstand gibt.Oder und das wäre wirklich gefährlich,ist das Bürgertum von einer Dekatenz ergriffen und sehnt sich den Untergang des “christlichen Abendlandes” herbei?

Winfried Sautter / 22.05.2017

Für die Gewaltexzesse linker Gegendemonstranten, Antifa und sonstig verwandter Krawalltruppen werden in der öffentlichen Meinung die “Rechten” verantwortlich gemacht - sie geben ja schließlich den Anlaß zur Störung der öffentlichen Ordnung. Die Strasse regiert.

P. Groepper / 22.05.2017

Thilo Sarrazins An- und Einsichten habe ich bereits vor den ersten Veröffentlichungen zustimmen können, denn schon in den späten Sechzigern gab es zunehmend erkennbare Ansätze zu einer möglichen (Fehl-)Entwicklung, die dann tatsächlich auch langsam aber stetig deutlicher wahrzunehmen war. Vermutlich hat auch T. Sarrazin damals ähnliches wahrgenommen, aber für ein Buch “Deutschland schafft sich ab” war es damals noch zu früh. Als das Buch dann herauskam, konnte ich dem Inhalt voll und ganz zustimmen. (Einige wenige vom Lektorat übersehene Ungeschicklichkeiten wurden natürlich von den Mainstream-Medien ganz besonders gross ausgeschlachtet). Die weitere Entwicklung im Land war dann bis heute so stürmisch, dass wohl noch nicht einmal T. Sarrazin in diesem Ausmaß damit hatte rechnen können. Wer diese Entwicklungen heute immer noch für eine normale Evolution des immer globaleren Zusammenlebens hält, der übersieht, dass die Geschwindigkeit bereits jetzt zwischen Evolution und Revolution liegt. Der soeben ablaufende Zeitraffer, angefeuert durch politische Entscheidungen, wird wichtige alte Strukturen des Zusammenlebens schneller zerstören und schneller neue schaffen, als es denen, die schon länger hier leben, lieb sein kann. Auch nicht den vielen “Guten”, die heute noch optimistisch schwärmen und hoffen.

Robert Orosz / 22.05.2017

Nach Westerwald, Nordhessen, Siegerland und Rhein-Sieg-Kreis bin ich seit 11 Jahren - beruflich und privat- im Düsseldorfer Raum angekommen. Ich fühle mich hier sehr wohl. Die Mentalität, die rheinische Frohnatur gepaart mit einer gewissen Leichtigkeit des Seins, macht sich in zahlreichen Begegnungen immer wieder wohltuend bemerkbar. Die Toleranz der Rheinländer ist sprichwörtlich: “Jede Jeck is anders” oder “levve und levve lasse”. Leider ist die jüngste Entwicklung so, daß offensichtlich die von Ihnen beschriebenen “linken Gewaltakte” gegen alles was nicht mindestens genauso links steht, zunehmende (auch institutionelle) Billigung bzw. Akzeptanz findet. Ich hoffe nicht, daß der linke Imperativ des agressiven Vorgehens gegen Andersdenkende noch weiter Schule macht bzw. “Vorbilder” liefert. Ich glaube (und hoffe) daher, daß sich die Leute hier im Rheinland dadurch nicht anstecken lassen.

Marc Jenal / 22.05.2017

Es wäre selbstbewusst, wenn Linksradikale und deren unterstützende bzw. sympathisierende Presse bzw. Politiker hin stehen und vor der Welt erklären könnten: “Ja die Informationen, die Sarrazin und andere aufgearbeitet haben, sind uns bekannt. Wir wollen trotzdem diese Form der Zuwanderung mit allen nachhaltigen, teils irreversiblen Auswirkungen/Nachteilen für die hier ansässigen Gesellschaft. Wir haben damit kein Problem”. Da diese Ideologen die Informationen, die aus offiziellen Statistiken stammen und seit Jahren auch in anderen Staaten unabhängig mit ähnlichen Resultaten erhoben werden, aber verleugnen wollen, muss man annehmen, diese Personen hätten ein extrem gestörtes Selbstbewusstsein oder eine gestörte Wahrnehmung der Realität. Dass sie ihre Sicht der Dinge sogar anderen mit Gewalt aufzwingen wollen, ist dann der Gipfel der Frechheit. Endgültig selbstironisch und komödiantisch wird es dann, wenn sie dabei noch “keine Macht den Faschisten” oder “Antifaschista” brüllen, während sie zur Gewalt gegen andere aufrufen bzw. diese selbst ausüben, um die eigene Meinung alternativlos durchzusetzen. Wenn aber Politik, Presse, Wähler, Polizei und Rechtsprechung solche Überzeugungstäter noch unterstützt oder sogar deren “alternativlose Meinungsvertretung” teilt, dann liegt in einer Gesellschaft einiges gewaltig im Argen und zwar mehr als “nur” die allenfalls unüberlegte Zuwanderung von Menschen mit über Generationen schlechter Integrationsprognose und nachhaltigen Auswirkungen auf Sozialausgaben/Sicherheit. Schade um die guten Voraussetzungen, die dieses Land hätte.

Lothar Thuro / 22.05.2017

Hut ab Herr Sarrazin!Ein einsamer Rufer in der Wüste.Wieso werden sie immer in die Ecke gestellt?Ihre Sprache beleidigt niemand.Ein Eckpfeiler der Wahrheit mit Mut.Alle Achtung.

Wolfgang Richter / 22.05.2017

Und zu den bereits bekannten, auf gesellschaftlichen Abstieg programierten Ursachen bestimmter Stadtviertel in deutschen Städten kommen die weiteren Unwägbarkeiten der anstehenden “Digitalisierung” des wirtschaftlichen Lebens mit Wegfall von vermutlich Millionen von Arbeitsplätzen in der nächsten Dekade. Man darf gespannt sein, wie viele der z. B. in Düsseldorf lebenden “Japaner” damit zurecht kommen werden und wie viele z. B. der Maghrebiner die sodann erforderlichen Anforderungen an Ausbildung und Job noch erfüllen werden. Ich stelle die Prognose, daß die Schere zwischen Erfolg und Erfolglosigkeit der verschiedenen Bevölkerungsgruppen weiter auseinander klaffen wird, zumal besagtes Thema des anstehenden Wandels in der Wirtschaft bei Politik und deren Bildungsreformern aktuell erkennbar keine rolle spielt.

Helmut Bühler / 22.05.2017

Es wird Zeit, dass wir uns auch mal robuster wehren. Und was die Kommunikation mit der Antifa angeht: Steine sind unpolitisch. Denen ist es egal, wer sie wirft.

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