Vera Lengsfeld / 13.01.2009 / 18:15 / 0 / Seite ausdrucken

Dreizehnter Januar 1989/2009

Nur zwei Tage nachdem in Ungarn unabhängige Parteien zugelassen werden, wird die Sozialdemokratische Partei Ungarns in Budapest wieder gegründet. Damit kehrten die Sozialdemokraten nach über vierzig Jahren in die Politik zurück. Eine Intervention der Sowjetunion wie im Jahre 1956 war nicht mehr zu befürchten. Bereits 1987 hatte Gorbatschow erklärt, sein Land werde sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten der anderen sozialistischen Staaten einmischen. Ungarische und tschechische Intellektuelle um Vaclav Havel und György Konrad hatten seit Jahren an der Entwicklung von zivilgesellschaftlichen Konzepten gearbeitet. Der Kernpunkt der Überlegungen war, wie man die Macht der Kommunistischen Partei durch ein Mehrparteienmodell begrenzen könnte. Gleichzeitig sollte mit einem Mehrparteiensystem die faktische Okkupation der Staatsmacht durch die Kommunisten beendet werden. In den Überlegungen, wie ein offener politischer Raum geschaffen werden könnte, waren die ostmitteleuropäischen Denker viel weiter fortgeschritten, als die Oppositionellen in der DDR, die wenig Gedanken darauf verschwendeten, was an die Stelle des Realsozialismus gesetzt werden könnte. Wenn es konzeptionelle Überlegungen gab, dann zielten sie eher auf eine Verbesserung des Realsozialismus, als auf seine Abschaffung. Politische Programme schienen erst in ferner Zukunft nötig zu werden. Man konzentrierte sich auf praktische Aktionen; die Entlarvung der Herrschaftssprache des SED-Regimes, die Einforderung von Rechtsstaatlichkeit und die Korrektur der offiziellen Geschichtsschreibung, vor allem die Aufdeckung der verschwiegenen Verbrechen des Kommunismus.
In der Folge sollten diese drei Kerngebiete oppositioneller Betätigung genügend Sprengkraft entfalten.

Die Spitzenmeldung des heutigen Tages ist das gestern im Kanzleramt ausgehandelte so genannte „Konjunkturpaket II“ der Bundesregierung. Mit jeder Menge neuer Schulden soll der Krise entgegengewirkt werden. Ein „Rettungsschirm“ für Unternehmen in Höhe von 100 Milliarden Euro soll „aufgespannt“ werden. Das Beste, was man von diesem Vorhaben sagen kann ist, dass sich die SPD erfolgreich gegen die die Teilverstaatlichungswünsche der CDU durchgesetzt hat. Um die Bürger zu beruhigen sind auch Steuererleichterungen und Senkung der gesetzlichen Krankenkassenbeiträge beschlossen worden, deren Volumen im Jahr für den Einzelnen je nach Einkommen zwischen 15 und 224 Euro beträgt. Verkaufen lässt sich das nur, weil die Wenigsten nachrechnen werden, was die Maßnahmen eigentlich bringen. Zur weiteren Beruhigung soll eine „Schuldenbremse“ im Grundgesetz beschlossen werden. Aber erst für die nächste Legislaturperiode, in der eine neue Regierung nicht an die Beschlüsse der jetzigen gebunden ist. Ob die Maßnahmen die erhoffte positive Wirkung auf das Wahlvolk haben werden, bleibt abzuwarten. Nach einer Umfrage der „Welt“ sind immerhin 76% der Bürger der Ansicht, dass auch in Zeiten der Krise auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt geachtet werden sollte. Das ist gegenüber den 24%, die Schuldenmachen befürworten, immerhin eine Zweidrittelmehrheit.

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