Thomas Rietzschel / 23.07.2016 / 13:31 / 10 / Seite ausdrucken

Drei Fragen zu München

Wenn ein 18-Jähriger, ausgestattet mit einem iranischen und einem deutschen Pass, innerhalb weniger Minuten neun Menschen erschießen und wenigstens 16 weitere teils schwer verletzten kann, wirft das vor allem drei Fragen auf.

  1. Über welche Waffe oder Waffen verfügte der Jugendliche? Allein mit einer Pistole hätte die Tat nur ein geübter Schütze ausführen können; und auch der hätte wenigstens einmal nachladen oder eine zweite, vielleicht sogar eine dritte Pistole bei sich haben müssen. Was kam also zum Einsatz?
  2. Wie ist der Täter an die Waffe gekommen? Schließlich ist der freie Handel mit Waffen in Deutschland verboten. Also: Woher und von wem bekam er die Tatwaffe samt Munition? Schließlich muss er angesichts der Zahl der Opfer einiges verschossen haben.
  3. Wie kam er an das Geld für den Erwerb von Waffen und Patronen? Alles in allem schätzungsweise ein wenigstens vierstelliger Betrag. Oder musste er gar nichts bezahlen, weil ihm die Ausstattung für ein bestimmten Zweck zur Verfügung gestellt wurde?

Dass die Polizei diese Fragen erst nach längeren Ermittlungen wird beantworten können, ist ihr nicht vorzuwerfen. Aber warum kommt in der Öffentlichkeit, insbesondere bei ARD und ZDF, niemand auf die Idee, solche Fragen nüchtern aufzuwerfen. In keiner Nachrichtensendung, in keinem Interview, nirgends wird ein Gedanke daran verschwendet. Dabei fehlt es den Kollegen gewiss nicht an der nötigen Sendezeit. Seit dem gestrigen Abend sind sie mit der Berichterstattung über den Münchner Anschlag nahezu nonstop auf dem Schirm.

Ständig gibt es irgendeine Live-Schalte zu den ausgeschwärmten Reportern. Einer nach dem anderen werden sie wieder und wieder gefragt, wie sie die Situation am Ort "erleben", was "die Menschen fühlen", wie es in der Stadt aussieht, was sie für "einen Eindruck" macht. Politiker bekunden ihr "Entsetzen" und ihre "Anteilnahme". Angela Merkel lässt den Hinterbliebenen der Opfer  sogar ihre "persönliche Anteilnahme" ausrichten. Kennt sie die Angesprochenen so persönlich, dass sie "persönlich" Anteil nehmen kann?

Das alles mag Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit und durchaus gut gemeint sein, sich dem aufrichtigen Bemühen verdanken, Trost zu spenden. Und dennoch hinterlässt es den Eindruck von Ausweichmanövern, weil nicht zugleich das Naheliegende erörtert wird. Vermeidet man Fragen, weil sich dabei womöglich herausstellen könnte, dass es sich um ein Attentat handelt, zu dessen organisatorischer Vorbereitung es mehr bedarf als der Wut eines Irrsinnigen, des spontan ausgemachten Einzeltäters?

Natürlich weiß zur Stunde noch niemand, wie und mit welcher Absicht der Mordanschlag vorbereitet, organisiert und ausgeführt wurde. Dass es ein terroristischer Akt mit islamischen Hintergrund gewesen sein könnte, ist aber nicht weniger unwahrscheinlich als die These von einem Amokläufer, der auf eigene Faust um sich schoss. Deshalb wäre es ein Gebot journalistischer Redlichkeit, endlich auch die Fragen nach der technischen Ausrüstung des Mörders ins Gespräch zu bringen, zu überlegen, wie und von wem er seine Waffen bezogen haben könnte. Ganz egal, was dabei heraus käme, es wäre erhellender als die aneinander gereihten Einschätzungen aller möglichen Experten zur geistigen Verfassung von Amokläufern.

Denn auch für die Medien gilt, wer sich dümmer stellt, als er es nach der Lage der Dinge sein kann, erregt den Verdacht der Manipulation. 

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Leserpost

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Gerhard Sponsel Lemvig / 24.07.2016

Das mit den Waffen hat sich in Zukunft ja erledigt. Der deutsche Innenminister will nun illegale Waffen verbieten. Bin gespannt wann der Vizekanzler, dem traue ich das zu, 7,5 Tonner in der BRD verbietet. Und auf TV2 konnte ich gerade hören das eine Frau Von der Leyen Feldjäger nach München schicken wollte.  Nur gut das viele Fahrer der Wehrmacht in Elternteilzeit waren.

Ute Berndt / 24.07.2016

Die drei Fragen die Sie stellen,  sind mit die Kernfragen, um die Tat, die Beweggründe dieses Menschen zu erhellen. Aber will man das? Die Berichterstattung um dass Attentat sowohl in München als auch in Würzburg aber auch in Nizza läuft nach dem gleichen Schema ab. Es wird zeitnah ein Konstrukt geformt, das durch bewusst eingeschlagene Irrwege immer weiter vom eigentlichen Problem, dem Islam, wegführen soll. In dieser Form der Rhetorik werden Kunststücke vollbracht, die einen doch wachen und kritischen Menschen den Atem verschlägt. ZB: zwar hatte sich die ISIS zum Anschlag in Nizza bekannt, aber man müsse dies erst noch nach dem Wahrheitsgehalt überprüfen, um im gleichen Atemzug das Bekennerschreiben als ad absurdum zu führen. ÜBERPRÜFEN BRAUCHTE MAN ABER NICHT DIE AUSSAGE,  DASS DER TÄTER EIN EINZELTÄTER SEI. Diese Art der Information (Propaganda) hat Methode: Der Leser, der Zuhörer wird auf Themen eingestimmt, die er am Ende glauben wird, sich in in die Köpfe der Menschen manifestiert. Sogar markante Widersprüche in diesen einzelnen Fällen werden von den meisten Lesern und Zuhörern nicht mehr hinterfragt. Nein, sogar als Angriff werden dann kritische Bemerkungen Einzelner gedeutet und als Verschwörungstheoretiker oder Spinner Schlimmstenfall als Nazi abgestempelt. Mein Fazit: Warum lässt sich die Masse von Einzelnen so in die Irre führen? Ist nicht jeder aufrechte Mensch der Wahrheit verpflichtet?

Michael Geier / 24.07.2016

Vielen Dank. Und mich beschäftigen auch zwei Fragen. 1.  Warum liefern weder Medien noch Politik bisher Angaben zur Religionszugehörigkeit des Täters?? 2.  Warum werden die von CNN klar bezeugten Allah-hu-akbar Rufe des Täters bei uns systematisch unter den Teppich gekehrt??

Eduard Grabherr / 23.07.2016

Sehr geehrter Herr Rietzschel, Danke für diesen wichtigen Beitrag! Wieder einmal werden die einfachsten Fragen nicht oder zuletzt gestellt. Die meisten Journalisten haben sich abgewöhnt über den Tellerrand der psycho-sozialen Kondtionierung hinaus zu spekulieren.  Mein österreichischer Freund würde sagen, das ist typisch deutsch. Beste Grüße

Ralf Schmode / 23.07.2016

Hallo, Herr Rietzschel, auf Twitter kursierte gestern gegen 22 Uhr ein hochinteressantes Video, offenbar aufgenommen aus einer Wohnung mit einem Smartphone. Man sieht zwei Männer mit Langwaffen durch einen Straßenzug laufen, die sich mit einem (offenbar) Anwohner ein kurzes Wortgefecht liefern (Sinngemäß: “Was macht ihr denn da für einen Scheiß?”). Ob dieses Video authentisch ist, weiß ich nicht, es wirkt aber so. In diesem Fall wäre mindestens ein zweiter Täter im Spiel und beide hätten auch über Langwaffen (im Video sind eher Maschinenpistolen als Gewehre zu erahnen) verfügt. Ich glaube, man sagt uns nicht die volle und vielleicht nicht einmal die halbe Wahrheit über den “Amoklauf”.

Peter Helling / 23.07.2016

Als Münchener habe ich auch heute tagsüber relativ dieser Berichterstattung verfolgt und meine Frau ständig mit der Frage genervt “Woher hatte dieser 18jährige dies Waffe???” “Und warum stellt niemand diese Frage???” Mit anderen Worten: Sie haben recht.

Annette Laurenz / 23.07.2016

Ali David Sonboly benutzte ( laut Medienberichten ) eine Glock 17 /  Kaliber 9mm. Eine halbautomatische Dienstwaffe ( Sicherheitsdienste, SEK etc.). Im Internet kostet diese Waffe 679,00. Der original Erlaubnisschein muss vorlegt werden.

Thomas Dachsenberger / 23.07.2016

Das habe ich mich auch schon gefragt. Lt. Ausländischen Medien verwendete er eine Glock 17 aus Österreich. Kostet derzeit im Handel 698 €, auf dem Schwarzmarkt sicherlich erheblich mehr. Dort sind leichter Waffen aus Osteuropa zu bekommen. Magazinkapazität 17 Schuss. Einen Magazinwechsel musste er bestimmt durchführen. Aber dass geht sehr schnell. In der Regel kauft man ein Reservemagazin mit (im Fachhandel).

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