Thomas Rietzschel / 08.05.2016 / 15:00 / 2 / Seite ausdrucken

Doch, es gibt einfache Lösungen!

Die einfachste aller einfachen Lösungen ist die Behauptung, dass es „keine einfachen Lösungen gibt“. Wann immer die Politiker vor den Problemen, die sie lösen sollten, versagen, wird uns diese Notlüge unter die Nase gerieben. Steinmeier, Gabriel, Kauder, Merkel, Stegner, Maas, Schulz und Junker, Schäuble und Nahles, Alte und Junge, Rote, Schwarze und Grüne, Genossen, Bonzen und Funktionäre, alle verfallen sie auf die selbe Ausflucht, wenn sie nicht mehr Herr der Lage sind. Gleich, ob es um die Auslieferung Europas an Erdogan, den Atomausstieg, die arabische Invasion, die Islamisierung des Westens, um TTIP, die Euro-Krise oder die Innere Sicherheit geht, stets bekommen wir den einen Vers zu hören: „Es gibt keine einfache Lösung.“

Darüber, wie die andere, die komplizierte Lösung aussehen könnte, muss dann weiter kein Wort verloren werden. Darauf kommt es nicht an. Lieschen Müller und der kleine Mann auf der Straße verstünden das ohnehin nicht. Der Common sense, der gesunde Menschenverstand wäre allemal überfordert, wenn es um Probleme und Krisen geht, deren langfristige Bearbeitung den Unterhalt der politischen Klasse sichert, nirgends mehr als auf der europäischen Ebene. 

Der Weg ist das Ziel. Verhandlungen und Gipfel ohne Zahl müssen den politischen Betrieb auf Touren halten. Jedes Problem für sich bedarf einer Bearbeitung, die wieder neue Probleme nach sich zieht. Statt die Einführung von Grenzkontrollen zu veranlassen, die der arabisch-islamischen Invasion einen Riegel vorschieben würden, ohne deshalb die Reisefreiheit der Europäer einzuschränken, hat der Merkel-geführte Kontinent sich dem aufstrebenden Diktator Erdogan ausgeliefert. Statt in die  Sicherheitstechnologie bestehender Kernkraftwerke zu investieren, subventioniert die Bundesregierung, unterstützt von den Grünen, eine „Energiewende“, deren Folgen für die Umwelt ebenso unabsehbar  sind wie die Kosten, die der Aufbau ineffektiver Windparkanlagen langfristig verursachen wird.

Wer zu solchen und ähnlichen Kapricen (man denke nur an die staatliche Förderung der Elektroautos) nein sagt, sich gar erlaubt, politisch dagegen Front zu machen, handelt sich schnurstracks der Vorwurf ein, auf die „vermeintlich einfachen Lösungen“ zu setzen. Die Zweifler, heißt es, würden nur alles „populistisch“ ablehnen, ohne selbst Alternativen aufzuzeigen.

Dabei sollte doch für jeden halbwegs klar denkenden Menschen auf der Hand liegen, dass schon die Ablehnung einer verfehlten Politik an sich eine Alternative aufzeigt. Als die Alliierten gegen Hitler vorrückten, seine Armeen aus den besetzten Ländern vertrieben, die Häftlinge der Konzentrationslager befreiten und die Wehrmacht schließlich vernichtend schlugen, bestand die „Alternative“ in der Vernichtung der nationalsozialistischen Diktatur - nicht mehr und nicht weniger. Eine „einfache Lösung“, wenn man so will. 

Wer immer das Volk in der Geschichte vor diesen „einfachen Lösungen“ warnte, hatte Grund, die Alternative seiner Entmachtung zu fürchten. Den Monarchen ging es dabei vorzeiten nicht anders als dem Parteiadel unserer Tage. Auch dessen Existenz steht auf der Kippe, sobald die Bürger wieder Mut fassen, es doch einmal mit der „einfachen Lösung“ zu versuchen. Sie müssen dabei ja nicht zu gnadenlos vorgehen wie die Sansculloten ehedem. Über deren Methoden ist die Geschichte hinweggegangen, wenigstens in Europa. Hier würde es schon genügen, den dekadenten Hofstaat der repräsentativen Demokratie per Wahlentscheid vor die Tür zu setzen.

Auf der Agenda steht die direkte Demokratie, ein Staat der Bürger - einer, dessen Entscheidungen auch Lieschen Müller und der kleine Mann auf der Straße wieder mit gesunden Menschenverstand nachvollziehen können. Ist es doch auch den Amerikaner dazumal gelungen, im Vertrauen auf den Common sense eine Gesellschaft freier Bürger aufzubauen.

Den Deutschen haben sie das nach 1945 beizubringen versucht, mit einem Erfolg, der jeden Tag mehr schwindet. 

 

 

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Leserpost

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Jürgen Fleischer / 09.05.2016

Die einfache Lösung: Die Grenze Griechenland Türkei zuverlässig durch eine gemeinsame EU-Grenzsicherung zu organisieren wird nicht einmal gedacht. Jedenfalls lassen mich Bemerkungen von Merkel, dass die Grenzen Europas nicht zuverlässig geschützt werden können dies annehmen. Es ist kompletter Unsinn den Grenzschutz für die EU Erdogan zu übertragen. Da wurde im wahrsten Sinne des Wortes “der Bock zum Gärtner gemacht”. (Hoffentlich bekomme ich jetzt keine Klage an den Hals, weil ich Erdogan mit einem Bock in Zusammenhang gebracht habe.) Natürlich muss dann auch die gesamte Mittelmeergrenze zuverlässig geschützt werden. Es kann doch nicht sein, dass die Bundeswehr und andere “Hilfsorganisationen” zu Helfern der Schlepper werden. Herzlich, Paul

Thomas Hallmackenreuther / 08.05.2016

Dasselbe Phämonen lässt sich übrigens im Kreise sich selbst “Intellektuelle” oder “Gebildete” nennender Menschen beobachten, die bereitwillig den verquastesten Sätzen applaudieren, denselben Sachverhalt in einfachen Sätzen jedoch als “viel zu einfache Lösung” zurückweisen. Zwanzig Jahre Lehrerzimmer haben mich zu einer einfachen Erkenntnis geführt: Die Zustimmungsfähigkeit einer Aussage steigt in bestimmten, tonangebenden Kreisen umgekehrt proportional zu ihrer Verständlichkeit und Stichhaltigkeit.

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