Dieser Fight ist nicht nur ein Kampf

Von Klaus Leciejewski.

Warum "fight"? Wäre nicht "Kampf" genau dasselbe, aber für einen deutschen Text passender?

Die Einflüsse der amerikanischen Kultur in unserem Alltag rufen bei "fight" in uns eine weitaus drastischere Vorstellung hervor, als der deutsche Begriff. Was auf den nächsten Seiten zu erleben sein wird, ist kein einfacher Kampf, sondern ein kubanischer fight!

Zur nächstgelegenen größeren Ortschaft führt eine ordentliche Asphaltstraße, ordentlich heißt, dass in dieser Straße nur wenige Löcher auftreten, und diese zumeist auch nur am Rande und zudem, trotz der zahlreichen Kurven, rechtzeitig erkannt werden können. Fast paradiesische Straßenverhältnisse für eine Landstraße auf Kuba. Wir wären an dem kleinen Feldweg auf der linken Seite glatt vorbeifahren, wären an diesem Sonntagmorgen nicht auffällig viele Pferdefuhrwerke unterwegs, dicht mit jungen Männern besetzt, die allesamt auf jenen Feldweg zutrabten.

Zuerst fahren wir an abgeernteten Zuckerrohrfeldern vorbei. Erstmals kann ich ihre Dimensionen erkennen, denn mein Blick reicht bis zu den Palmas Reales, die weit hinten wie kleine Säulen den Horizont begrenzen. Danach säumt ein Feld mit dem reifen hohen Rohr den Weg, doch nach einigen hundert Metern tritt es zurück. Jetzt grenzen hohes Gras, Buschwerk sowie mittelgroße aber ausladende Flamboyants unseren Weg ab. Manchmal hängen in ihnen die dicken schwarzen Nester der großen Ameisen. Aus Adelfa-Büschen leuchten roten Blüten zu uns herüber. In der Ferne flimmern hoch über einer Weide die metallenen Flügel einer Wasserpumpe, fast könnte dies Texas sein.

Plötzlich muss ich das Auto bedachtsam abbremsen. Der Feldweg endet und eine flache Betonbrücke hebt sich zwei Meter aus der Landschaft heraus. Der Motor des kleinen Autos heult die geringe Steigung hinauf. Von oben bietet sich ein imposanter Ausblick:

Der falsche Kanal

Ein sicherlich 25 breiter Kanal windet sich 10 Meter tief durch die Landschaft. Er ist vollständig mit Büschen zugewachsen, obgleich in ihm doch eigentlich Wasser fließen sollte. Einst hatte ein amerikanisches Unternehmen einem der kubanischen Diktatoren eingeredet, nach dem Vorbild des Panamakanals quer durch die Insel den "Canal de Roque" zu bauen, um so den Schifffahrtsweg Um Kuba herum abzukürzen. Allerdings hatten sie nicht erklärt, welchen Schifffahrtsweg sie damit meinten, denn von den damals wichtigen Zuckerhäfen in Havanna und in Cardenas an der Westküste der Insel würde mit einem solchen Kanal der Weg zu den amerikanischen und europäischen Häfen überhaupt nicht abgekürzt werden, und von den wichtigsten östlichen Häfen in Matanzas, in Cienfuegos und in Santiago nur geringfügig. Aber das Unternehmen verdiente klotzig an der fixen Idee und wahrscheinlich vor allem an der Bestechlichkeit des Diktators. Vor der Fertigstellung des wahnwitzigen Kanals war der Diktator verjagt, das Unternehmen aus Kuba weg und die Insel hatte ein Kuriosum mehr. Leider jedoch bis heute nur ein heimliches. Als ich im Schritttempo über die Brücke zuckele, kommt mir die Idee, dass am Grund des Kanals ein ökologischer Lehrpfand angelegt werden könnte, an seiner breitesten Stelle vielleicht sogar ein Amphitheater, das wäre eine echte Touristenattraktion, und sollte sich bei einem Hurrikan der Kanal mit Regen füllen, wäre dies immer noch ökologisch korrekt. Sollte ich in Deutschland ökologisch gesinnte Unternehmer darauf aufmerksam machen?

Ich komme nicht dazu, meine Idee weiter anschwellen zu lassen, denn kurz nach der Brücke muss ich scharf links auf einen Waldpfad abbiegen. Genau ein Wagen hat auf ihm Platz, aber keine Sorge, an seinem Eingang organisiert ein Wächter per Handy mit seinem Kollegen am unsichtbaren Ende des Weges den Verkehr. Ich bin erstaunt, dass dieser Weg keine ausgewaschenen Fahrspuren aufweist. Später weiß ich, dass er zu einem privaten Unternehmer führt, dem die Anfahrt seiner Kunden nicht gleichgültig ist.

Willkommen am Kampfgelände

Vielleicht fünfhundert Meter weit wölben sich zu beiden Seiten die Blätter des Marabú-Baumes dicht und eng über den Weg. Wir fahren durch einen grünen Tunnel. Kaum ein Sonnenstrahl dringt bis auf den Waldboden. Nur die weißen Blüten der Kletterpflanzen blinken aus dem Grün, als wollten sie winzige Taschenlampen für uns sein. Der dunkelbraune Waldboden legt sich unter meine Reifen. Ich bin gezwungen, seinen Windungen zu folgen. Handtellergroße Schmetterlinge flattern vor der Frontscheibe des Autos. Aufgeschreckt fliegen zwei Vögel zu den Blättern hinauf. Eine kleine Ratte huscht über den Weg, oder war es nur eine Maus, oder ein anderes kleines Tier? Ab und an klatschen von beiden Seiten Zweige gegen das Auto. Der Wald saugt mich in sich auf. Er ist über mir, unter mir, neben mir, vor mir, hinter mir - und - wenn ich die Augenschließen würde, wäre er auch in mir. Ein wenig mulmig wird mir schon. Was kommt als nächstes? So könnte eine natürliche Gespensterbahn beginnen. Aber es ist nur die Wucht der unbekannten Natur, die mich beunruhigt.

Am Eingang zum Kampfgelände haben sich zwei kräftige Burschen postiert. Von jedem Besucher kassieren sie einen Euro. Dafür kleben sie diesem einen Papierschnipsel mit einer Nummer auf Bluse oder Jacke. Mit zwei Drähten aus Stacheldraht wird der Zugang zum Areal so weit abgesperrt, bis erneut die undurchdringliche die Wildnis beginnt. Der Platz ist von den Marabú-Bäumen, Buschwerk und Farnen gesäubert. Große Maraú-Bäume sind stehen gelassen worden, aber von ihren unteren Ästen befreit, so dass sich ihre Kronen mit den Blättern wie ein Dach über den gesamten Platz wölben. Von einem Hubschrauber aus wäre er nicht zu erkennen. Der Waldboden ist festgestampft, zwar kriechen auf ihm überall die Wurzeln des Marabú entlang, aber er ist sauber gehalten.

Ich komme mir wie auf einer heimlichen Whiskybrauerei in Kentucky vor, würde da nicht direkt an der Arena eine einsame Königspalme wachsen, noch nicht riesig hoch wie in der freien Natur, aber auch schon imposant.

In seiner Mitte ist mit weiterem Stacheldraht an Holzpflöcken eine Art Arena abgegrenzt, in dem sich in Kniehöhe ein grüner Plastikschutz entlang zieht. Innen ist sie dick mit Reisstroh ausgelegt. Hoch darüber sind Holzstangen angebracht, auf denen bei starker Sonne oder plötzlichem Regen große Plastikplanen gezogen werden können. An einer Stange hängt eine kleine alte Gasflasche, die als Gong dient. Außen sind rundherum zwei Reihen kurzer Holzbohlen in den Boden geschlagen, auf diesen wurden rohe Holzbretter genagelt, und fertig sind zwei Bankreihen. Die Kampfarena!

Erstkontakt mit dem Kampfhahn

An der linken Seite des Platzes ist aus einfachen Brettern ein offener Imbissstand gezimmert. Bier, Cola und ein Orangegetränk, alles in Dosen, aber in einer Truhe auf Eis, sowie die kubanischen runden weichen Brötchen belegt mit einer Mortadella, die jedoch nur auf Kuba als solche durchgeht. Ein alter Mann bietet aus einem mit Tüchern bedeckten Eimer kubanischen Pie an, der sogar wie ein richtiger Pie aussieht, tatsächlich noch warm und mit stark gesüßten Kokosraspeln gefüllt ist, durchaus essbar. Die Akkubatterie eines Fahrradtaxis speist laute mexikanische Musik.

Ständig treffen Züchter ein. Zumeist sind es Weiße, währenddessen die Wetter zur Hälfte Mulatten sind. Liebevoll halten sie ihre Hähne in den Händen. Ich werde mit einem von ihnen bekannt gemacht. Er freut sich über die unerwartete Aufmerksamkeit dieses exotischen Fremden. Stolz zeigt er seinen Hahn vor, der sogar in einem Stoffumhang eingepackt ist, nur Kopf und Schwanz schauen heraus. Der Züchter hält ihn mir hin, ich solle ihn doch auch mal in meine Hände nehmen. Zögerlich nehme ich den Hahn auf, zu zögerlich, er bewegt sich und fällt mir beinahe aus der Hand. Die Umstehenden feixen über den furchtsamen Neuling. Der Züchter nickt mir aufmerksam zu und reicht mir den Hahn ein zweites Mal. Seine Körperwärme geht auf meine Hände über, ich spüre sein Herz schlagen, sein kleiner Körper zittert in meinen Händen. Vorsichtig reiche ich ihn mit einem anerkennenden Gesichtsausdruck und aufmunternden Kopfnicken zurück.

Die meisten von ihnen züchten neben ihrer normalen Arbeit nur ein paar Hähne auf den Hinterhöfen ihrer Häuser. Es ist ihre Freizeitbeschäftigung und ihre Hoffnung, einmal einen großen Kampfhahn herauszubringen. Hier, in der Provinz, ist der Stolz wichtiger als das Geld. Hier gibt es nicht die großen Wetter, nur das Vergnügen am Sonntagnachmittag.

Zuerst binden sie ihre Hähne überall an Bäumen am Rande des Platzes an, und als keine Züchter mehr eintreffen, gehen sie mit ihrem Hahn nacheinander zum Wiegen. Dies ist eine Prozedur für sich. An einem einfachen Holzgestell ist eine vorsintflutliche Wage befestigt. Auf der einen Seite wird der Hahn in eine Stoffmanschette gelegt, auf der anderen liegen Gewichte in einer Schale. Der Chef der Kampfarena fügt kleine Gewichte in die Schale oder nimmt welche weg. Die Züchter stehen mit einem sehr ersthaften Gesichtsausdruck hinter der Wage, konzentriert verfolgen sie jede Bewegung, einige suchen sogar den Chef zu korrigieren, freundlich aber sehr bestimmend wiegt er noch einmal, stets bestätigt sich sein erstes Wiegen, aber er hat auch Verständnis für die Züchter, schließlich sind sie eng mit ihren Tieren verbunden und wollen nicht, dass diese gegen ein schwereres Tier verlieren. Auf einer Tafel werden mit weißer Kreide die Namen und das Gewicht der Tiere aufgeschrieben. Felo ist mit 3,15 Pfund der leichteste, Popolo mit 4,5 der schwerste.

Auch illegale Veranstaltungen haben ihre Ordnung

Der Organisator dieses "Stadions" wird von allen respektvoll der "Jefe" genannt. Er kennt jeden Züchter und auch fast alle Besucher. Von Dezember bis April veranstaltet er sonntags vom frühen Morgen bis zur Dämmerung hier Hahnenkämpfe. Unausweichlich lerne auch ihn kennen. Klein und von gedrungener Statur tritt er sachlich auf, und freut sich, in seiner Arena den ersten Deutschen zu begrüßen, sogar den ersten in seinem Leben. Ich berichte ihm von den besorgten Warnungen meiner kubanischen Verwandten über die Gefahr von Rangeleien und manchmal sogar von Messerstechereien zwischen den Wettern. Still lachend schüttelt er mit dem Kopf. Würde es hier gefährlich zugehen, kämen am folgenden Sonntag keine Besucher mehr. Er verdient sein Geld mit dieser "Veranstaltung", deshalb gibt es bei ihm zwar Aufregungen, auch Schreiereien und verbale Anfeindungen, die gehören schließlich zum Hahnenkampf dazu, aber niemals körperlich Auseinandersetzungen. Sachlich und bestimmend geht er mit jedermann um, und ein jeder hier respektiert ihn. Aber, so setze ich fort, wäre es nicht ein Leichtes für die Polizei, sein "Stadion" zu finden? Auch, das sei kein Problem meint er, die Polizei käme hier auch schon mal vorbei, aber nur, um mit zu wetten.

Die Besucher sind zumeist junge Burschen vom Land, wie ihre Arbeitshosen, einfache T-Shirts und vor allem ihre Gummistiefel verraten, aber diese dann in allen Farben, bis auf violett! Frauen sind die große Ausnahme, auch ältere Männer sind eher selten. Die meisten sind mit den Pferdefuhrwerken gekommen. Über ein Dutzend stehen vor dem Eingang auf dem Parkplatz, aber auch drei PKWs und sogar zwei blitzblanke japanische Motorräder. Für das Parken wird nochmals ein Euro fällig. Auch illegale Vergnügungsveranstaltungen haben ihre Ordnung!

Bevor der Hahnenkampf beginnt, geht ein kleiner schmächtiger Mann mit einer Keksdose um die Kampfbahn herum. In ihr befinden sich Lose für eine Schweinelotterie. Ein kleines Schwein ist als Gewinn an einem Baum angebunden. Vor Angst pisst es jede Minute in den Erdboden. Unentwegt geht der Mann geht von einer Besuchergruppe zur anderen und fordert laut zum Kauf der Lose auf. Dabei preist er die Vorteile des kleinen Schweines an, ein jeder Besucher kennt diese aus eigenem Erlebnis, aber da er das Schwein witzig anpreist, werden die Lose gekauft.

Klein Las Vegas in der Wildnis

An einem kleinen Würfeltisch vergnügen sich enggedrängt zahlreiche Besucher. Es ist wie überall in der Welt. Ein Mann am Stirnende hält ein Bündel Geldscheine in der Hand, zwei andere werfen eifrig die Würfel und sie gewinnen, das Bündel in der Hand des Mannes wird dünner, aber wenn weitere Besucher sich animiert fühlen, mit zu würfeln, wird das Bündel in seiner Hand wieder größer und seine zwei Kumpanen halten sich zurück, bis die anderen alles verloren haben und neue Naivlinge angezogen werden müssen. An einem anderen größeren Klapptisch wird eine Art Blackjack gespielt, Schreie der Begeisterung bei einem Gewinn sollen andere Besucher anziehen. An einem Dritten werden eifrig Dominosteine gemischt, das ist den Kubanern schon vertrauter, aber auch hier müssen Einsätze getätigt werden. Klein Las Vegas in der kubanischen Wildnis! 

Hinter dem Rund erblicke ich eine Sensation. An drei Plätzen ragen eng an eng Bambusstangen aus dem Waldboden heraus, jede Stange so dick wie ein männlicher Oberarm und sicherlich an die fünfzehn Meter hoch. Sogar bei leichtem Wind schlagen sie fürchterlich krachend aneinander. In dieser Gegend Kubas ist Bambus eher selten und dann noch dazu in dieser Wildnis, wo sonst nur der Marabú herrscht, oder vielleicht gerade hier, weil er nur geschützt von dem ihn umschließenden Marabú so hoch wachsen konnte?

Trotz des Geschreis der Hähne, des Dröhnens der Musik, des Lärms der Würfelspieler und des Klapperns der Dominosteine liegt eine eigenartige Stille über diesen Waldplatz. Es ist ein Ort für das Sonntagsvergnügen der einfachen Kubaner. Intellektuelle, Unternehmer oder gar Funktionäre des Regimes würden sich hier nicht blicken lassen. Das ist keine englische Pferderennbahn für jedermann, ob adlig oder gemein. Hier auf diesem Waldversteck ist der einfache Kubaner vom Land unter sich. Hier fühlt er sich wohl. Hier kann er so sein, wie er ist. Hier ist er Mensch. Hier findet er Ruhe. Ja, in all dem Lärmen, der Aufregung und der Anspannung kommt er zu sich selbst und füllt seine Seele. Es wird still in ihm. Ich spüre diese Stille in all den Menschen hier, und ich versuche auch in mir, diese Stille aufzunehmen.

Der Kampf beginnt bereits mit dem Anlegen der künstlichen Sporen. Das dauert, und dutzende Besucher versuchen, davon einen Blick zu erhaschen, um sich eine Meinung zu bilden, wer der künftige Sieger sein könnte! Zuerst öffnet der Züchter ein Kästchen, in dem sich künstliche Sporen befinden, geschnitzt aus dem harten Panzer der Carei-Schildkröte. Er überprüft, welche davon ihm heute geeignet erscheinen. Zwar sind sie alle gleich lang, unterscheiden sich jedoch ein wenig in ihrer Farbe, ihrer Biegung, im Umfang ihres Ansatzes und wahrscheinlich auch in ihrer Spitze. Zwei davon entnimmt er, und legt sie neben sich. Dann bringt ihm ein Freund, der ihm assistiert, seinen Hahn. Erst werden von den Sporen überstehende Knorpelwucherungen abgeschnitten, dann der verhärtete Teil des Sporen abgesägt, die Kanten befeilt, eine desinfizierende Lösung aufgeträufelt, um den Ansatz des Sporen herum wird ein schmales aber langes Klebeband gewunden, Harz wird erhitzt und auf den Sporenrest gegeben, der künstliche Sporn wird aufgesetzt, noch einmal Harz angedrückt, ein farbiger Zwirnsfaden wird sorgfältig herumgewickelt, noch einmal Wachs aufgegeben, die Festigkeit wird geprüft, kampfbereit!

Im Kampfrund befinden sich zwei Käfige, in die die Hähne hineinkommen, noch einige Momente für die Wetter zur Begutachtung, dabei läuft das Wettgeschäft schon an, der Schiedsrichter lässt sie heraus, kontrolliert ihre Sporen, setzt sie auf das Reisstroh, jetzt gilt es - oder die Grausamkeit nimmt ihren Lauf!?

Blutige Unterhaltung

Die Hähne finden sich sofort, einige Sekunden stehen sie sich gegenüber, die Augen funkeln, die Atemlöcher ziehen Aggression zum Gehirn hoch, die Schnäbel sind hochgereckt, die Federn der Halskrause spreizen sich, als wollten sie wie Pfeile auf den gegenüberstehenden Gegner abgeschossen werden, der Körper bläst sich auf, dann Springen, übereinander, möglichst jedoch aufeinander, Hacken, beide haben es in ihren Genen, wo es wehtut, ihm und dem Gegner, wieder Hochhüpfen, gegeneinander, aufeinander, die Beine mit den Sporen ausstrecken, herumwirbeln, immer hacken, was harmlos ist aber irritiert, die Sporen in das Fleisch treiben, erste Bluttropfen, nur die Kundigen wissen bei wem, die Besitzer feuern ihre Hähne an, im Rund wird nur noch gebrüllt, innen an der Plane laufen die Assistenten entlang, nehmen Wetten auf, schreien Zahlen aus, Jefe und Schiedsrichter hocken gelassen Innen am Rand, heute alles normal, keine Gründe einzugreifen, die ersten Federn fliegen, einer dreht sich zur Seite, aber nur um den Gegner zu irritieren, dann flattert er hoch, will auf den andern, der wehrt ab, beide drohen, hacken und versuchen mit ihren Sporen den anderen kampfunfähig zu machen, einer weicht zur Seite aus, will überleben, der andere verfolgt ihn, will töten, die Ehre des Züchters, er packt seinen furchtsamen Hahn und stellt ihn wieder gegenüber den kämpferischen Hahn auf, die Gene wirken erneut, hochspringen, mit den Sporen kratzen und stechen, Federn wirbeln, die beiden Tiere sind ineinander verkrallt, scheinbar nur noch ein Körper, die Schenkel des einen sind kräftiger, er kommt über den anderen, der legt sich hin, aber nein, nur für wenige Sekunden, die Gene!, er ist wieder auf, macht weiter, der andere hat sich geirrt, noch kein Sieg, weiterkämpfen!, ineinander verkeilen, pure Aggressivität, Tötungswillen, Überlebenswillen, Siegeswillen, weitere Blutspritzer, woher?, nur die Hähne wissen es, die Besitzer erkennen es erst Momente später - zu spät, einer legt sich, nein! er fällt um, nein!, er ist gefällt!

Ohne jegliche Zweifel ist dies eine martialische und blutige Unterhaltung. In mir steigt eine absurde Vorstellung auf. Die Züchter hegen und umsorgen ihre Tiere, ähnlich wie die alten Frauen in Deutschland ihre Katzen, sicherlich achten sie besser auf deren Fütterung und sie trainieren diese auch, aber Zuneigung zu ihren Hähnen ist ihnen überhaupt nicht abzusprechen. Was wäre, wenn in Deutschland die alten Damen ihre Katzen zu einem mörderischen Kampf aufeinander loslassen würden, beispielsweise innerhalb einer aufgebauten Rundung in einem Einkaufszentrum?

Ich weiß nicht, ob in der freien Natur die natürlichen Sporen den Hähnen tödliche Verletzungen verursachen können. Zumindest jedoch kann der schwächere Hahn weglaufen. Hier ist das Töten Teil des Kampfes, wenngleich nicht in jedem Kampf und von dem unterlegenen Züchter auch wohl kaum erwünscht, aber wie der Knockout beim Boxen, ist der Tod eines Hahnes für die Zuschauer das non plus ultra, die absolute Erfüllung ihrer Begeisterung.

Der Sieger thront auf dem Körper des anderen, aber er kräht seinen Sieg nicht heraus, auch seine Beine sind wacklig, wahrscheinlich wäre er froh, von seinem Züchter auf die Hand genommen zu werden. Der Schiedsrichter entscheidet. Der Kampf ist aus!

Jetzt erst kommen die beiden Züchter hinzu. Stolz hält der Sieger seinen Hahn hoch in die Runde. Die eine Hälfte jubelt und schreit, die andere wendet sich leise ab.

Bedrückt nimmt der Verlierer seinen Hahn vom Boden auf, streichelt ihn sanft über den Kopf, Blut rinnt durch seine Finger, es war sein bester Hahn.

Klaus D. Leciejewski hat an verschiedenen deutschen Hochschulen Wirtschaft gelehrt, ist Autor mehrerer Sachbücher und Publizist. Er ist mit einer Kubanerin verheiratet und lebt einen großen Teil des Jahres auf Kuba

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Leserpost

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Roland Pressler / 07.08.2017

Im Gegensatz zum verehrten Kommentator unter #1. kann ich nicht erkennen, daß sich der Kolumnist mit dem beschriebenen Freizeitverhalten des einfachen kubanischen Durchschnittsmenschen - abseits aller Politik - irgendwie ausdrücklich positiv gemein macht; ebenso wenig, wie er das zu Erzählende negativ konnotiert. Für mich ist das ein neutral gehaltener Erlebnisbericht eines Kenners der Alltagslebens im Castro-Reich. Selbst seine Schilderung über die Anerkennung des Hahnbesitzers bezüglich des Objekts (nämlich des Hahns) seines Geschäfts werte ich lediglich als Versuch, den Protagonisten seiner Schilderungen freundlich und kommunikativ gegenüberzutreten . Es geht hier um menschliches und nicht um gutmenschelndes Verhalten, sowohl darüber, was da berichtet, als auch, wie darüber berichtet wird. Das Leben ist kein Ponyhof! Und seitdem ich sukzessive dahin gedrängt wurde, die Systempresse weitgehend zu meiden (aus wohl sicher berechtigter Furcht, daß selbst in den unverdächtigsten Ecken der Versuch unternommen wird, mich zu indoktrinieren),  bin ich ganz froh darüber, so etwas hier bei Achgut zu lesen zu bekommen - ebenfalls abseits aller Politik. Schließlich will ich der Souverän darüber bleiben, zu welcher Meinung ich nach der Lektüre journalistischer Beiträge über selbige komme, und dabei ist es mir ganz Recht, daß ich dabei von Nudging weit und breit nichts bemerken kann. Das hat nichts damit zu tun, ob ich die Zustände, über die berichtet wird, nun goutiere oder nicht. Das verstehe ich unter Hanns Joachim Friedrichs’ überlieferten Worten vom Nicht-Gemeinmachen mit einer Sache, die erst vor Kurzem hier sehr kontrovers diskutiert wurden.

O. Bössmann / 06.08.2017

Ich will hier gerne solche Berichte lesen, ohne Gutmenschenfilter das wahre Leben in seiner Vielfalt nachvollziehen. Dazu gehört auch der Respekt vor Traditionen und das Interesse an anderen Völker. Dieses heliozentrische Weltbild der westlichen Welt mit seinen teils weltfremden “Werten” geht mir nur noch auf den Ticker. Unsere “Werte” sorgen gerade für einen ziemlichen raschen Abschied aus der Weltgeschichte.

Wilfried Cremer / 06.08.2017

Aber Herr Bauer, Kritik kann schon in einer bloßen Darstellung liegen. Dieselbe Tierquälerei geschieht vor unserer Haustür (Wallonie, Nordfrankreich etc), und keiner redet darüber.

Hubert Bauer / 06.08.2017

Dazu kann ich nur Eines sagen: So einen “Bericht” will ich hier nicht lesen. Ich lese diese Seite gerne und bin auch gern zahlender Pate. Aber für einen unkritischen bis positiven “Bericht” über primitive Tierquälerei möchte ich kein Geld zahlen

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