Ralf Schuler / 05.09.2016 / 08:50 / Foto: Thomas Edwards / 28 / Seite ausdrucken

Die Wähler sind hirnlose Dummköpfe, die nicht wissen, was sie tun

Immer wieder kommt in Kommentaren zur AfD die vorwurfsvolle Wendung vor: „Dabei gibt es dort kaum Ausländer...“ Zuletzt nach den Wahlen in Meck-Pomm, wo der Ausländeranteil bei unter 3% liegt.

Diese Argumentation ist in mehrfacher Hinsicht Unfug! Zum einen wollen die Urheber mit Sicherheit nicht vermitteln, dass Fremdenfeindlichkeit dort gerechtfertigt oder verständlich sei, wo es viele Ausländer gibt. Zum anderen muss man für die Teilnahme an politischen Debatten keine Zugangsberechtigung in Form persönlicher Betroffenheit erwerben. Man darf auch über das Für und Wider von Windkraft diskutieren, wenn man keinen Schlagschatten eines Windrades auf dem eigenen Haus hat.

Vor allem aber ist diese Argumentation der Versuch, die Wähler als hirnlose Dummköpfe darzustellen, die nicht verstehen, wofür sie stimmen. Das allerdings kann für keine Wählerklientel ganz ausgeschlossen werden und muss somit als Argument entfallen.

Vielleicht haben AfD-Wähler schlichtweg eine andere Vorstellung von der Gesellschaft, in der sie leben wollen, als die Kommentatoren. Das aber ist, solange es nicht in eine aggressiv-kämpferische Ablehnung des Grundgesetzes umschlägt, durchaus zulässig. Auch die Grünen und die Linken setzen sich für eine "andere Gesellschaft" ein.

Politik fußt im Wesentlichen auf zwei Säulen: Einer möglichst realistischen Einschätzung dessen, was ist, und einer jeweils individuellen Vorstellung darüber, was sein sollte. Über letzteres lässt sich  streiten. Im Falle der anhaltenden AfD-Erfolge liegt aber auch die Vermutung nahe, dass viele Menschen die reale Politik anders bewerten als die Akteure und Kommentatoren selbst. Nur eine Infragestellung der eigenen Wahrnehmung kommt bei beiden Gruppen in diesen Tagen offenbar nicht in Betracht. Hier sollten Wahlen in einer Demokratie auf die kognitiven Sprünge helfen.

Wer also damit argumentiert, AfD-Wähler, Pegidisten und Ablehner der bunten Gesellschaft müssten mehr Kontakt zu Fremden haben, um ihr Weltbild geradezurücken, verfolgt im Grunde nichts anderes als einen Umerziehungsansatz nach dem Motto: Was muss getan werden, damit die anderen meine Meinung übernehmen, denn nur die ist die richtige.

Das als Souverän an hohen demokratischen Feiertagen hoch gelobte Volk merkt die Herablassung und ist missgestimmt. Und in Zeiten wie diesen werden miese Stimmungen eben auch zu Stimmen.

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Leserpost

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Oliver Mössinger / 06.09.2016

Es gibt ja bei uns auch rel. wenig Tsunami’s… Und trotzdem die 180 Grad Kehrtwende in “Muttis” Energiepolitik nach Fukushima. Komisch, dass denselben, die ständig das “Es gibt ja nur…” Argument bemühen, das nicht damals schon eingefallen ist.

Günter Thomsen / 06.09.2016

@ T Schlosser u.a.  in diesem Sinne habe ich mir gestern und heute die Betroffenheitsrunden und die manchmal schon Hetzartikel (welche es nicht nach dem Hate Speech Index sind) reingezogen. Meine schlichtweg andere Vorstellung von der Gesellschaft ist, dass ich als Ur-Wessi eine funktionierende Gesellschaft WIEDER haben oder ERHALTEN möchte, mehr nicht!! und zudem nur so bunt, dass die gegenseitig Tollerranz nicht überbeansprucht wird. Ich liebe es zunehmend, die verstörten Reaktionen der v.a. Linken (was auch immer das letztlich ist) zu sehen, wenn deren Umerziehungsversuche um mindestens die Welt zu retten die Adressaten nicht erreichen oder diese es schlicht so nicht wollen.

Juan Fuego / 05.09.2016

@ Kreutzer Der Anteil muslimischer Schüler in Berliner Grundschulen liegt ein 25 Prozent.  In England undenkbar Wales ist der beliebteste Jungen MOHAMED oder eine Variante.

W.Distler / 05.09.2016

Zahlreiche Meldungen über Gewalttaten lassen vergessen, dass die Flüchtlingsflutung ist nicht nur ein Problem für die innere Sicherheit ist. Auch unsere Finanzen werden ordentlich strapaziert. Per Steuer und Sozialabgaben trifft das den MeckPommeraner genauso wie den Hamburger oder Bayern.

Dr. Waltraud Berle / 05.09.2016

Wunderbar! Es war ja auch schon die Rede von der therapeutischen Gesellschaft (die in der Konsequenz eine diktatorische ist), die vor allem poststalinistischen gesellschaftlichen Kräften wie SPD und ihrer Folge die Grünen vorschwebt. Da MUSS man die dummen Wähler erziehen zu ihrem eigenen Besten! Oder - auch eine interessante therapeutische Vorstellung - die FAZ schrieb heute von den angsterfüllten Wählern!! Die hatten allesamt eine schwere Kindheit,  vulgo einen Knall, weswegen sie in Frankreich, Holland, England und nun auch in Meck-Pomm/Deutschland arg diese Rechtspopulisten wählen! Aus schierer Angsterfülltheit, alles also pathologisch! Meine ganzen außerhalb Bayerns lebenden Bekannten sind demnach ebenfalls angsterfüllte Psychoten, die AFD wählen werden (erstaunlich, wie viele das sind!). Und wieso? Weil sie nicht CSU wählen dürfen… natürlich in Wirklichkeit alles Verrückte mit einem Angstproblem ...

Stefan Reinbott / 05.09.2016

Vor allem aber ist die vorwurfsvolle Wendung : „Dabei gibt es dort kaum Ausländer…“ eine unzulässige Attribuierung, die dann wie das leider immer häufiger der Fall ist in der Simplifizierung mündet, dass ein Ausländerfeind ist, wer AfD wählt. Im Grunde genommen ist diese Scheinargumentation in ihrem Kern wahrhaft populistisch, da geprägt von Anti-Intellektualismus und Berufung auf den “gesunden Menschenverstand”. Da aber - durch auswendig lernen -  bereits vergeben ist, was als populistisch zu gelten hat und was nicht, ist dies denjenigen, die so argumentieren nicht mehr zu erklären.

Jürgen Großheim / 05.09.2016

Über die direkte Demokratie, von Herrn Hans Meier Volksdemokratie genannt, kann man trefflich streiten. Für bestimmte Bereiche kann ich mir diese direkte Demokratie vorstellen. Das Beispiel der Volksabstimmung in GB über den Brexit macht deutlich, das die Konsequenzen dieser Bauchentscheidung der Masse der Entscheider nicht klar war. Selbst Mitglieder zB des Bundestages sind nicht in der Lage Konsequenzen ihrer Abstimmung zu überblicken. Sie verlassen sich auf die Fachleute in der Fraktion. Und selbst Abstimmungen in der Vergangenheit führen im Nachhinein zu der Erkenntnis seinerzeit ein falsches Votum abgegeben zu haben.

Wolfgang Richter / 05.09.2016

Neben der bekannten Phrase hat Frau Kanzlerin bisher nichts Erhellendes zum Thema und ihrem Gesinnungswechsel erklärt. Noch 2010 meinte sie öffentlich, daß die Integration gescheitert sei. Bis 2015 hat sich am Zustand der großen bunten Vielfalt -zumindest für mich- im Lande nichts zum Positiven verändert. Wenn die selbe Kanzlerin dann 2015 alle rechtlichen Vorschriften mit einem gesprochenen Satz aufhebt, dies ohne Legitimation durch einen Parlamentsbeschluß, die Grenzen zur unkontrollierten Masseneinreise öffnet, wird man ja wohl mal nach den Hintergründen und danach, wie das gesamtgesellschaftlich geregelt und gezahlt werden soll, fragen dürfen. Und wenn auch nach einem Jahr dazu außer Wiederholungen von Phrasen nach Art einer nicht zu stoppenden Sprechpuppe kommen, ist es nicht verwunderlich, wenn das Wahlvolk seine Schlüsse daraus zieht. Und dafür ist es nicht erforderlich, persönlichen Kontakt zu den uns Bereichernden zu haben oder im Schwimmbad angegrapscht worden zu sein. Ich persönlich wohne nicht im Nordosten der Republik, hatte im Laufe meines Lebens reichlich und überwiegend negative Kontakte zu Migranten, vor allem dem Beharren auf diversen archaischen, hier ausgelebten Kulturansichten, deren bereichernder Einfluß für die hier übliche Lebensweise und -einstellung nicht zu erschließen ist.  Die mir schon mal im Gespräch unterstellten Vorurteile sind das Ergebnis meiner persönlichen Lebenserfahrung.  Und dieses Ergebnis kann und wird auch eine wie immer geartete verordnete Umerziehung nicht ändern. Auch wenn ich nun “Pack” bin.

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