Walter Krämer / 17.02.2016 / 16:25 / 14 / Seite ausdrucken

Die Unstatistik des Monats: 337 Prozent zu warm!

Schneekanonen funktionieren nicht mehr. Sonnenbaden im T-Shirt im Wiener Burggarten – die Unstatistik des Monats Februar ist die Berichterstattung der Tageszeitung „Österreich“ und des Wetter-Portals „wetter.at“ vom 7. Februar über den „wärmsten Winter aller Zeiten“. Ein Klimaexperte erklärte, jedes Kind wisse, dass der Ausstoß von Treibhausgasen daran schuld sei. Und die Journalisten hatten eine innovative Idee, die Erwärmung zu messen. Nicht in Celsius, sondern in Prozent: Im Jänner 337 Prozent zu warm!

Wie fühlen sich 337 Prozent wärmer an? wetter.at berichtete, dass die übliche Durchschnittstemperatur in Wien im Jänner (deutsch: Januar) 0,8 Grad Celsius sei, während sie in diesem Jahr bei 3,5 Grad lag. Das ist ein Anstieg um 2,7 Grad. Aber auch um 337 Prozent – was dramatischer klingt. Dazu muss man nur 2,7 durch 0,8 teilen.

Beschreibt man Veränderungen (egal, ob Anstiege oder Abfälle) in relativen statt absoluten Zahlen, so kann man damit rechnen, dass mehr Menschen beeindruckt sind. Dies haben wir wiederholt im Rahmen der „Unstatistik des Monats“ veranschaulicht, zuletzt anlässlich der Wursthysterie („18% höheres Darmkrebsrisiko“). Aber ein relativer Anstieg ist immer relativ zum Ausgangspunkt. Wenn man in Wien nicht mit Celsius, sondern mit Fahrenheit rechnen würde, wären relative Angaben weniger beeindruckend: Der Anstieg entspräche dem von 33,4 auf 38,3 Grad Fahrenheit, also einem absoluten Unterschied von 4,9 Grad. Das ergibt aber nur noch 15 Prozent wärmer. In Vienna (Ohio, USA) – ja, diesen Ort gibt es – würde also der Trick mit den 337 Prozent nicht glücken…

Laut dem befragten Klimaexperten wird es in Zukunft mit Sicherheit noch viel wärmer werden. Also können wir im Januar nächsten Jahres vielleicht auf 500 Prozent mehr Wärme hoffen und das T-Shirt hundertprozentig durch Bikini und Badehose ersetzen.

Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer und RWI-Vizepräsident Thomas Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de.

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Thomas Tröndlin / 17.02.2016

Hallo Herr Krämer, Eigentlich werden in der Wissenschaft Temperaturen in Kelvin angegeben. Wir sprechen hier also von 273,95K resp. 275,85K und dann ist die relative Erhöhung 0,69 %. Also kaum vermittelbar, auf gar keinen Fall berichtenswert und schon gar nicht als Sensation darstellbar..

Bert Zimmermann / 17.02.2016

Leider sind alle die sich mit - Global Warming- beschäftigen physikalische Analphabeten. Mann muss mit Kelvin rechnen!  

Wolfgang Janßen / 17.02.2016

Vergessen wird dabei, dass Temperaturvergleiche prinzipiell nur in Kelvin möglich sind. 3,5 °C sind 276,65 K, 0,8 °C sind 273,95 K. Demzufolge war der Januar nur um 1% wärmer. Zum Vergleich: Wirkungsgrade von Wärmekraftmaschinen werden ebenfalls über die Kelvin-Skala berechnet. Es geht nicht anders.

Rudolf Moser / 17.02.2016

Da der Nullpunkt bei -273,15°C liegt ist die einzig mögliche Rechnung 276,66/273,95=1,0098 Also eine Erhöhong von ca. 1 Promille.

Rudi Frühwirth / 17.02.2016

Der einzig richtige Ausgangspunkt für Temperaturen ist 0 Grad Kelvin = -273.15 Grad Celsius. Umrechnung in die Kelvin-Skala ergibt eine Abweichung nach oben von sage und schreibe 0,99 Prozent. Aber versuchen Sie einmal, das einem Redakteur oder einer Redakteurin von “Österreich” zu erklären…

Hans-Ulrich Weidenbruch / 17.02.2016

Zum Glück ist die die Durchschnittstemperatur im Januar in Wien 0,8 Grad, und nicht 0 Grad. Denn dann wäre wohl ein schwarzes Loch entstanden.

Uwe Fink / 17.02.2016

Wissenschaftlich in Kelvin gerechnet, vom absoluten Nullpunkt an, sind es weniger als 1%. Alles ist relativ.

Bernd Neubig / 17.02.2016

Wie viele Prozent wären es erst gewesen, wenn der Bezugspunkt 0°C gewesen wäre…

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